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Die Grünen können nicht mal Kinderpolitik – das zeigt der Absturz der Lisa Paus

Man kann nicht mehr zählen, wie oft Lisa Paus mit ihrer Kindergrundsicherung schon gescheitert ist. Inzwischen wird sie von der Presse langsam abgesägt. Sie ist schon die zweite gescheiterte grüne Familienministerin - dabei ist das doch der sicherste Job des Kabinetts. 

Lisa Paus lächelt nicht mehr auf den Titelblättern der Nation. Zeit, t-online, n-tv zeigen sie finster dreinblickend, mit dem Kopf auf die Hand gestützt, beim Spiegel hat sie depressiv ihren Kopf geneigt. Die Kindergrundsicherung gilt als das große Herzensthema der Familienministerin. Doch sie bekommt sie seit Monaten nicht durch den Bundestag. Man kann nur mutmaßen, was bei der Ampel hinter den Kulissen abgeht, doch ein Blick auf die Webseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) lässt den Schluss zu, dass das so nicht geplant war.

Denn will man sich über die offizielle Webseite der Behörde zur Kindergrundsicherung informieren, könnte man meinen, es gäbe sie schon. „Die neue Kindergrundsicherung – eine Leistung für alle Kinder“ steht da ganz oben, es wurde eine eigene Spalte für das Projekt eingerichtet. Eine FAQ gibt Antworten darauf, wie sich die Höhe des Betrages berechnet wird, oder auf die Frage: „Was verbessert sich durch die Kindergrundsicherung?“. Wörter wie „zukünftig“ sollen solche Annahmen zwar einfangen, andererseits ist die Kindergrundsicherung – geht es nach der Seite des BMFSFJ – schon fest für das Jahr 2025 eingeplant. 

Ist es arrogante Selbstüberschätzung, schlechte Kommunikation der Koalitionspartner oder ist da Verrat im Spiel? Man würde doch eigentlich denken, dass Linder und Scholz von Reformvorschlägen nicht erst erfahren, wenn es das gemeine Volk in der BILD liest. Dass da im Hinterzimmer in „House of Cards“-Manier eifrig verhandelt und gedealt wird, bevor ein Vorhaben auf der Webseite des Ministeriums und den Social-Media-Accounts der Ministerin das Licht der Welt erblickt.  

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„Die gute Nachricht ist: Ich stelle fest, wir sind auf dem richtigen Weg“, verkündete Paus noch im Mai letzten Jahres selbstzufrieden in die Kamera, nachdem sie sich mit einem Expertenrat zur Umsetzung der Kindergrundsicherung zusammengesetzt hatte. Bis zum Mai diesen Jahres ist es nicht mehr lange hin, doch gerade die Umsetzung der Kindergrundsicherung ist immer noch der Mittelpunkt der Debatte. Zum einen wird auf der ganz elementaren Ebene der Staatstheorie gestritten – ist der Sozialstaat in einer Bringschuld von Sozialleistungen? Zum anderen hapert es an der Einigung auf konkrete Pläne. 

Zuletzt sah der Vorschlag von Lisa Paus vor, eine neue Behörde mit 5.000 neuen Mitarbeitern zu schaffen. Inzwischen ist diese Zahl vom Tisch, nachdem besonders die FDP die Pläne aus Gründen des Bürokratieabbaus scharf kritisiert hatte. Die Grünen flüchten sich nun in Phrasen: Man könnte ja durch enge Zusammenarbeit und Digitalisierung die Produktivität erhöhen. „Ich bin mir sicher, dass unter anderem durch Synergieeffekte und konsequente Digitalisierung die Gesamtzahl der Stellen noch reduziert werden kann., äußerte sich Paus gegenüber dpa

Selbst die Grünen-Parteikollegen, die ihr nun zur Seite springen, stellen unfreiwillig sie als das Problem dar. Ricarda Lang betont beim Bericht aus Berlin der ARD, dass Lisa Paus ja nun bereit sei, Kompromisse einzugehen. Und außerdem habe sie doch eingesehen, dass die 5000 Stellen nicht realistisch kommen werden, da soll man doch jetzt bitte nicht mehr die Debatte dran aufhängen. 

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Das Familienministerium – der sicherste Posten der Welt? 

Das Amt der Familienministerin ist eigentlich ein sehr schöner Posten. Er ist geeignet für Politiker mit mäßigen Ambitionen, die sich mit einem sicheren Posten gerne zufriedengeben – auch wenn der bedeutet, dass man einmal in der Woche einen Pressetermin in irgendeinem Kindergarten hat, statt sich auf der glamourösen Weltbühne mit einflussreichen Menschen zu treffen. Doch wie man an Ursula von der Leyen sieht, kann man von hier aus auch sehr gut aufsteigen. Es ist der perfekte Job für Menschen mit Familie. Kinder zu haben, ist quasi eine zwingende Voraussetzung – genauso wie das weibliche Geschlecht. Familie ist Frauensache – in der Politik trauen sich sogar Linke, das zu sagen. 

Man kann damit als Quotenfrau einen Posten bekommen, ohne als solche bezeichnet zu werden. Und eigentlich kann man auf diesem Posten auch nichts falsch machen. Man knuddelt ein paar Kinder, hält sich ein bisschen zurück und die Menschen vergessen, dass es überhaupt so einen Posten wie das Familienministerium gibt. Familienministerinnen werden eigentlich mehr als Advokaten für die Familie erachtet, als als Politikerin und Entscheidungsträgerin. Bevor eine Familienministerin Sympathiepunkte verliert, haben eher noch der Kanzler, Außen-, Innen- oder Verkehrsminister einen Skandal. 

