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„So Done“

FDP-Politiker gründen Abmahn-Firma, die mit KI gegen „Hass im Netz“ vorgehen will

Drei FDP-Politiker gehen gegen Hass im Netz vor - mit einer KI automatisieren sie den Abmahn-Prozess. JuLi-Chefin Brandmann hat das Unternehmen mitgegründet - sie sei inspiriert von einer umstrittenen US-Autorin, die wegen Angriffen auf Meinungsfreiheit einen Regierungsjob verlor.

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Ein Büro in Rheine, einer kleineren Stadt in Nordrhein-Westfalen – lichtdurchflutet, Parkettboden. Hier trifft ein Spiegel-Journalist drei junge Gründer, die, wie sie selbst sagen, eigentlich gar nicht gründen wollten. Aber der allgegenwärtige Hass im Netz habe sie dazu veranlasst. Nun sitzen sie in schicken Büroräumlichkeiten und betreiben das, was manche als mutig und wichtig, andere als „Abmahn-Verein“ bezeichnen: Die Firma „so done“, die sich geschäftsmäßig dem Kampf gegen „Hass im Netz“ widmet. Spiegel Online porträtiert die drei Gründer mit dem umstrittenen Geschäftsmodell.

Motivation für die Gründung einer Agentur gegen „Hass“ war eigene Betroffenheit: Brandmann, als JuLi-Chefin, steht in der Öffentlichkeit und damit auch in der Kritik. Diese wurde auch polemisch und arg beleidigend. „Das hat mich damals richtig verletzt“, erzählt Brandmann. „Aber ich wusste nicht, wie ich mich dagegen zur Wehr setzen kann.“

Nach weiteren Hassnachrichten tat die junge Politikerin sich mit Parteifreunden zusammen. „Warum wehrst du dich nicht dagegen?“, habe sie ein befreundeter Anwalt gefragt und juristische Unterstützung angeboten. Er freue sich, wenn er „Menschen, die so einen Dreck schreiben, zur Verantwortung ziehen“ könne. Weiter inspiriert wurde sie dann von einem Buch einer linken, amerikanischen Aktivistin. Dem Spiegel erklärt Brandmann, sie habe das Buch „How to be a woman online“ von der Autorin Nina Jankowicz gelesen und sich davon begeistern lassen. Jankowicz meint, dass Frauen, die sich öffentlich exponieren, im Netz systematisch Opfer von Hass werden würden.

Diese Inspiration ist insofern bemerkenswert, als Jankowicz in den USA für ihre Beteiligung an einem sogenannten „Desinformations-Rat“ stark in die Kritik geraten ist. Das Gremium, das von Jankowicz als „Executive Director“ geführt wurde, wurde nach massiver Kritik innerhalb weniger Wochen wieder aufgelöst. Unter anderem beteiligten sich die unabhängige Medienaufsicht FCC, beziehungsweise ihr Chef Brendan Carr, lautstark an dieser Kritik. Carr nannte das Gremium „orwellsch“, „unamerikanisch“ und verfassungswidrig. Kritiker über Parteigrenzen hinweg sahen eine Bedrohung für die in Amerika durch den ersten Verfassungszusatz geschützte Redefreiheit. Besonders pikant: Die ehemalige Chefin des Desinformations-Rates verbreitete selbst Desinformation, als sie den Skandal um den Laptop von Präsidenten-Sohn Hunter Biden als ebensolche Desinformation verleugnete – was eine Falschdarstellung war.

Mit Desinformation gegen Redefreiheit – eigentlich keine ehrenvolle Inspiration für jemanden, der sich selbst liberal nennt. Brandmann aber sah sich von der Autorin motiviert und begann mit ihren zwei Freunden direkt mit der Arbeit an „so done“ – so der Name des Unternehmens. „So done“ heißt auf Englisch etwa: Ich habe es so satt. Diese Firma durchforstet das Internet nach Hassbeiträgen, sobald sie von einem Mandanten dazu beauftragt wird, und verschickt bei aussichtsreichen Rechtsverstößen Abmahnungen.

„Gefüttert haben wir die KI mit 250.000 Tweets, die wir händisch durchgeschaut und auf ihren strafbaren Charakter geprüft haben“, erklären die Gründer. Herausgekommen sei „eine auf deutsches Strafrecht spezialisierte KI, die ständig weiterlernt“. Zudem automatisiert das Programm die Beweissicherung inklusive gerichtssicherer Screenshots. Perspektivisch soll dieser „KI-Schutzschirm“ (Spiegel) auch auf TikTok und Instagram sowie Facebook, YouTube und Telegram ausgeweitet werden. Zudem soll die Software auch antisemitische Äußerungsdelikte und Volksverhetzung erfassen.

Unabhängig vom oft widerlichen Inhalt von Hassbotschaften – mit einem KI-Tool gegen Redefreiheit im Netz vorzugehen, erscheint nicht sonderlich liberal. Zu den Abmahnungen heißt es auf der Website des Unternehmens: „Wenn Sie ein Aufforderungsschreiben von uns erhalten haben, dann haben wir Sie als Urheber einer strafrechtlich relevanten Äußerung identifiziert. In aller Regel haben wir bereits ein Strafverfahren eingeleitet und nehmen Sie jetzt zivilrechtlich in Anspruch“, heißt es auf der Website der für diese Abmahnungen verantwortlichen, dem Unternehmen anhängigen Kanzlei. Ein Strafantrag könne in Einzelfällen und nach der Erwirkung eines Durchsuchungsbeschlusses sogar zu einer Hausdurchsuchung oder Sicherstellung eines Laptops führen, freut sich Team-Anwalt Brockmann.

Man vertritt prominente, linke Journalisten und Aktivisten, aber auch Politiker wie Robert Habeck (Grüne) oder Julia Klöckner (CDU). Der Militär-Experte und Bundeswehr-Professor Carlo Masala war einer der ersten Kunden der Firma. Auch die Grünen-Influencerin Mareile Idhe, ein ehemaliges FDP-Mitglied, nimmt offenbar die Dienste von „so done“ in Anspruch.

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