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Linksextremismus

Die Akte Lucas S: Wie ein gewaltbereiter Linksradikaler Klassenlehrer wurde

Luca S. wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er auf einer 1. Mai Demo Pyrotechnik auf Polizisten geworfen haben soll. In der Berufung kämpft er um seinen Job - er will Lehrer werden. Er beteuert seine Unschuld, doch sollte ein Linksextremer wirklich Kinder unterrichten?

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Der 1. Mai 2021 endete in Frankfurt am Main mit Gewalt und Verletzten. Das Bündnis aus linksradikalen Gruppen „Revolutionärer 1. Mai“ hatte zu einer Demonstration aufgerufen, die um etwa 20.15 Uhr mit einer Schlusskundgebung in der Nähe des Frankfurter Hauptbahnhofs enden sollte. Tausende Demonstranten versammelten sich. Es dauerte nicht lange, bis die Situation eskalierte. Es kam zu massiven Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstranten, Schlagstöcke, Wasserwerfer und Pfefferspray mussten eingesetzt werden. 

Mitten in diesem Chaos aus schwarz gekleideten Extremen und Polizisten in Kampfmontur steht Lucas S. Sein Gesicht ist durch ein rotes Halstuch vermummt. Er hebt ein Bengalisches Feuer vom Boden auf und wirft es in Richtungen einer Gruppe Polizisten. Das Ganze ist auf Video aufgenommen. Wenige Wochen später kann die Polizei den Lehramtsstudenten Luca S. identifizieren. Lucas kleine „Jugendsünde“, wie sein Anwalt es nennt, wird strafrechtlich verfolgt. 

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Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main geht hart mit ihm ins Gericht. Sie spricht von einem „gezielten Wurf“ auf die Polizisten und beschuldigt ihn, einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch begangen zu haben. Sie fordern sieben Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Luca S. streitet derweil nicht ab, der Mann mit dem roten Halstuch aus dem Video zu sein, auch nicht, Pyrotechnik geworfen zu haben. 

Er behauptet aber, er habe das Bengalische Feuer nicht absichtlich auf die Polizisten geworfen. Tatsächlich habe der Bengalo neben einer verletzten Person gelegen, die er schützen wollte. Wohin er ihn dabei warf, habe er nicht sehen können. Er gibt an, auf den Verletzten geschaut zu haben, nicht zum Wurf. Inmitten einer Menschenmenge Pyrotechnik blind hinter sich werfen? Nach dem barmherzigen Samariter, der Luca S. vorgibt zu sein, passt auch seine eigene Geschichte nicht. Auf dem Video ist, laut Staatsanwaltschaft, auch keine verletze Person zu sehen. 

Gewaltbereiter Linksextremist ist jetzt Klassenlehrer

So ganz kaufte ihm das Amtsgericht Frankfurt am Main das nicht ab. Doch vielleicht, weil niemand wegen des Wurfes zu Schaden gekommen ist, kam man Luca S. entgegen – er wurde zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Erst ab 91 Tagessätzen gilt man als vorbestraft und kann grundsätzlich nicht mehr zum Staatsdienst zugelassen werden. 

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Inzwischen ist der 27-Jährige mit seinem Lehramtsstudium fertig und arbeitet als Klassenlehrer, Personalratsmitglied und Datenschutzbeauftragter an einer Gemeinschaftsschule. Sein Schulleiter steht hinter ihm, schreibt ihm ein tadelloses Dienstzeugnis. Doch es noch nicht vorbei. Die Strafe aus dem ersten Prozess ist der Staatsanwaltschaft zu niedrig gewesen. Sie ging in Berufung und hielt dabei an ihrer ursprünglichen Forderung fest. Eins zur Einordnung vorweg: Die Staatsanwaltschaft konnte diese Forderung in der zweiten Instanz durchsetzten.

Der Fall um Luca S. sorgte vor dem Prozess schon in Frankfurt für Aufsehen. Die linksextremen Organisationen, die an der Demo zum 1. Mai 2021 in Frankfurt aufgerufen haben, stehen hinter Luca. Auf den Sozialen Medien ist der Hashtag #LasstLucaLehren ins Leben gerufen worden. Lucas linksextremen Genossen behaupten, man würde ein Berufsverbot gegen Luca S. erwirken, nur weil er von seinem Recht auf Demonstration und freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht habe. 

In einem herzzerreißenden Porträt, das der Spiegel Luca S. am Dienstag widmete, wird beschrieben, wie zum Prozessauftakt rund 100 Menschen vor dem Gerichtsgebäude demonstrieren, darunter Lehrkräfte, Gewerkschafter und „Freund:innen“ von Luca S. Außerdem sind die Kinder seiner Schulklasse gekommen, sie halten selbstgebastelte Plakate hoch, mit den Slogans wie „Hä, er hat nichts gemacht“ oder „Gute Pädagogik wird gesucht“, einer seine Schüler hält sogar eine kurze Rede. 

