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Talkshow

Bei Illner: Nur Juli Zeh stört das Chrupalla-Tribunal

Bei Maybrit Illner ist mal wieder Anti-AfD-Tribunal: Unter geifernder Führung von Spiegel-Amann haut man auf Chrupalla drauf, was das Zeug hält. Fakten? Zweitrangig.

„Das ist eine Linie, die sich seit Jahren in der AfD vorgezeichnet hat“ – das hätte eigentlich „jeder sehen können, der Spiegel liest“. So beginnt die stellvertretende Spiegel-Chefredakteurin Melanie Amann ihre Kritik an der AfD. Sie eröffnet in der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“ eine Diskussion, für die „Streit“ eigentlich kein Ausdruck mehr ist – es ist mal wieder ein Tribunal, das beliebte deutsche Talkformat „vier gegen einen“. Der Eine: Das ist AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla, der im Zuge diverser Affären um die AfD-Politiker Bystron und Krah gerade durch die Medien tourt: Mission Schadensbegrenzung. Die vier anderen: Das sind BDI-Präsident Siegfried Rußwurm, CDU-Politiker Armin Laschet, und Spiegel-Journalistin Melanie Amann. Mit dabei ist auch Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh, die nicht so ganz in der Tribunals-Logik mitspielen will.

Es geht um die beiden Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl, Maximilian Krah und Petr Bystron. Beide stehen im Verdacht, bestechlich zu sein. Krah soll Geld aus Russland und China, Bystron aus russischen Quellen kassiert haben. Gegen Krah laufen zwei Vorermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Dresden. Im Fall Bystron ist inzwischen angeblich ein Video aufgetaucht, das den Verdacht gegen ihn erhärten soll. Verantworten soll sich aber Tino Chrupalla.

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Juristisch gilt die Unschuldsvermutung: Solange beiden Politikern keine Schuld nachgewiesen worden ist, gelten sie als unschuldig. Doch in der Politik gelten andere Gesetze, sagt Melanie Amann, die sich nach wenigen Minuten bereits hochfährt. Sie kommt unsachlich und polemisch daher, auch das eine oder andere arrogante Lachen steht ihr im Verlaufe des Abends nicht gut zu Gesicht. Man merkt, wie sehr die Journalistin von ihrer persönlichen Antipathie gegen die AfD geprägt ist – und so macht sie es dem AfD-Chef leicht, sie auszukontern.

Amann giftig und polemisch – leichtes Spiel für Chrupalla

Dass die AfD „mehr Beweise“ fordere, sei „am Bezeichnenden“, sagt Amann – dabei gäbe es „so eindeutige, knallharte Belege“ für die Korruption von Krah und Bystron. „Sie reden von Beweisen“, antwortet Chrupalla der Spiegel-Frau: „Haben Sie das Video gesehen? Haben Sie Ausschnitte davon gehört? Ich glaube, das haben Sie nicht, weil das hat bislang niemand“. „Frau Amann vom Spiegel“ dürfe Belege „gerne präsentieren“ – wenn sie sie hätte. Wahr ist: Bisher sind beispielsweise die angeblichen Aufnahmen, die Petr Bystron belasten sollen, nicht öffentlich.

Hat der Spiegel Informationen, die sonst keiner hat? Dann wäre ja jetzt der Moment zum Auftrumpfen. Doch Frau Amann flüchtet sich in billige Polemik. „Wir könnten Ihnen ja alles vorlegen. Wir könnten Ihnen ein Selfie von Herrn Bystron vorlegen, wo er mit seinem Geldgeber und 20.000 Euro posiert und Sie würden es trotzdem nicht glauben“, schleudert sie Chrupalla entgegen. Der kann sie ganz in Ruhe abtropfen lassen – „machen Sie’s doch erstmal! Sie haben es doch nicht mal gemacht!“ Denn im Grunde pöbelt Frau Amann hier auf bloßer Verdachtsbasis. Vorlegen kann sie eben nichts Handfestes, was auch ihr polemischer Auftritt nicht kaschieren kann. „Sie sollten diese deutsche Fahne abnehmen und sich eine russische anheften“, giftet die Journalistin noch mit Blick auf den schwarz-rot-goldenen Anstecker, den Chrupalla stets am Revers trägt. Doch auch das hilft ihr nicht. Weil sie sich für Polemik statt für harten Diskurs in der Sache entscheidet, verliert die Vizechefin des Spiegels dieses Duell. Ein Stellen in der Sache war das jedenfalls nicht.

