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Baerbock-Besuch im Kaukasus zeigt Europas Machtlosigkeit

Am Samstag war Annalena Baerbock in Aserbaidschan zu Gast. Mit dem Ziel, Frieden zwischen der Turk-Diktatur und Armenien zu vermitteln, ist sie in den Kaukasus geflogen. Vor Ort musste sie feststellen, dass Baku am längeren Hebel sitzt.

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Die Außenministerin hat ein Fernglas in der Hand. Baerbock lässt sich am Samstag in die Arbeit der EU-Mission im Kaukasus einführen. Brüssel hat Leute vor Ort, die die Krisenlage vor Ort verfolgen und beobachten. Baerbock beobachtet an diesem Tag auch – sie schaut zu. Und das nicht nur mit dem Fernglas an der Grenze.

Die Grünen-Politikerin ist in die Region gereist, um im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan diplomatische Möglichkeiten auszuloten. So zumindest erklärt das Auswärtige Amt die Mission der Ministerin. An „einem nachhaltigen Frieden zwischen Armenien und Aserbaidschan führt kein Weg vorbei am Verhandlungstisch“, sagt Baerbock in Armeniens Hauptstadt Eriwan. Der Satz ist leer – was ein „nachhaltiger Frieden“ für Armenien und Aserbaidschan ist, weiß die Außenministerin zu diesem Zeitpunkt sicherlich nicht. Deutschland stehe an der Seite beider Staaten, betont sie: „Für eine verhandelte Friedenslösung“.

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An der Seite beider Staaten? Dabei hatte Aserbaidschan doch eine Aggression gegen die Armenier initiiert, in deren Folge rund hunderttausend von ihnen vertrieben wurden oder flohen. Eigentlich müsste man in dieser Situation auf der Seite der Angegriffenen stehen. Doch das macht Baerbock nicht. Beim Gespräch mit ihrem Kollegen Jeyhun Bayramov in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku ist sie bemüht, auf gut Freund mit der Kaukasus-Diktatur zu machen. Eifrig bietet Baerbock dem Aggressor-Staat sogar Hilfe beim Minenräumen an. Doch all diese Schmeicheleien bringen wenig – Baerbock will einen Frieden vermitteln, den Baku weder will noch braucht.

Aserbaidschan hat die Europäer in der Hand

Denn der aserbaidschanische Diktator Alijew weiß, dass er am längeren Hebel sitzt. Seit dem Ende russischer Gaslieferungen hat sich die Europäische Union dem ebenfalls erdgasreichen Aserbaidschan an den Hals geworfen, obwohl der Diktator aus Baku aus seinen kriegerischen Ambitionen keinen Hehl machte. Aserbaidschan hatte schon im Herbst 2020 in einem anderthalb Monate langen Krieg einen großen Teil Bergkarabachs eingenommen. Schon davor hatte Alijew keine Zweifel daran gelassen, dass er das Gebiet mit Gewalt wieder unter seine Kontrolle bringen will. Brüssel und Berlin störte das nicht: Es ist ein halbes Jahr her, dass Bundeskanzler Olaf Scholz Aserbaidschan als „Partner von wachsender Bedeutung“ bezeichnete.

Ursula von der Leyen reiste im vergangenen Jahr nach Baku, um dem aserbaidschanischen Diktator ihre Aufwartung zu machen. Sehenden Auges machte man sich von dem Land im Südkaukasus abhängig. Nun machen die Aserbaidschaner klar, wie viel mächtiger sie den Europäern gegenüber in dieser Frage sind. Als Baerbock den armenischen Namen der Exklave Bergkarabach verwendet, weist Außenminister Bayramow sie schroff zurecht.

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Baku hat Europa in der Hand

Dieses Selbstbewusstsein unterstreicht: Baku hat Europa in der Hand. Und Baerbock bleibt nichts anderes übrig, als dabei zuzuschauen, wie sich die Reste europäischer Autorität in der Region in Luft auflösen. Der deutschen Außenministerin kommt die undankbare Rolle zu, an diesem Samstag neben ihrem aserbaidschanischen Kollegen die personifizierte Machtlosigkeit darzustellen.

Offiziell will Baerbock beide Seiten an den Verhandlungstisch bekommen. Hinter den Kulissen geht es wohl zu allem darum, eine schnelle Akzeptanz für die geschaffenen Fakten zu schaffen – die Pläne für umfangreiche Gaslieferungen übertrumpfen in der Logik der europäischen Geopolitik schlicht das Leid von hunderttausenden Armeniern. Die Anzeichen für dieses kommende Dilemma waren seit Jahren da. Europa ignorierte sie.

Die bittere Ironie ist jetzt: In dem Versuch, sich von einer aggressiven Autokratie zu lösen, landete man bei der nächsten. Die Quintessenz europäischer Energiepolitik ist: Wir müssen uns von einer kriegerischen Diktatur unabhängig machen, mit der wir zusammenarbeiten, um uns von einer kriegerischen Diktatur unabhängig zu machen. Auch, wenn gute Miene zum bösen Spiel jetzt politischer Sachzwang zu sein scheint: Auf Dauer kann diese Strategie nicht erfolgversprechend sein.

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