Es gibt ohnehin keine länger andauernde (einseitige) Liebe als die von Politik für Kinder. Man knuddelt die kleinen Würmchen auf Wahlkampfveranstaltungen, druckt sie lachend spielend auf Wahlkampfplakate – Kinder sind das, was Hundebabys für Diktatoren sind. Sie machen sympathisch und nahbar und lenken vom Wesentlichen ab. Das Amt des Familienministers ist sicher, weil es einen Schutzwall aus Babys und Kleinkindern mit Zahnlücke hat. Welcher Oppositionspolitiker – am besten noch männlich und ernst – will sich schon als kalten, herzlosen Menschen darstellen lassen, indem er die Familienpolitik der Familienministerin angreift und vielleicht noch ein armes Kind um seine Schultüte bringt?

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Warum ist ausgerechnet ein Vorschlag des Familienministeriums so auf verlorenen Posten? Kein Rückhalt, viel Kritik, niemand hat Angst als böser Kinderhasser verschrien zu werden, jeder greift Paus und ihre grässlichen Gesetzesvorschläge an. Und das nicht nur in der Opposition, sondern eiskalt aus den eigenen Reihen heraus. Die FDP hat genau in diesem Thema plötzlich ihren Kampfgeist wieder gefunden. Und die FDP hat sich in ihrer Zeit als unwichtigstes Licht der Ampel nicht gerade als stur, meinungsstark oder nicht kompromissbereit erwiesen. Und Kinderarmut lässt sich super verkaufen und man hätte den Bürgern das Gesetz trotz seiner Macken schon irgendwie untergeschoben.

Was kriegen die Grünen überhaupt hin? 

Warum aber tun sich die Grünen mit dem Familienministerium überhaupt so schwer? Es ist fast genau zwei Jahre her, da war das Familienministerium schon mal der Mittelpunkt eines Polit-Skandals. Anne Spiegel musste damals eingestehen, dass sie inmitten einer Flutkatastrophe als Umwelt- und Familienministerin von Rheinland-Pfalz mit ihrer Familie in den Urlaub gereist ist und später diesbezüglich gelogen hatte.

Ihre Amtszeit als Familienministerin endete mit ihrem Rücktritt schon nach knapp fünf Monaten. Man kannte Anne Spiegel nicht. Man hätte auch nicht gewusst, dass Christine Lambrecht ihre Vorgängerin war. Und bis Lisa Paus so öffentlich mit der Kindergrundsicherung scheiterte, dass die Medien es zum Schauplatz der Ampelzerreißung machten, kannte man auch Lisa Paus nicht.

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Lisa Paus hielt nun etwas länger durch als ihre Vorgängerin. Doch sie ist von einer innerparteilich angesehenen Expertin für Familien- und Finanzpolitik – vereint in der Familienfinanzierung, der Kindergrundsicherung – abgestürzt, zu einer gescheiterten Politikerin, die um ihren Job bangen muss. Ist sie überhaupt die Richtige für diesen Job? In ihrer eigenen Koalition und in der Presse spricht man über ihr mangelndes Verhandlungsgeschick, dass sie immer mit dem Kopf durch die Wand wolle, dass sie nicht gut erklären kann. 

Lisa Paus ist nur ein Symptom 

Sogar innerhalb der Grünen zweifelt man an den Fähigkeiten von Lisa Paus, so heißt es in der Zeit. Die Zahl der 5.000 Stellen – eine Zahl, die eigentlich schon seit November feststeht und von der Bundesagentur für Arbeit errechnet wurde – könne Lisa Paus nicht stimmig erklären. Nicht mal den Sinn der Kindergrundsicherung kann sie herüberbringen. Ihr größtes Problem sei die „öffentliche Kommunikation“. Tja, nur schade, dass öffentliche Kommunikation nun mal einfach den größten Teil ihrer Arbeit ausmacht. Wer nicht nur einfach Politiker sein will, sondern sogar Spitzenposten in der Bundespolitik haben will, der sollte in der Lage sein, einen geraden Satz herauszubekommen und dabei auch noch das mitzuteilen, was er mitteilen will. 

Lisa Paus sei einfach zu rational und könne deshalb ihre Argumente nur schwer auf die emotionale Ebene heben, heißt es weiter aus den Reihen der Grünen. Doch wenn sie so rational ist und dazu auch noch Finanzexpertin – warum ist es gerade die FDP, die sich ihr in den Weg stellt? Es passt hinten und vorne nicht. Und das ist eben das Problem mit den Grünen.

Es ist der Grund, weshalb sie sogar am Familienministerium scheitern. Lisa Paus ist die rationalste von ihnen. Die Frau, die es nach jahrelanger Vorarbeit und monatelanger Diskussion mit Opposition, Koalitionspartnern und Experten nicht auf die Reihe kriegt, ein stimmiges Gesetz vorzuschlagen. Sie ist die rationalste von ihnen. Zu blöd, dass sie die Sache mit den Gefühlen nicht gut herüberbringt – das ist das einzige, was die grüne Politik zusammenhält. 

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