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Wie salafistische Influencer TikTok und Co. für sich gewinnen

Sie sind Influencer und haben viele Tausend Follower auf TikTok. Doch sie tanzen nicht, stellen keine Beauty-Produkte vor, sondern punkten mit stramm salafistischen Botschaften. Auf TikTok und anderen sozialen Medien feiern momentan islamische Prediger mit kleinen Kurzvideos große Erfolge. Ein Überblick.

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Abul Baraa, Sheikh Ibrahim und Marcel Krass: Sie veröffentlichen kurze, bündige Sekundenclips in den gängigen sozialen Netzwerken und erreichen damit ein immer weiter wachsendes Publikum an jugendlichen Nutzen. Doch anders als die gewöhnlichen Influencer, die ihren Lebensstil oder Mode und Beauty-Tipps in das Netz stellen, veröffentlichen Baraa, Ibrahim und Krass stramm salafistische Botschaften – im TikTok Format.

Abu Baraa: Influencer für den Islam

Abul Baraa versammelt inzwischen 33 Tausend aktive Follower auf seinem Instagram-Profil. Manche Videos erreichen auf TikTok oder YouTube ein Publikum von Hunderttausenden. Die Videos sind wie auch diese von Sheikh Ibrahim und Marcel Krass einfach aufgebaut. Abul Baraa geht auf eine Frage eines Zuschauers ein und erklärt die muslimische Sicht auf die Frage. Die Fragen gehen von „Darf ich Christen als Freunde haben?“ bis „Darf ich nackt duschen?“ oder absurden Fragen wie „Kann ich im Paradies Videospiele im echten Leben spielen?“. Die Videos sind oft nicht länger als dreißig Sekunden, meistens bestehen die Antworten der „Gelehrten“, wie sie sich selber nennen, nur aus einzelnen Sätzen und einem Verweis auf eine Sure im Koran.

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Dadurch wirken sie harmlos, locker, in manchen Fällen unterhaltend oder sogar lustig. Das schafft Vertrauen, bringt den strengen Salafisten Likes und eine treue Fangemeinde.

In seinem aktuellsten Video spricht Baraa über Palästina
In einem anderen einfach nur um die Frage, ob es erlaubt es die Modemarke Gucci zu tragen

Doch die kurzen, unterhaltsamen Videos sind nicht harmlos, sondern in ihrem Inhalt höchst problematisch und manchmal verfassungsfeindlich. Abul Baraa spricht in seinem neuesten Video etwa über zionistische Terroristen und meint damit die Israelis. Er verwendet Begriffe wie „zionistische Apartheitsdynastie“ und mahnt an, Palästina wäre wie die Ukraine, die von den Russen überfallen werde. Die Russen sind hier in diesem Fall die Israelis. In anderen spricht er davon, dass man als Muslim Frauen nicht die Hand geben darf und Frauen sich mit Kopftüchern bedecken sollen.

Den Axel-Springer-Verlag nennt er in dem Video „die übelsten aller Zionisten“ und beschimpft diese als Menschen, die am liebsten die Muslime tot sehen würden und „ihre Seele an den Sheytan (Teufel) verkauft haben.“ Es wird ein Bild geschaffen, dass sich in vielen seiner Videos und Reden immer wieder widerspiegelt: Die Gegner des Islams, die Ungläubigen, die Regierung, die Zionisten wollen ihn und seine Religion vernichten und es wäre Pflicht, sich gegen diesen Versuch der Ungläubigen mit voller Kraft zu wehren.

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Baraa ist durch solche Reden inzwischen über die sozialen Medien hinaus zu einer essenziellen Figur der islamischen Community in Deutschland geworden. Er ist enorm aktiv, hält Vorträge in vielen deutschen Städten, deren Inhalte ebenfalls hundertfach in den sozialen Netzwerken geteilt werden. Was er sagt, halten inzwischen immer mehr junge Nutzer für wahr und gegeben an. Völlig unkritisch werden seine Feindbilder, seine Predigten geteilt. So verbreiten sich diese salafistischen Botschaften Stück für Stück.

Baraa wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Auf hr-Anfrage erklärt Hessens Verfassungsschutz-Präsident Bernd Neumann im Juli 2023: „Wir müssen aufgrund der angekündigten Prediger davon ausgehen, dass die Veranstaltung und Redebeiträge der salafistischen Islamauslegung folgen werden“, als man eine Veranstaltung an der Baraa als Redner auftreten sollte, absagte. „Salafisten lehnen unsere freiheitliche Demokratie und pluralistische Gesellschaft ab. Als LfV Hessen weisen wir deshalb ausdrücklich darauf hin, dass hier unter dem Deckmantel eines religiösen Islam-Seminars eine extremistische Agenda verfolgt wird“, hieß es damals.

In diesem Video erklärt Baraa, dass man Frauen nicht die Hand gibt.

Die Predigten von Abul Baraa enthalten nach Einschätzung des niedersächsischen Verfassungsschutzes „klassische Elemente des Salafismus wie die Erhebung salafistischer Muslime über alle anderen Menschen sowie die klare Trennung zwischen Gläubigen und Ungläubigen“.

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Sheikh Ibrahim: Die Botschaften Allahs als unterhaltsames Kurzformat

Baraa ist längst nicht mehr der Einzige Influencer, der dieses Feld erfolgreich bedient. Sheikh Ibrahim, auf den sozialen Plattformen veröffentlicht er unter dem Username „Islamcontent5778“, hat ein ganz ähnliches Modell gefunden und eine ebenfalls treue Fanbase sich damit erarbeitet. Er setzt allein auf Fragen von Zuschauern, die er von einem Kollegen gestellt bekommt und dann spontan auf diese eine Antwort gibt. Das wird manchmal lustig, wenn Zuschauer den Gelehrten ärgern wollen und lächerliche Fragen wie „Darf man Aliens essen?“ oder „Eistee Pfirsich oder Zitrone?“ fragen, aber hat oft auch eine enorme Ernsthaftigkeit.

