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Der Jude, der keiner war – und zum Liebling anti-israelischer Linker in Deutschland wurde

Jahrelang präsentierte sich der Journalist Fabian Wolff als Jude, der BDS-Anhänger in Schutz nimmt und bei Linken gerne gesehene postkoloniale Israelkritik verbreitet. Jetzt musste er eingestehen, dass er gar nicht jüdisch ist.

BDS-Demonstranten in New York

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Jahrelang schrieb der Journalist Fabian Wolff über sein Jüdischsein, nahm dabei immer wieder die antisemitische BDS-Bewegung in Schutz und propagierte gerne ein postkoloniales Israelbild– er war ein Liebling der deutschen Linken. Jetzt muss er zugeben: Er ist gar nicht jüdisch. 

All die Jahre nutzte er seine Identität als Jude um Kritiker der Boycott, Divestment and Sanctions („Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“)-Kampagne gegen Israel zu attackieren. In einem Essay von 2021 in der Zeit lieferte er einen Rundumschlag gegen deutsche Kritik an der israelfeindlichen Bewegung: Deutsche würden Juden vorschreiben, was es heißt, jüdisch zu sein, so sein Tenor. 

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Gerade rückblickend liest es sich wie ein Schlag ins Gesicht der vielen Juden, die sich gegen den BDS-Antisemitismus einsetzen. Wolff schreibt darin etwa von sich und BDS-sympathisierenden Freunden als „real-life Jew“ – die von israelfreundlichen Deutschen attackiert würden, die „erstaunlich schnell daran“ seien, „Jüdinnen*Juden in die Nähe von Antisemitismus zu rücken.“ Den Einsatz gegen Israel-Boykott nennt er gar „subversiv“.

Bloß, dass Wolff eben nie ein „real-life Jew“ war, wie jetzt herauskam. Aber es geht weiter: Anders als deutsche Israelfreunde „würdige“ er die „Konflikte“, die seine israelfeindlich eingestellten „Genoss*innen austragen“, schrieb er damals. Er fände auch, dass „Deutschland viel von ihnen lernen kann.“

Von BDS-Anhängern „lernen“?

Deutschland könne viel von BDS-Anhänger lernen? Von einer Bewegung die den einzigen jüdischen Staat, die einzige Demokratie im Nahen Osten als Apartheid-Regime sieht und schlimmer behandeln will als Nordkorea, Iran und Co.? Aber ja das druckte die Zeit ungestört – bei Antisemitismusvorwürfe konnte Wolff sich schließlich immer auf das eigene vermeintliche Jüdischsein verweisen.

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In seinem Text von damals stellt er es so dar, als müssten Palästinenser zwangsläufig BDS unterstützen und Israel feindlich sehen – von ihnen zu verlangen sich davon zu distanzieren, wenn sie nach Deutschland einwandern, bedeute, dass sie „buchstäblich ihre Identität und Geschichte verleugnen“ müssten, so Wolff damals. 

So ganz überrascht kann man von seiner Verteidigung radikaler Palästinenser nicht sein, wenn man auch liest, mit wie viel Bewunderung Wolff über „Intersektionalität, Black Feminism, Critical Whiteness und Postkolonialismus“ schreibt.

Dazu passt auch, dass er wohl auch mit einer postkolonialen Brille auf den NS-Völkermord an den Juden schauen will – „authentische und empathische Versuche internationaler Forschung“, die Shoah „als Teil einer kolonialen Gewaltgeschichte besser zu verstehen“, wie er es nennt. Das als „Verharmlosung und Relativierung“ des Holocausts zu brandmarken sei „obszön“.

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„Langsam entstehen Allianzen: migrantisch-jüdisch, jüdisch-palästinensisch, interreligiös, Black-Jewish, Migrantifa. […] Wir verteidigen uns, wir unterstützen uns, wir hören unseren Geschichten zu und schreiben zusammen eine neue. Wir wissen, wer unsere Feind*innen sind. Und natürlich kann über Deutsche gehatet werden“, so Wolff.

Er baute sich eine jüdische Identität auf

Blöd nur, dass jetzt eben herauskommt, dass es sein Jüdischsein ist, was nicht echt ist, sondern eine neu geschrieben Geschichte und er jetzt eben doch ein vermeintlich ganz normaler Deutscher ist – die Gruppe über die er sonst so gerne „hatet“, gerade wenn sie ihm zu sehr israelfreundlich war.

Und auch dahinter, dass ihm erst jetzt aufgefallen ist, dass er nicht jüdisch ist, stehen mindestens einige große Fragezeichen. Einerseits ist es so, dass er in der Vergangenheit gerne vermittelte, er sei jüdisch „aufgewachsen“, dann aber zugibt, erst zum Abitur von seiner Mutter gehört zu haben, jüdisch zu sein und erst dann begann sich als Jude zu sehen. 

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Anderseits sind selbst seine Schilderungen über die falsche Behauptung seine Mutter zu seinem Jüdischsein alles andere als eindeutig. Denn selbst auf seine Frage, ob er denn jüdisch sei, kam ihr wohl folgendes: „Na ja, nicht wirklich, aber du weißt ja das mit deiner Großmutter“ Seine Großmutter war aber eben auch nicht jüdisch, deren Mutter nicht und deren Mutter auch nicht, wie er jetzt bekannt gab herausgefunden zu haben. 

Auf seinem „nicht wirklich“-Jüdischsein von dem seine Mutter sprach, baute er dann aber seine gesamte jüdische Identität auf. Und erst als andere Juden ihn im Rahmen seiner Unterschrift unter einen „offenen Brief in Solidarität mit einer deutsch-palästinensischen Journalistin“ (wer hätte es gedacht?) damit konfrontierten, dass an seinem Jüdischsein eher weniger dran ist, begann er selbst überhaupt, die eigene, so schnell übergestülpte jüdische Identität zu hinterfragen – und machte wohl monatelang weiter obwohl ihm allerspätestens da so langsam klar geworden sein müsste, dass er eben nicht jüdisch ist.

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