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Neues Buch

Wissenschaftlerin Susanne Schröter: Wie Rassismus-Studien manipuliert werden

Angeblich belegen Studien immer wieder, dass fremdenfeindliche und rechtsradikale Standpunkte in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet sind. Die bekannte Wissenschaftlerin Susanne Schröter räumt in ihrem neuen Buch damit auf - und legt dar, wie scheinbar seriöse Studien manipulieren.

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In den Medien wird häufig behauptet, dass sich rechtsextreme oder -radikale Ansichten immer weiter in die Mitte der Gesellschaft fressen würden. Politiker warnen in leidenschaftlichen Reden auf den Großdemonstrationen „gegen rechts“. Um diese behauptete Entwicklung zu belegen, gibt es zahlreiche „renommierte“ Studien, die Belegen sollen: Die Deutschen werden immer rechter, immer rassistischer. Sie suggerieren, dass bei wachsenden Teilen der Bevölkerung ein „rechtes Weltbild“ vorherrscht. Doch ist das wirklich so?

Susanne Schröter, Professorin für Ethnologie an der Goethe-Universität und Leiterin des „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“, zeigt in ihrem kürzlich erschienenen Buch auf, dass das gar nicht der Fall ist: Stattdessen sind die Studien das Problem, die oft ein gewünschtes Ergebnis herbei konstruieren. Schröter beklagt, dass eine „woke Linke“ die Wissenschaft zunehmend durch Ideologie ersetzt. Dies zeige sich beispielsweise in fragwürdigen Studien, die Kritiker der aktuellen Verhältnisse als „rechts“ oder „rassistisch“ einstufen.

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So nimmt sie in „Der neue Kulturkampf. Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht“ die Art und Weise der Erhebungen auseinander. „Wer eine Infrastruktur jährlich mit Hunderten Millionen Steuermitteln finanziert, um Rassismus zu bekämpfen, muss nachweisen, dass das Problem tatsächlich existiert. Deshalb werden turnusmäßig Studien vorgelegt, die darauf angelegt sind, die deutsche Gesellschaft als tendenziell rassistisch zu entlarven“, schreibt Schröter in ihrem Buch, aus dem die Emma in Auszügen zitiert.

Deshalb würden regelmäßig Studien vorgelegt, die darauf abzielen, die deutsche Gesellschaft als tendenziell rassistisch zu entlarven. Die Wissenschaftlerin hatte in der Vergangenheit etwa dem Bericht der „Unabhängigen Expertenkommission Muslimfeindlichkeit“ vorgeworfen, dass er darauf abzielte, eine vorgefasste These zu bestätigen. Ähnliches, so Schröter, sei bei größeren Erhebungen zu beobachten, die regelmäßig den Eindruck erwecken würden, dass rassistische oder rechtsextreme Einstellungen in Deutschland weit verbreitet sind.

Mitte-Studie: Renommiert, aber unseriös

Ein Beispiel dafür ist laut Schröter die sogenannte „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung, die vom „Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung“ unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Zick erstellt wird. Sie wird regelmäßig als Goldstandard, als Gradmesser für gesellschaftliche Entwicklungen zitiert, gilt gemeinhin als renommiert. Ziel dieser jährlichen Studie ist es, die „Sollbruchstellen der Demokratie“ zu ermitteln.

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Schröter meint: Die Befragungen zielen darauf ab, rechtsextreme Einstellungen bei Personen aufzudecken, die sich selbst nicht als rechtsextrem betrachten. „Ein bemerkenswerter Ansatz ist dies allein schon deshalb, weil die ‚Mitte-Studie‘ davon ausgeht, dass die Befragten bezüglich ihrer eigenen Einstellungen irren und von den Forschern korrigiert werden müssen“, schreibt die Wissenschaftlerin.

