Aktivitätsindex
Deutsche Wirtschaft schrumpft so stark wie seit 2022 nicht
Der Aktivitätsindex der Bundesbank fällt auf den tiefsten Stand seit der Energiebeschaffungskrise 2022 – nur in den Lockdowns und der Finanzkrise sah es noch schlechter aus. Die annualisierte Wachstumsrate liegt demnach bei -1,8 Prozent.

Die deutsche Wirtschaft steckt tiefer in der Krise, als viele denken. Ein Schlüsselindikator der Bundesbank zeigt: Die wirtschaftliche Aktivität ist in den letzten Wochen deutlich eingebrochen. Der wöchentliche Aktivitätsindex der Deutschen Bundesbank (WAI) sank innerhalb einer Woche von -0,30 auf -0,46, wie die Bundesbank mit Stand vom 29. Juni mitteilt. Das ist der niedrigste Wert seit November 2022, als die Energiebeschaffungskrise infolge des Ukraine-Kriegs die Konjunktur massiv belastete.
Noch Anfang Mai 2025 hatte der WAI im positiven Bereich gelegen. Inzwischen zeigt er einen klaren Rückgang. Der WAI ist ein nachlaufender Indikator und bildet die reale wirtschaftliche Entwicklung der zurückliegenden 13 Wochen in Echtzeit ab. Ein negativer Wert bedeutet: Die Wirtschaft ist in diesem Zeitraum real geschrumpft.
Werbung
Auf Basis des WAI lässt sich eine annualisierte Wachstumsrate schätzen – das ist eine Hochrechnung der Daten auf das Gesamtjahr, wenn sich das aktuelle Tempo fortsetzt. Das aktuelle Ergebnis ist ernüchternd: Preis-, kalender- und saisonbereinigt ergibt sich eine annualisierte Wachstumsrate von -1,8 Prozent. Eine derart tiefe Rezession hat der WAI für die vergangenen 21 Jahren nur in Ausnahmephasen angezeigt.
Vergleichbare niedrige Werte wurden zuletzt während der Energiebeschaffungskrise von August bis November 2022 verzeichnet. Deutlich tiefer fiel der Index lediglich während der Corona-Lockdowns (Februar bis April 2021 sowie März bis Juli 2020) und der globalen Finanzkrise (August 2008 sowie November 2008 bis Juni 2009). Auch für die Griechenlandkrise (April 2012) und die Regierungszeit Schröder (September 2004, April und Mai 2005) wurde kurzfristig eine ähnliche Schwäche berechnet. Ab Beginn der Datenreihe im Juli 2004 hat sich die deutsche Wirtschaft – abgesehen von den rein politisch induzierten Rezessionsphasen in der Pandemie – demnach fast 95 Prozent der Zeit besser entwickelt als heute.
Werbung
Ein Vorteil des WAI ist, dass er sich nicht auf Stimmungsumfragen verlässt, sondern auf tatsächliche Echtzeitdaten – etwa Stromverbrauch, Lkw-Maut oder Kreditkartenzahlungen. Damit ist er robuster gegenüber subjektiven Stimmungsschwankungen als beispielsweise der ifo-Geschäftsklimaindex und bietet ein unverstellteres Bild der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage.