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Der demokratische US-Präsident Lyndon B. Johnson startete eine illegale Abhöraktion mithilfe der CIA gegen seinen Konkurrenten, die den Watergate-Skandal seines direkten Nachfolgers Richard Nixon eigentlich überragt. Trotzdem ist das bis heute kaum bekannt. Es ging auch um den Urfunken der konservativen Bewegung in Amerika.

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Wann tritt ein Präsident zurück? Sei es durch politische Grabenkämpfe aus der Trump-Zeit oder die Debatte um Joe Bidens Gesundheit, das Thema kocht in der US-Politik immer wieder hoch. Trotzdem gab es einen solchen Rücktritt erst ein einziges Mal und er war der Höhepunkt eines Skandals, der seitdem zum Sinnbild für Regierungsskandale schlechthin wurde: Watergate.

Ein „Klempner-Team” des Komitees zur Wiederwahl des Präsidenten, dem Wahlkampforgan des Republikaners Richard Nixon, brach im Wahljahr 1972 in die Büroräume des Democratic National Committee (DNC), des Parteivorstands der Demokratischen Partei, im Watergate Komplex in Washington DC ein. Ziel war es, Dokumente abzufotografieren und Wanzen anzubringen. Die Einbrecher wurden jedoch gefasst und die Frage nach der Involvierung und dem Mitwissen des Weißen Hauses sowie die darauffolgenden Vertuschungsversuche kosteten Nixon schließlich das Amt, das er 1972 gewonnen hatte.

Über Watergate wurden ganze Bücher geschrieben, was dagegen bis heute kaum bekannt ist, ist dass Nixons direkter Vorgänger, der Demokrat Lyndon B. Johnson, eine noch skrupellosere Überwachungsaktion gegen seinen Gegner initiierte.

Johnson wurde 1963 am Tag der Ermordung von John F. Kennedy als 37. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Im darauffolgenden Jahr trat er als Kandidat der Demokraten zur Präsidentschaftswahl 1964 an. Auf der republikanischen Seite verhalf eine konservative Graswurzel-Bewegung Barry Goldwater zur Nominierung. Sie setzten sich damit erstmals gegen das auf die politische Mitte ausgerichtete Establishment der sogenannten Rockefeller-Republikaner durch. Der Senator aus Arizona, bekannt geworden unter anderem durch seinen Bestseller „Das Gewissen eines Konservativen“, begründete damals mit anderen, wie dem Publizisten William F. Buckley Jr., den modernen US-Konservatismus.

Anti-Goldwater-Kampagne mithilfe illegaler Mittel

Die Goldwater-Kampagne, die sich für ein Ende des Wohlfahrtsstaats, Föderalismus, mehr individuelle Freiheit und eine entschlossen antikommunistische Außenpolitik einsetzte, wurde von Johnson und den Medien immer wieder als radikal dargestellt, worauf Goldwater mit den Worten „Extremismus zur Verteidigung der Freiheit ist kein Laster” antwortete. Obwohl eine Wiederwahl Johnsons sehr wahrscheinlich erschien, wollte dieser auf Nummer sicher gehen:

Es begann eine Anti-Goldwater-Kampagne mithilfe illegaler Mittel. Obwohl es der CIA untersagt war, im Inland zu operieren – erst recht gegen politische Gegner – platzierte Johnsons Regierung einen CIA-Spion in Goldwaters Wahlkampfteam. Dadurch wusste sein Team vorab von Goldwaters Terminkalender und ließ demokratische Politiker vor und nach seinen Wahlkampfveranstaltungen auftreten. Die demokratische Kampagne erhielt aus Langley so etwa Reden des Republikaners lange bevor er sie tatsächlich gehalten hatte.

CIA-Mitarbeiter E. Howard Hunt, der später nach seiner Zeit für die Agency für seine Beteiligung an Watergate verurteilt wurde, konnte berichten, dass US-Präsident Johnson die Aktion angeordnet hatte. Hunt verteidigte seine Rolle im Watergate-Skandal unter anderem mit Verweis auf die Spionage gegen Goldwater, dass solche Vorgänge schon vor Nixon gang und gäbe bei der CIA waren. Jahre später berichtete auch Nixons (und Fords) CIA-Direktor William Colby vor dem Kongress über die Spionage.

Sogar das FBI nutzte das Johnson-Lager zur Überwachung seines politischen Gegners. Man ließ Anrufe von Goldwaters Mitarbeitern abhören und installierte Wanzen in seinem Flugzeug, das er oft für vertrauliche Gespräche mit seinem Team nutzte. Senator Goldwater wurde von Journalisten teilweise über Vorschläge befragt, die nur sein innerster Zirkel kannte. Auf die Frage, woher die Journalisten diese Informationen hätten, hieß es einmal: „Aus dem Weißen Haus”.

Eines der krassesten Beispiele, wie Johnson diese illegalen Techniken ausnutzen konnte, ereignete sich im September 1964: Um der Darstellung, Goldwater verfüge über zu wenig außenpolitische Erfahrung, entgegenzuwirken, sollte er eine „Task Force für Frieden und Freiheit“ unter Ex-Vizepräsident Nixon verkünden. Johnson bekam über die Überwachung Wind von der Idee und setzte sofort eine eigene Pressekonferenz an, während Goldwater noch im Flugzeug unterwegs war. Der Präsident kam seinem Kontrahenten zuvor und erklärte die Einrichtung einer eigenen Task Force. Goldwaters Ankündigung ging so in der Presse unter.