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Das belastende Video gegen Bystron habe noch niemand gesehen, sagt Chrupalla korrekt. „Und es finden auch aktuell noch keine Ermittlungen gegen die beiden statt.“ Die Vorermittlungen hätten überhaupt noch nichts zu sagen, rechtfertigt der AfD-Chef das Verhalten der AfD-Führung, von der Frau Amann proaktive „Aufklärung“ fordert. „Wenn uns als Parteiführung Beweise und Belege vorliegen, und die können Sie uns gerne präsentieren, Frau Amann, wenn Sie die hätten und haben, dann werden wir auch entsprechend reagieren.“ Wenn es Anfragen von der Staatsanwaltschaft gäbe, würde die AfD bei der Aufklärung helfen, versichert Chrupalla. „Aber beide Kandidaten, weder Herr Bystron noch Herr Krah, wurden bislang überhaupt befragt. Von Niemandem.“ „Auch nicht von Ihnen“, wirft Amann ein, obwohl ihr Spiegel selbst von den Befragungen der Kandidaten durch den AfD-Vorstand berichtet hat.

Laschet und Amann leugnen von der Leyen-Korruption

Aber ein Tribunal wäre kein Tribunal, wenn nicht jeder mal auf den Angeklagten draufhauen dürfte: Und so attackiert auch Armin Laschet jetzt Chrupalla und die AfD. „Solche Zustände hat es in diesem Lande und in diesem Ausmaß an Landesverrat bisher nicht gegeben“, fährt sich der Rheinländer hoch. Das lässt Chrupalla nicht auf sich sitzen und weist auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hin, gegen die im Zusammenhang mit den EU-Impf-Deals mit Pfizer aus dem Jahr 2021 sogar ermittelt worden sei. Da überschlagen sich Amann und Laschet. „Keine Behörde ermittelt dort“, das sei „verleumderischer Unsinn“ wirft Amann dazwischen. Tatsächlich hat die Europäische Staatsanwaltschaft im Februar mit Ermittlungen begonnen.

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Ein Diskurs, der repetitiv und irgendwann nur noch ermüdend ist – das alte Anti-AfD-Tribunal, wie man es aus Talkshows kennt. Alle wollen Chrupalla „inhaltlich stellen“, keiner schafft es so wirklich. Schon gar nicht die hauptamtliche „AfD-Expertin“ Melanie Amann. Mehrwert hat das alles nicht – wie Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh dankenswerterweise herausarbeitet. „Mich befällt da selber so ein gewisses Unbehagen an dieser Diskurskonstellation“ – „wir treffen uns hier in hochdekorierter Runde um Herrn Chrupalla gemeinsam zu erklären, wie er seine Partei besser führen sollte“. Alle in der Runde würden sich um Chrupalla versammeln, „so als sei er so ein Lagerfeuer des Grauens“. Sie wolle die „beliebte Opferrolle“ der AfD nicht stärken – aber viele Menschen würden bei dieser Art von Diskurs nicht mitmachen. Viele würden „vor allem hören, wie Herr Chrupalla sagt: Es gilt die Unschuldsvermutung, wenn was rauskommt, werden wir Konsequenzen ergreifen“. Und damit sei „für viele Normalbürger die Sache erstmal vom Tisch“.

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Zeh wünscht sich die thematische Auseinandersetzung anstelle der Tribunals-Logik – das würde bei den meisten Menschen auch „besser verfangen“. An einer anderen Stelle wirft sie Maybrit Illner ein „bescheuertes Framing“ vor, als die Talkmasterin den wirklich unterkomplexen Gegensatz zwischen „eingefleischten Putin-Fans“ und „Friedliebenden“ aufmacht. „Ich würde mal sagen, alle oder 99,9 Prozent unserer Bevölkerung wünschen sich selbstverständlich Frieden!“

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Zeh ist Balsam für die geschundenen Zuschauerseele, die diese Art von Mediendiskurs längst satthat: Inhaltsleere Polemik und Tribunals-Logik ersetzen bei Maybrit Illner mal wieder die sachliche Diskussion. In ihren Beiträgen seziert sie gekonnt die Talkrunde und stellt heraus, woran der Diskurs krankt: „Wir haben Schwierigkeiten, sachlich zu diskutieren in solchen Runden“ – weil man lieber „mit ein paar Leuten auf einen eindreschen“ würde.

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