„Die Comedy-Szene ist gerade wenig lustig, sondern sehr moralisch“, sagte Komiker Luke Mockridge vor wenigen Tagen in einem Podcast seiner Comedy-Kollegin Joyce. Nach zwei Jahren des Schweigens hat sich der Stand-up-Comedian erstmalig wieder persönlich zu den Vergewaltigungsvorwürfen gegen ihn geäußert. In einem einstündigen Gespräch resümiert er über Medienkollegen, die gegen ihn in den Krieg gezogen sind, über die Frau, die ihn wegen versuchter Vergewaltigung angezeigt hatte, aber vor allem viel über sich selbst.
So als wollten sie Mockridges These bestätigen, folgte am Dienstag ein Statement seiner Komiker-Kollegen Hazel Brugger und Thomas Spitzer. Sie stellten klar, dass sich die Sachlage im Fall Mockridge nicht geändert habe – weder seine Schuld noch seine Unschuld können bis heute bewiesen werden. „Wir haben […] niemanden gecancelt“, schreiben die beiden Comedians in den sozialen Medien und wiederholen diese Behauptung auch in einem am selben Tag veröffentlichten ausführlichen Podcast zu dem Thema. Bereuen tun die beiden offensichtlich nichts.
Hazel Brugger und ihr Mann Thomas Spitzer hatten im Herbst 2021 viel mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als sie zur Preisverleihung des Comedypreises in T-Shirts mit der Aufschrift „Konsequenzen für Comedian XY“ gekommen waren. Damit war ohne Zweifel Mockridge gemeint. Die Preisvergabe fand im Herbst 2021 statt, nur ein Monat nachdem der Spiegel in einer großen Reportage die Vorwürfe gegen Luke Mockridge neu aufgezogen hatte.
Darin kam die Ex-Freundin zu Wort, die Mockridge wegen versuchter Vergewaltigung angezeigt hatte, jedoch damit vor Gericht scheiterte. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Generalstaatsanwaltschaft stellten die Ermittlungen zu dem Fall wegen mangelnder Beweise ein. Im Juni 2020 war der Fall Mockridge damit gerichtlich schon vorbei und die Vergewaltigungsvorwürfe formal vom Tisch.
Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung scheiterte vor Gericht
Doch dass die juristischen Entscheidungen für die öffentliche Meinung keine Rolle spielten, das erfuhr Mockridge nicht lange danach. Im Frühjahr 2021 wurden in den Sozialen Medien Forderungen laut, Luke solle Konsequenzen für sein Verhalten zu spüren bekommen. Ende August kündigte Mockridge in einem Instagram-Video an, dass er die geplanten Auftritte für den Rest des Jahres absagen müsse. Schon damals beteuerte er, dass an den Vorwürfen nichts dran sei und versicherte, sich „professionelle Hilfe“ geholt zu haben, um herauszufinden, wie er „dort gelandet sei, wo er jetzt ist“. Heute resümiert Mockridge im Podcast mit Joyce über diese Zeit: „Ich hatte das Gefühl, Social Media hat die Deutungshoheit über meinen Fall der Justiz entzogen.“ Plötzlich habe der Shitstorm im Netz reale Konsequenzen in seinem Alltag gehabt. Er habe Jobs verloren, seine Eltern haben Jobs verloren, sein Bruder sei aus der Fahrschule geflogen. Auch berühmte und früher vertraute Kolleginnen wie Carolin Kebekus hätten damals von ihm Abstand genommen.
Im September folgte dann der erwähnte Spiegel-Artikel, in dem Mockridges Ex-Freundin erneut schilderte, wie aus ihrer Sicht die Nacht abgelaufen sein soll, die sie später dazu veranlasst hatte, die Anzeige gegen Mockridge zu stellen. Es soll im Frühjahr 2019 gewesen sein, dass sie und Mockridge eine Nacht zusammen verbracht hatten. Der Spiegel gibt die Vorwürfe der Ex-Freundin so wieder: „Dann beschreibt sie eine Nacht, in der ihr Ex sie heftig durchs Bett gewirbelt habe, obwohl sie ihm immer wieder gesagt habe, sie wolle das nicht. Er habe sie mit dem Oberkörper aufs Bett gedrückt, habe ihr die Hose runtergezogen und angefangen, dort an ihr rumzuspielen. Plötzlich habe er aufgehört und gesagt: ‚Boah, ich wollte dich jetzt einfach vergewaltigen, aber ich hab’s jetzt doch nicht gemacht.‘“
Der Spiegel erwähnt danach zwar, dass die Vorwürfe vor Gericht nicht standgehalten haben, zeichnet jedoch im Artikel das Bild eines Mannes, der zwar nicht erwiesenermaßen versucht habe, eine Frau zu vergewaltigen, der charakterlich jedoch so ekelhaft und ungezügelt sei, dass man es sich durchaus vorstellen könne. Dazu führt das Magazin Erzählungen verschiedener anonymer Frauen an, die Kontakt zu Mockridge gehabt haben wollen. Eine Frau, die angeblich zwei Jahre mit Mockridge zusammen war, schildert, dass er in ihrer Beziehung „immer wieder Grenzen übertreten“ und sich „nicht im Griff“ gehabt habe. Eine andere anonyme Frau erzählt, dass sie von Mockridge einmal fest am Hintern gepackt worden sei, während sie eigentlich nur ein Foto mit ihm machen wollte.
