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Anstatt selbst zu bauen

Berliner Senat finanziert Kampagne für mehr bezahlbaren Wohnraum

Mit einer Plakataktion will der Berliner Senat auf die Wohnungsnot aufmerksam machen. Kurios - immerhin ist es der Senat selbst, der den versprochenen Wohnungsbau nicht liefert.

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Zu Beginn seiner Amtsperiode als Berliner Bürgermeister im Frühjahr versprach Kai Wegner, endlich die massive Wohnungsnot in Berlin anzugehen. Ausgerufenes Ziel war, jedes Jahr 20.000 neue Wohnungen zu bauen. Schon im August dieses Jahres musste man zugeben: Dieses Ziel wird man verfehlen. Nun fällt der Berliner Senat mit einer kuriosen neuen Werbekampagne auf, die auf die Wohnungsnot in der Stadt aufmerksam machen soll. Ja genau: jene Wohnungsnot, die es die Berliner Regierung nicht schafft, zu beheben.

„Euer Zuhause, Unser Auftrag“ ist das Motto der riesigen Plakat-Kampagne des Berliner Senats. In der gesamten Hauptstadt soll man jetzt also diesen Plakaten begegnen, die auf die prekäre Wohnungssituation in Berlin aufmerksam machen sollen.

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Bausenator Christian Gaebler von der Berliner SPD sagte dazu: „Mit unserer Kampagne wollen wir deutlich machen, dass jedes Neubauvorhaben ein neues Zuhause schafft. Bauen ist kein Selbstzweck. Es geht darum, die dringendsten Bedürfnisse der Menschen nach Wohnraum zeitnah zu decken. Wir stellen deshalb die Menschen in den Mittelpunkt. Hinter jeder Wohnungssuche stehen Menschen mit Hoffnungen, Wünschen und einem berechtigten Bedarf nach Wohnraum – für sich selbst, ihre Kinder, ihre Partnerinnen und Partner. Mit der neuen Kampagne möchte ich Verständnis wecken bei den Menschen, die dem Wohnungsbau skeptisch gegenüberstehen.“

„Menschen, die dem Wohnungsbau skeptisch gegenüber stehen“, die wird man in Berlin wahrscheinlich genauso häufig finden wie eine bezahlbare Wohnung. Längst klagt jeder Berliner über die Wohnungssituation, jeder Berliner kennt jemanden, der verzweifelt eine Wohnung sucht oder nicht auszieht aus seiner, weil man weiß, dass man nie wieder zum selben Preis eine ähnliche finden wird.

Besonders an den Plakaten ist außerdem: Die abgebildeten Menschen sind von Künstlicher Intelligenz erschaffen, also keine echten Menschen. Es handelt sich um fiktive Suchanzeigen, die nach Darstellung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Notwendigkeit für mehr bezahlbaren Wohnungsbau in der Stadt unterstreichen sollen. „Sie sind die Summe der Gesichter, Biografien und Geschichten von Menschen in Berlin, die eine Wohnung suchen“, fasst es die Stadtentwicklungsbehörde zusammen.

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Plakat-Aktion kostet 290.000 Euro

Die Kampagne zeigt fünf Gruppen, die ihre Wohnungsnot plakativ demonstrieren: Familien, Alleinerziehende, Auszubildende/Studierende, Paare sowie ältere Menschen. Das Paar ist dabei diversitygerecht lesbisch und der Student eine Person of Color. Kosten für die Plakataktion: Zusammengerechnet rund 290.000 Euro.

Der Berliner Mieterverein, der die von immer höher steigenden Mieten betroffenen Berliner Mieter vertritt, beurteilt die Kampagne skeptisch. Sie sei „angesichts der niederschmetternden Neubauzahlen aus reiner Panik heraus entstanden“. Der Sinn einer solchen Kampagne erschließe sich dem Verein nicht, sagt der Geschäftsführer des Mietervereins, Sebastian Bartels. „Mitleid mit den abgebildeten Wohnungssuchenden ist seitens der Immobilienbranche, die mit der Kampagne angesprochen werden soll, nicht zu erwarten“, ergänzte Bartels. Auch die bisherigen Förderprogramme hätten sich „als nicht geeignet erwiesen, die Branche zum nennenswerten Bau leistbarer Wohnungen zu bringen“, Bartels weiter.

Das Schneller-Bauen-Gesetz, mit dem der Senat schon jetzt werbe, sei noch nicht einmal öffentlich bekannt, geschweige denn verabschiedet, der Senat sollte sich daher statt teurer Kampagnen auf seine Kernaufgabe konzentrieren: nämlich den ordnungsrechtlichen Rahmen zu schaffen für die Errichtung sozial leistbaren Wohnraums, so Bartels abschließend.

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