Schröter verweist auf die letzte Mitte-Studie: „Es wurde behauptet, dass ein immer größerer Teil der Bevölkerung sich von demokratischen Werten distanziere und jeder Zwölfte ein rechtsextremes Weltbild teile.“ Doch die Ergebnisse der Befragung hätten diese Skandalisierung nicht getragen: „Lediglich eine kleine Minderheit der Befragten verharmloste den Nationalsozialismus, befürwortete eine Diktatur oder äußerte antisemitische oder sozialdarwinistische Einstellungen. Diese Ergebnisse würden eher darauf hindeuten, dass die vergangenen Jahrzehnte in Deutschland eine demokratische Erfolgsgeschichte waren.“

Dramatisierung und fragwürdige Fragestellungen

Um dramatischere Ergebnisse zu erzielen, hätte man zu fragwürdigen Definitionen von sogenannten Items wie „Fremdenfeindlichkeit“ oder „Nationalchauvinismus“ gegriffen. Es wurden sechs Dimensionen rechtsextremistischer Items festgelegt, die jeweils mit drei Fragen ermittelt wurden. Auch Befürwortung einer Diktatur, Sozialdarwinismus, Verharmlosung des Nationalsozialismus und Antisemitismus sind solche Items, auf denen die Studie aufbaut.

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Die Definitionen dieser entscheidenden Items wie Fremdenfeindlichkeit und Nationalchauvinismus in der Studie sei fragwürdig, bilanziert Schröter: „Personen, die beispielsweise eine stärkere Vertretung deutscher Interessen gegenüber dem Ausland befürworten, werden als nationalchauvinistisch eingestuft. Doch es ist fraglich, ob dies nicht ein legitimes Ziel einer deutschen Außenpolitik sein sollte. Ähnlich verhält es sich mit der Fremdenfeindlichkeit, bei der Personen, die Bedenken gegenüber der aktuellen Einwanderungspolitik äußern, schnell als rechtsextrem eingestuft werden.“

Laut „Mitte-Studie“ seien 16 Prozent aller Befragten fremdenfeindlich. Nach Auffassung der Studienmacher betrifft das diejenigen, die zustimmen, „dass Geflüchtete nur nach Deutschland kämen, um das Sozialsystem auszunutzen, sowie diejenigen, die deutsche Staatsbürger bei der Vergabe von Arbeitsplätzen bevorzugt sehen wollten, oder diejenigen, die Überfremdungsängste äußerten. Im Kern wird dadurch verdeckt die Zustimmung zur gegenwärtigen Einwanderungspolitik abgefragt“, so Schröter.

„Wer die tendenziell kritisch sieht, weil das Motiv des Schutzsuchens infrage gestellt wird, wer wirtschaftliche Konkurrenzen im Sinne einer Priorisierung von Einheimischen befürchtet oder angesichts der rapiden Veränderung durch Migration beunruhigt ist, erhält in der Mitte-Studie den Stempel des Rechtsextremen.“

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Stigmatisierung aller „nicht-Woken“

Auch die Abfrage zu Einstellungen zur Demokratie sei tendenziös gestaltet, so Schröter. Wer mangelndes Vertrauen in staatliche Institutionen artikuliere oder den eigenen Einfluss auf politische Entscheidungen gering einschätze, werde in der Studie ebenso unter Rechtsextremismus-Verdacht gestellt wie diejenigen, die Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder an den politischen Eliten äußerten. „Das ist bedenklich, da gerade das Recht auf Staatskritik zu den Grundlagen liberaler Demokratien gehört und diese von Diktaturen unterscheidet.“ 

Die Forscherin stellt fest: Die „Mitte-Studie“ weise eine deutliche Neigung zu einem „woke-linken Weltbild auf“. „Wer diesem Weltbild nicht zustimmt, wird schnell als rechtsextrem, undemokratisch oder menschenfeindlich eingestuft. Dies zeigt sich auch in der Bewertung von Einstellungen zu öffentlich-rechtlichen Medien, bei denen Kritik als demokratiefeindlich betrachtet wird.“

Von einer „woke-linken Normativität“ ist die Rede. „Wer woken Stereotypen nicht zustimmt, erhält schnell den Stempel des Rechtsradikalen, Demokratie- oder Menschenfeindlichen. Dies wird in Zusammenfassungen der einzelnen Blöcke immer wieder festgestellt.“ Schröters Kritik ist deutlich: „Im Ergebnis liegt nahe, dass die Macher der ‚Mitte-Studie‘ die Zustimmung zu einem woken Weltbild abfragten und Abweichungen umstandslos als demokratiegefährdend einstuften.“

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