Werbung

...
...

Thüringen

Fraktionen versuchen einen AfD-Landtagspräsidenten um jeden Preis zu verhindern – das könnte eine Verfassungskrise auslösen

Die Wahl des Landtagspräsidenten in Thüringen droht zur Zerreißprobe für die Brandmauer zu werden. Als stärkste Kraft hat die AfD das Recht, einen Kandidaten für dieses wichtige Amt vorzuschlagen. Lehnen die anderen Parteien diesen ab, könnte eine Verfassungskrise drohen.

Björn Höcke, Vorsitzender der AfD in Thüringen: Seiner Fraktion steht im neuen Landtag das Vorschlagsrecht für die Wahl des Landtagspräsidenten zu

Werbung

Die Landtagswahl in Thüringen hat die AfD zur stärksten Kraft im Erfurter Landtag gemacht. Mit knapp 33 Prozent der Stimmen und 32 Sitzen steht der Partei das Recht zu, den Landtagspräsidenten zu stellen. Dies stellt die Parteien jenseits der „Brandmauer“ vor ein Dilemma. Gleich zu Beginn der Legislaturperiode droht eine Verfassungskrise.

Laut der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags hat die stärkste Fraktion das Recht, einen Kandidaten für den Landtagspräsidenten vorzuschlagen – in diesem Fall die AfD. Sollte ihr Vorschlag abgelehnt werden, folgt eine zweite Abstimmung. Scheitert auch diese, ist das weitere Vorgehen unklar. Zwar hat sich der Ältestenrat darauf verständigt, dann auch anderen Fraktionen Vorschläge zu erlauben, doch bleibt unklar, ob diese Regelung rechtlich bindend ist.

Eine Schlüsselrolle in diesem Prozess übernimmt der Alterspräsident, der die erste Sitzung des neuen Landtags leitet. Der Alterspräsident des neuen Thüringer Landtags wird voraussichtlich ebenfalls von der AfD gestellt. Mit 73 Jahren ist Jürgen Treutler der älteste Abgeordnete im künftigen Landesparlament. Er gewann bei der Landtagswahl für die AfD in Sonneberg das Direktmandat. Treutler könnte eine entscheidende Rolle bei der Auslegung der Geschäftsordnung spielen und das Vorschlagsrecht weiterhin auf die AfD beschränken.

Die etablierten Parteien stünden dann vor der schwierigen Entscheidung: Akzeptieren sie einen AfD-Kandidaten oder riskieren sie eine mögliche Verfassungskrise? Die Hängepartei könnte schnell zu einem Rechtsstreit vor dem Verfassungsgericht führen. In jedem Fall ist der Landtag ohne Einbindung der AfD de facto handlungsunfähig. Wenn ein AfD-Präsident gewählt würde, wäre dieser aufgrund der Sperrminorität der AfD praktisch nicht mehr abzuwählen.

Mit 32 von 88 Sitzen im Landtag kann die AfD künftig wichtige Entscheidungen blockieren. Verfassungsänderungen, die Wahl von Verfassungsrichtern oder die Auflösung des Landtags – all dies erfordert eine Zweidrittelmehrheit, die ohne die AfD nicht zu erreichen ist. Selbst die Abwahl eines Landtagspräsidenten wäre ohne ihre Zustimmung nicht möglich. Der Landtagspräsident leitet nicht nur die Plenarsitzungen, sondern ist auch Leiter der Landtagsverwaltung.

Werbung