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Er wehrt sich in Interview gegen Vorwürfe

Ehemaliger EU-Diplomat brachte Paragliden nach Gaza

Sven Kühn von Burgsdorff war jahrelang EU-Gesandter für die palästinensischen Gebiete und fiel dabei auch durch fehlende Distanz zu terrornahen Gruppen auf - und ausgerechnet er warb vor etwas mehr als einem Jahr für das Paragliden, das er in Gaza selbst vorgeführt hatte.

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„Sobald ihr ein freies Palästina habt, ein freies Gaza habt, könnt ihr genau das Gleiche machen!“, skandierte Sven Kühn von Burgsdorff, der von 2019 bis August dieses Jahres EU-Gesandter für die palästinensischen Gebiete war, im vergangenen Sommer – und das ausgerechnet nach einem Flug mit einem unmotorisiertem Paraglider über Gaza. Nun, nachdem, nur etwas mehr als ein Jahr später, bewaffnete Hamas-Terroristen ausgerechnet mit Paraglidern nach Israel geflogen sind und allein auf dem Supernova Musik-Festival hunderte Menschen ermordeten, weist Kühn von Burgsdorff jede Verantwortung von sich.

Der ehemalige EU-Diplomat behauptet in einem Interview mit der Berliner Zeitung, dass er mit diesem Satz nur die Forderung der EU nach einem freien Gaza in Kurzform wiedergegeben habe. Vorwürfe, er habe die Hamas animiert, mit Paraglidern nach Israel zu fliegen, weist er gegenüber der Berliner Zeitung als infam“ und vollkommen absurd“ zurück.

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Israel sei für Elend in Gaza verantwortlich

Als einen Grund des Massakers sieht Kühn von Burgsdorff die geteilte Struktur der Hamas. Es gäbe moderate und radikale islamistische Kräfte“, letztere seien momentan an der Macht. Deswegen repräsentiere die Hamas den Willen der Bevölkerung kaum mehr, meint der Diplomat. „Wenn jetzt Wahlen in Gaza wären, dann würde die Hamas vermutlich nicht gewinnen.“ Für Armut und Arbeitslosigkeit in Gaza sei dennoch „vor allem die israelische Blockade verantwortlich.“ Und auch die in der Westbank lebenden Palästinenser seien aufgrund der permanenten Ausweitung illegaler Siedlungen“ unzufrieden. Dort kämen regelmäßig „Palästinenser durch disproportionalen Gewalteinsatz der israelischen Sicherheitskräfte sowie Siedlergewalt ums Leben“, gibt der ehemalige Diplomat zu bedenken.

Vom Selbstverteidigungsrecht der Israelis will Kühn von Burgdorff offenbar nichts wissen – den Angriff der Hamas vom 7. Oktober erklärte er dann aber doch als „durch nichts zu rechtfertigen“. Der ehemalige EU-Diplomat gibt der Naivität Netanjahus Mitschuld, sie sei ein „historischen Fehler.“ Als die israelische Armee auf Raketenangriffe der Hamas im Mai 2021 mit heftigen Gegenschlägen geantwortet hatte, hielt man die Hamas für geschwächt und beachtete das Ziel der Terrororganisation, „Palästina“ mit Jerusalem als Hauptstadt über das ganze israelische Staatsgebiet auszuweiten, nicht mehr länger. „Netanjahu glaubt, dass, wenn man das Haupt der Hydra abschlägt, man damit die Ideologie von Gruppen wie der Hamas für immer eliminiert. Das halte ich für eine Illusion.“

Weil er eine noch rasantere Radikalisierung durch die Tode von Frauen und Kindern nach den aktuell stattfinden Militärschlägen Israels befürchtet, fordert der Diplomat ein Umdenken der westlichen Regierungen, „die in den letzten Jahrzehnten relativ bedingungslos hinter Israel standen.“ Dabei stimmte Deutschland gegen Friedensresolutionen in Nah-Ost, auch die EU fährt seit jeher einen propalästinensischen Kurs, hakt die Berliner Zeitung im Interview mit Kühn von Burgdorff nach. „Das mag sich für Sie so darstellen“, meint er daraufhin, aber Muslime und Palästinenser sähen weltweit einen mit zweierlei messenden Westen. Weil ermordete Israelis mehr beklagt werden als tote Palästinenser, müsse Europa sofort handeln, um „seine Glaubwürdigkeit in der muslimischen Welt und im globalen Süden“ nicht einzubüßen.

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Kühn von Burgdorff sicherte 2020 auch terrornahen NGOs finanzielle Hilfen der EU zu

Auch wenn Kühn von Burgsdorff sich in dem Interview mit der Berliner Zeitung öffentlichkeitswirksam vom Terror der Hamas distanzieren will, schien er in der Vergangenheit keine großen Berührungsängste zu terrornahen Gruppen zu haben. So sorgte der ehemalige EU-Diplomat laut der Jüdischen Rundschau im Frühjahr 2020 für einen Eklat, weil er in einem Brief an die Dachorganisation palästinensischer NGO 135 palästinensische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) weiter finanzielle Hilfen der EU zusicherte – auch wenn sie Kontakte zu Terrorgruppen pflegten und mit ihnen sympathisierten. Nach der Veröffentlichung des Schreibens wurde der damalige EU-Botschafter Emanuele Giaufret ins israelische Außenministerium einbestellt.

Doch das ist nicht der einzige Grund, dass Kühn von Burgsdorff in Israel nicht besonders beliebt ist. Der ehemalige Diplomat unterstützte unter anderem auch den Bau von Gebäuden im C-Gebiet. Dort errichtet die EU ohne Baugenehmigung Gebäude für Beduinen und „Palästinenser“. Laut der Jüdischen Rundschau erkennt Kühn von Burgsdorff die israelische Souveränität über das C-Gebiet, die im Friedensvertrag von Oslo vereinbart wurde, nicht an. Da „Palästinenser“ dort selten eine Baugenehmigung erhielten, hielt er es für gerechtfertigt, sich über internationales Recht hinwegzusetzen.

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