Diese Beobachtungen des Spiegels decken sich mit einem Instagrampost von der DKP Frankfurt, der am selben Tag veröffentlicht wurde wie der Spiegel-Artikel. Die darin aufgelisteten Fotos zeigen, was der Spiegel beschriebt. Allerdings kann man dort noch mehr sehen. Was der Spiegel wohl unter „Freund:innen“ zusammenfasst, sind tatsächlich linksextreme Bewegungen, die ihre Solidarität mit Luca S. auf entsprechenden Plakaten kundtun. 

Wegen der Aufmerksamkeit, die der Fall um Luca S. in der Frankfurter Szene bekommen hat, ordnete das Gericht die Durchsuchung der Anwesenden vor dem Betreten des Saales an – aus Sicherheitsgründen. So ganz lieb sind die „Freunde“ von Lucas S. vielleicht doch nicht unbedingt.

Im Gerichtssaal erklärt Luca S.: „Ich bekenne mich schuldig, an einer Demonstration teilgenommen zu haben“. Dass er die Polizei angreifen wollte, bestreitet er weiterhin. Für den jungen Lehrer steht viel auf dem Spiel. Eigentlich wäre die Verurteilung in erster Instanz kein Problem für seinen Berufswunsch gewesen. Er galt damit nicht als vorbestraft. Doch wenn man zum Referendariat zugelassen werden will, gibt es noch eine Ausnahme bei Straftaten gegen die innere oder äußere Sicherheit. 

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Da macht sich der tätige Angriff auf einen Polizisten nicht gut, auch wenn die Strafe nicht sonderlich hoch ausfiel. Doch inzwischen hat Luca S. ein noch viel größeres Problem: Die Staatsanwaltschaft war mit seiner Berufung erfolgreich. Luca S. ist inzwischen nicht mehr nur zu einer Geldstrafe verurteilt worden, sondern zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Sein Berufswunsch ist damit noch weiter in die Ferne gerückt. 

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Lehrkräfte dürfen ihre Schüler nicht politisch indoktrinieren. „Was Lehrer:innen abseits der Schule machen, ist privat“, erklärt Luca S. dem Spiegel. Das sieht das Gesetz etwas anders. Lehrer sind zur Verfassungstreue und zur Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung angehalten. Die Referendariatsbewerbung von Luca S. wurde bereits zweimal abgelehnt. Der Vertrag, der ihn aktuell dazu befähigt, als Lehrer an einer Gesamtschule zu unterrichten, wird bald auslaufen und danach nicht verlängert. Inzwischen ist er vorbestraft und auf Bewährung. 

Der Fall Luca S. mag sich vordergründig mit einer strafrechtlichen Frage befassen: Hat er die Pyrotechnik nun als linksextremer Radikaler geworfen oder als Retter in der Not? Das Gericht urteilte nun zum zweiten Mal, dass er ersteres ist. Doch was dabei in den Hintergrund gerät, ist: Was hatte Luca S. vermummt auf einer linksextremen Demonstration zu suchen, die nicht nur für ihre Gewaltausschreitungen, sondern auch ihre verfassungsfeindlichen Botschaften bekannt ist? An diesem verheißungsvollen 1. Mai 2021 folgte Luca S. einem Aufruf zu einem Protest, der ausschließlich von extrem linken Organisationen organisiert wurde, die einen Systemsturz und eine Weltrevolution anstreben. 

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Es sollte schon stutzig machen, dass die Unterstützer von Luca S. – abseits von den Kindern, die er unterrichtet – allesamt rote Sterne oder Marx, Engels und Lenin auf den Plakaten haben. Zusätzlich ist Luca S. durch den Prozess nicht nur einfach privat als extremer Kommunist und Systemfeind unterwegs, er ist auch in seiner Stadt und an seiner Schule als solcher bekannt. Auch wenn er sich politisch im Unterricht zurückhält, wie viele Schüler werden sich wohl trauen, wirklich frei ihre Meinung zu äußern? 

Für den Sprecher des hessischen Bildungsministeriums ist der Fall um Luca S. eindeutig: „Natürlich macht ein junger Mensch mal Fehler, doch ein mutmaßlicher Angriff auf Beamtinnen und Beamte ist in besonderem Maße nicht vorbildhaft. Jemand, dem vorgeworfen wird, einen Staatsdiener angegriffen zu haben, halten wir grundsätzlich für charakterlich ungeeignet, um als Vorbild vor jungen Menschen in einer Klasse zu stehen.“ Luca S. will aber Revision einlegen. Er hält an seiner Unschuld fest und will Lehrer werden. Seine Unterstützer werden hinter ihm stehen. Immerhin kommt es bei der Frage, ob sich ein gewaltbereiter Linksextremist als Vorbild eignet, nur darauf an, wie linksextrem und gewaltbereit diejenigen sind, die man fragt. 

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