„Du tust, was der Präsident von dir verlangt.”

FBI-Direktor J. Edgar Hoover

Robert Meridian, Republikaner und 1964 selbst Regionaldirektor für die Goldwater-Kampagne, erfuhr von diesen Abhörmaßnahmen in seiner späteren Amtszeit als Vizejustizminister. Ihm gegenüber erzählte FBI-Direktor J. Edgar Hoover in einem Gespräch über technische Abhörmaßnahmen, dass er auf Anweisung Johnsons die Kampagne des Republikaners überwacht hatte. Er erklärte das mit den Worten: „Du tust, was der Präsident der Vereinigten Staaten von dir verlangt.”

Was Johnson damit erreichen wollte? Sein Sieg war auch so wahrscheinlich. Es ging ihm vor allem darum, eine besonders breite Unterstützung für seine Politik zu gewinnen und zu beweisen, dass die Ideen von Barry Goldwater nicht mehrheitsfähig sind.

Im Wahljahr 1964 hielt dann ein – damals politisch noch unbekannter – Schauspieler namens Ronald Reagan für Goldwaters Kampagne die Rede „A Time For Choosing”, die ihm landesweite Bekanntheit verschaffte. 1968 würde dieser mit der Wahl als Gouverneur Kaliforniens erstmals ein politisches Amt übernehmen.

Bei der Präsidentschaftswahl 1964 konnte sich Lyndon B. Johnson noch eindeutig gegen Barry Goldwater durchsetzen, der nur sechs Staaten für sich gewann. 1980 war es dann Jimmy Carter, der mit nur sechs gewonnenen Bundesstaaten gegen Ronald Reagan, den konservativen Newcomer aus Kalifornien, unterlag. Der Kolumnist George Will schrieb dazu treffend: „Goldwater gewann die Wahl von 1964. Es dauerte bloß 16 Jahre, die Stimmen auszuzählen.“ Johnson hatte seinen Vorsprung vor Goldwater durch illegale Methoden und Amtsmissbrauch vergrößert. Das Aufkommen der konservativen Bewegung in den USA konnte er am Ende aber nicht aufhalten.

Dieser Artikel erschien leicht abgewandelt bereits 2019 – auch auf der Achse des Guten.


Mit Apollo Chronik schreiben wir ab jetzt jede Woche über historische Themen und Ereignisse der Vergangenheit, die uns prägen, über die aber oft ein verzerrtes Bild vorherrscht. Zur letzten Ausgabe.

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12 Kommentare

  • Lyndon B. Johnson ist eine zwielichtige Persönlichkeit. Schon der Box_13_Skandal seinen Senatswahlen zeigen wie intrigant und korrupt dieser Mann war.
    Das der CIA eingebunden war, zeigt umso mehr das der CIA gerne für solche Präsidenten spionierte.

  • Sehr passender Artikel, der auch wie ein roter Faden die heutigen Zustände in den USA wiederspiegelt! Watergate bezeichnet zusammengefasst eine Reihe von gravierenden Missbräuchen von Regierungsvollmachten durch Politiker bzw durch Behörden wie z B den Verfassungsschutz. Moment! Genau das kennen wir ja. Die EU und Deutschland sind da ganz vorne mit dabei…

  • Ähhhmmm, dies ist die Blaupause für alle „westlichen Demokratien und Rechtsstaaten“, die sie hier in voller, alltäglicher Aktion bewundern dürfen. Korrupt bis auf die Knochen und entsprechend sieht das politische System im ganzen Westen aus.

  • Anregung für eine der nächsten Apollo Chroniken:
    Die Verfassung wurde am 8. November 1947 durch die „Verfassungsgebende Versammlung“ verabschiedet.
    Die Verfassung des Saarlandes wurde am 15. Dezember 1947 von der Gesetzgebenden Versammlung des Saarlandes verabschiedet. Die Veröffentlichung im Amtsblatt fand am 17. Dezember 1947 statt und die Verfassung trat damit in Kraft.
    https://www.deutschlandfunk.de/vor-70-jahren-eine-verfassung-fuer-das-saarland-100.html

  • So viel zum Thema, die USA seien eine Demokratie…

  • Wann bekommt die Ampel endlich ihr Watergate?

    2
  • Nun, es gibt immer noch (vielleicht immer wieder neu?) Argumente für einen aufgeklärten Absolutismus.

  • „Extremismus zur Verteidigung der Freiheit ist kein Laster”
    Das hört sich fast wie ein Wahlkampfspruch an!
    Ich bin mal gespannt, ob Harris auch nur 6 Staaten gewinnen wird. Die Zeit wird es zeigen.

  • Es gibt bis heute keinen Beweis dass Nixon den Einbruch angeordnet hat.
    Ihr seid halt links.

    -6
  • Einen 5 Jahre alten Artikel zur Diskussion stellen um Klicks zu generieren ist jetzt nicht gerade Pulitzer-Preis verdächtig. Naja, wenigstens gebt Ihr zu, daß Ihr abgeschrieben habt.

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