Denn anders als Baraa, der in seinen Videos nahbar und lächelnd erscheint, ist Sheikh Ibrahim distanziert, lacht ganz selten und beantwortet jede Frage, so sinnlos sie sein mag, mit brutaler Ernsthaftigkeit und Ruhe.

Sheikh Ibrahim wird nach seiner Eistee-Sorte gefragt

Sheikh Ibrahim erzählt dann in seinen Videos, wie sich ein ehrenvoller Muslim oder eine ehrenvolle Muslima sich verhalten muss. Christliche Freunde? Tabu. Muslimische Frauen sollen nur zu weiblichen Ärzten gehen, sind im Generellen unter dem Mann einzuordnen. Ohne den Mann Sport machen, offenes Haar – alles verpönt unter dem Sheikh.

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Das formuliert Ibrahim völlig offen, mit großem Anklang. „Islamcontent5778“ erreicht mit seinen Videos bis zu 1 Mio. Aufrufe, hatte, vor seiner Sperrung, mehr als 350.000 Follower plattformübergreifend. Ibrahim El-Azzazi, so heißt der Sheikh in Wirklichkeit, wird grund seiner Inhalte seit einiger Zeit vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Den verachtet Ibrahim auf Eigenaussage bei dem Magazin Y-Kollektiv. Laut Verfassungsschutz Niedersachsen ist Ibrahim Teil der Deutschsprachigen Muslimischen Gemeinschaft in Braunschweig und damit Teil von einer der zentralen Knotenpunkte der deutschsprachigen salafistischen Szene.

Marcel Krass: Islamismus mit einem Touch von Yoga

Ein weitere, eher zurückhaltender Akteur in der Influencer-Szene ist der Deutsche Marcel Krass. Unter seinem Kanal „Föderale Islamische Union“ postet er auf YouTube lange Videos, in denen er aus Sicht eines zum Islam konvertierten Mann spricht, der nach eigener Aussage „die Menschen retten will“. Sein Sprachstil zeichnet sich durch eine sehr ruhige, fast meditative Art aus, die gelernt sein muss. Seine radikalen Botschaften wirken dadurch sanft, selbsterklärend, beinah beruhigend. Ebenfalls mit riesigem Erfolg. Krass wird hundertfach geteilt, seine langen Videos werden in kurzen Clips auf TikTok ausgespielt und haben dort großen Erfolg.

Lächelndes Gesicht, ruhige Stimme, böse Gedanken: Marcel Krass gibt sich in seine Videos als sehr seriös.

In seinen Videos behandelt er höchst sensible Themen mit radikalsten Botschaften, die er hinter seiner Sprechart und seinem sehr seriösen Auftreten tarnt. Krass spricht in einem seiner Videos etwa ganz offen, dass wahre Gerechtigkeit nur von Gott komme und nur durch die Befolgung der Scharia erreicht werden könne. Seine Argumentation, die auf eine grundsätzliche Delegitimierung staatlicher Autoritäten abzielt, endet in der Vision, dass alle Muslime weltweit einen Staat nach islamischem Recht anstrebten, in dem sie gemeinsam und unter sich leben könnten. Der Islam müsse deswegen auch nicht Grundgesetz-konform sein, heißt es in einem seiner aktuellsten Videos.

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Gleich in mehreren Bundesländern tauchte der Name Marcel Krass in der Vergangenheit in den Verfassungsschutzberichten auf. Der baden-württembergische Verfassungsschutz nennt Krass eine „seit zwei Jahrzehnten feste Größe“ in der salafistischen Szene Deutschlands.

Der Tagesspiegel berichtete im Januar dieses Jahres, als ein Auftritt von Krass verboten wurde, das rührt Krass wohl enge Kontakte soll Krass zu den führenden Salafisten Pierre Vogel und Sven Lau pflege. Als damaliger Leiter des „Islamischen Zentrums Münster“ wurden Krass außerdem Kontakte zu Ziad Jarrah, einem der islamistischen Terroristen vom 11. September 2001 in New York nachgewiesen. Mehrmals telefonierten die beiden, unter anderem zeitnah zu den Anschlägen auf das World Trade Center.

Eine gefährliche Entwicklung in den sozialen Medien

Durch solche kurzen Videos auf TikTok oder YouTube gelingt es diesen salafistischen Kräften wieder salonfähig zu werden. Alle drei, Baraa, Ibrahim und Krass sind eigentlich gescheiterte Prediger – nun haben sie ein riesiges Publikum, denen sie ihre radikalen Botschaften vermitteln können. So bildet sich neben lustigen Katzenvideos und Beauty-Tipps eine stramm salafistische Community, die die Feindbilder ihrer „Influencer“ übernehmen und in ihr eigenes Leben übernehmen. Etwas, was ohne TikTok nicht möglich wäre, denn wer geht im Alter von 13 bis 21 schon auf islamische Vorträge in Braunschweig?

Aber so, als Kurzformat während man auf dem heimischen Sofa sitzt, sind diese Videos unterhaltsam und durch die Einfachheit der Aussagen für junges Publikum sehr verständlich. Gerade jetzt, in Zeiten des Hamas-Kriegs gegen Israel spielt das eine enorme Rolle, in der zunehmenden Anfeindung gegen Juden und den Staat Israel aus der muslimischen Community in Deutschland.

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