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Die große Kiffer-Party – und die grüne Selbstfindung als politisches Ordnungsamt

Der Joint war der gerollte Gratismut der Wokeria - jetzt fällt das letzte Stück der Illusion, wonach man doch irgendwie widerständig und revolutionär wäre. Die Grünen sind ab jetzt nur noch staatstragend und der politische Arm des Ordnungsamtes.

Statt Ostergras gibt es seit dem 1. April das Gras der anderen Sorte: Die Cannabis-Legalisierung ist durch, 1.500 Kiffer sind deshalb in der Nacht zum Montag am Brandenburger Tor zusammengekommen, um sich mitternachts den ersten legalen Joint reinzuziehen. Die Veranstaltung war durch die Berliner Ortsgruppe des Deutschen Hanfverbandes (DHV) organisiert. „Wir können uns endlich zeigen, wir müssen uns nicht mehr verstecken“, sagte Henry Plottke, Mitglied des DHV gegenüber der dpa.

Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber vielleicht sollte manch einer mal ein ernstes Wort mit seinem Dealer reden, denn der scheint seine Joints mit irgendwas zu strecken, das da nicht reingehört. Wenn es eine gesetzeswidrige Handlung gibt, die wirklich nicht versteckt wird, dann ist es wohl das Kiffen. Es mag daran liegen, dass ich in der Nähe des Görlitzer Parks wohne, aber ich rieche Marihuana und sehe Drogendealer häufiger, als Rotlichtverstöße oder Falschparker. 

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Als jemand, der noch nicht mal eine Zigarette geraucht hat, ist mir die Marihuana-Legalisierung für den persönlichen Gebrauch ziemlich egal. Vielleicht waren es die Geschichten über mit Rattengift und Waschpulver gestreckte Drogen oder das Versprechen, das ich ablegen musste, niemals Drogen zu nehmen oder mir Tattoos stechen zu lassen – die Drogenprävention meiner Eltern hat jedenfalls gewirkt. Trotzdem muss ich als emphatischer Mensch sagen, dass mir die Kiffer dieser Welt schon ziemlich leid tun.

Der gerissenste Coup der Ampel

Vor allem ab heute. Mir kann niemand erzählen, dass der Cannabis-Konsum in Deutschland wirklich verfolgt wurde. In Berlin riecht man es an jeder Ecke aber selbst meine Oma, die im tiefsten Osten in einer Fünftausend Einwohner Stadt lebt, weiß inzwischen wie Gras riecht. Der Staat hätte mit den Strafzahlungen das Geld mit der Schubkarre nach Hause fahren können. Mit den Kiffern als Einnahmequelle hätte Berlin sich nicht nur aus dem Schuldenloch ziehen, sondern Bayern gleich noch mitfinanzieren können. 

Ob wegen der schier unüberwindbaren Menge der Verstöße, weil man Besseres zu tun beziehungsweise schlimmere Straftaten zu verfolgen hatte (denken Sie nur an die ganzen Hass-Kommentare im Netz), oder weil es politisch unerwünscht war – doch man konnte bis gestern noch kiffen, wie man glücklich war und der Staat hat sich in keinster Weise eingemischt. Mit der Legalisierung ändert sich das aber.

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Eigentlich ist die Cannabis-Legalisierung doch nur eine Art Steuererhöhung. Das dürfte der gerissenste Coup sein, den die Ampel in ihrer Legislaturperiode auf die Reihe gekriegt hat. Hart gegen die Kiffer durchzugreifen wäre insbesondere in Berlin dämlich gewesen. Das sind ja immerhin die eigenen Wähler. Böse Zungen würden jetzt behaupten, dass man die Grünen eigentlich nur bekifft wählen kann. Nun haben sie einen Weg gefunden, den Cannabis-Konsum mehr zu regulieren als vorher und es trotzdem als Befreiung zu feiern. 

Die FDP kann sich jetzt mit der Einführung einer neuen Steuereinnahmequelle und mehr staatlichen Stellen und Bürokratie als liberaler Revoluzzer darstellen. Die Grünen haben ihre potentielle Wählerschaft vergrößert. Und die SPD ist auch dabei. „Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.“, ist eines der bekanntesten Zitate von Karl Marx.

Die meisten Linken dürften Das Kapital höchstens verstaubt zu Hause zu stehen haben, ich glaube nicht, dass die Sozialisten von heute überhaupt noch Marx lesen, was die Diskrepanz zwischen den DDR-Sozialisten und den modernen Woke-Sozialisten erklären könnte. Nun stehen wir vor einem interessanten Wendepunkt in der Geschichte der deutschen Linken. Die Religion – zumindest das Christentum – ist weitestgehend verdrängt. Ostern bedeutet Ostereiersuche, Weihnachten heißt Weihnachtsmann.

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Der Blackout lässt sich high gleich viel besser aushalten

Ganz nach Marx sollte das Volk doch jetzt eigentlich frei sein. Doch ausgerechnet die linke Regierung gibt den Menschen jetzt ein neues Volksopium, eins, das noch viel näher an dem Stoff ist, den Marx als Negativbeispiel für die Vernebelung des Geistes und der Wehrfähigkeit der Arbeiter ansah. Haben Sie Marx nicht verstanden? Hat sich der Sozialismus inzwischen selbstständig gemacht?

Priester und Pastoren können Einfluss auf ihre Schäfchen nehmen, ihnen etwas ins Ohr flüstern. Dealer predigen nicht, die im Görlitzer Park sprechen nicht mal Deutsch. Es geht unseren Linken viel besser, wenn es nur einen Weltuntergang gibt und der nicht durch die Wiederkehr Jesu eingeleitet wird, sondern durch zu viel Autofahren und zu wenig Windräder. Und der Blackout lässt sich high doch gleich viel besser aushalten. 

Die Frage ist nur: Wird der Plan aufgehen? Denn Gras zu rauchen wird eigentlich nicht zu Unrecht, aber aus dem falschen Grund als Einstiegsdroge bezeichnet. Man kann etwas Verbotenes machen, erlebt den Nervenkitzel schon bevor der Joint übergeben ist und gehört dazu. Eigentlich ist es eingerollter Gratismut, denn man muss keine Konsequenzen fürchten, konnte sich aber trotzdem so fühlen als ob. Heute ein Joint, morgen zwei Stationen in der U-Bahn schwarz fahren und schon kann man seinen Enkeln einmal erzählen, dass man mal ein ganz harter Typ war. Wenn das alles weg ist und man das Gras auf einem Wege erhält, der mehr an Stützstrümpfe erinnert als an Gangster – wo bleibt dann eigentlich der Spaß?

Die Grünen beerdigen mit Cannabis den letzten Überrest ihres Revoluzzertums und sind ab sofort voll staatstragend und der politische Arm des Ordnungsamts. Man findet durchs Kiffen also wohl doch zu sich selbst.

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