Während Mockridge in der Psychiatrie war, zogen seine Kollegen über ihn her
Hazel Brugger und Thomas Spitzer sprechen in ihrem Podcast von Dienstag darüber, dass es ihnen bei der Comedypreis-Verleihung im Oktober 2021 ein Bedürfnis war, dafür einzustehen, dass diesen Frauen zugehört werde. Dass man nicht automatisch dem Mann glaube. Schon 2021 hatte Spitzer gewittert: „Dass sich ein GEWISSER COMEDIAN Fehltritte gegenüber Frauen geleistet hat, steht in der Kölner Entertainment-Szene außer Frage. Jede:r hat grenzwertige Situationen bezeugt, Geschichten gehört.“ Komiker-Kollegin Maren Kroymann hatte bei der Preisverleihung 2021 ähnliche Kritik an Mockridge geäußert: „Ein Kollege hat Übergriffe gemacht und eine Kollegin hat das gesagt. Ich hätte mir gewünscht, dass man den Frauen glaubt.“
Was die Comedians umkommentiert lassen, ist, dass sich Mockridge zum Zeitpunkt ihrer Comedypreis-Aktion im Herbst 2021 bereits in psychiatrischer Behandlung in einer Klinik befand. Von dem Psychiatrie-Aufenthalt berichtet er selbst im neuen Podcast mit Joyce. Er sei damals zwangseingewiesen worden, erzählt Mockridge und deutet an, dass er versucht habe, sich das Leben zu nehmen. Er sei daraufhin drei Monate in der Klinik gewesen, habe dort Psychotherapie gemacht und Medikamente bekommen. Unter anderem habe er Tavor genommen, ein starkes Beruhigungsmittel. Der Klinikaufenthalt war damals schon unter Kollegen bekannt, sagt Mockridge, Brugger und Spitz mussten also davon gewusst haben, als sie ihren Auftritt beim Comedypreis performten.
Mockridge schildert diese Dinge offen vor laufender Kamera. Berichtet, dass ihm die Therapie sehr geholfen habe zu verstehen, was sein eigener Anteil an dieser Geschichte war. Dabei gibt er sich reuevoll: „So wie mein Leben gelaufen ist, war irgendeine Art Knall unausweichlich. Da waren ganz viele Faktoren, Karriere, Ruhm […] viel Geld, Macht – damit Mitte 20 umzugehen, das führt halt zu Fehlern.“ Er habe die Situation „ein Stück weit selber kreiert“, sagt Mockridge und erklärt, dass seine Selbstwertprobleme dazu geführt haben, dass er sich eine Frau ausgesucht habe, die ihn ständig heruntergemacht hat. Gegenüber Joyce erklärt er: „Wenn du alle haben kannst, willst du die, die dich scheiße findet.“ Dass das kein gesunder Nährboden für eine Beziehung sei, wisse er nun auch.
Ein gebrochener Mann
Mockridge hört sich an, wie ein junger Mann, der gerade aus seiner Selbstfindungstour aus Indien zurückgekommen ist. Wie er da so sitzt, im bunten Hanf-Hemd mit lässiger Körperhaltung, immer wieder lachend und witzelnd, bekommt man den Eindruck, dass der Comedian allen voran sehr gerne der Öffentlichkeit zeigen will, dass es ihm wieder gut gehe. Vielleicht auch, um seine neue Tour zu promoten. Wer will schon zu einem depressiven Komiker gehen? Doch hinter dieser lockeren Fassade steckt, so hat man den Eindruck, immer noch ein tief verletzter, ja vielleicht gebrochener Mann. Ein Mann, der aus Höhenflügen, die er nicht verarbeiten konnte, sehr hart auf den Boden gefallen ist – und nun versucht, wieder aufzustehen. Ob ihm das gelingt, wird man sehen. Einen derartigen Tiefpunkt in ihrem Leben verarbeiten manche Menschen nie.
Vor diesem Hintergrund wirkt es besonders kalt, wenn Hazel Brugger und Thomas Spitzer in ihrem neuen Podcast betonen, dass sie bis heute keinen Grund sehen, sich bei Mockridge für ihre Comedypreis-Aktion zu entschuldigen. Als Begründung führen sie ihre gute Absicht für die Aktion an und dass ja immer noch nicht bewiesen wäre, dass Mockridge unschuldig sei. Außerdem betonen sie, dass sie privat ja nichts gegen Mockridge hätten, sie als Comedyfirma jedoch eine bestimmte Message verbreiten wollen. Diese sei laut Brugger: Die Comedyszene in Deutschland ist eine „Szene des Respekts“ und nicht eine Szene, in der MeToo und sexuelle Gewalt stattfinden. Spitzer betont: „Man muss immer unterscheiden zwischen privat und öffentlich.“
Reue gibt es keine
Es ist interessant, dass Brugger und Spitzer den Unterschied zwischen Privatem und Öffentlichem bemühen, während sie Mockridge genau das offensichtlich nicht zustehen wollen. Nach allem, was man bis heute weiß, hat der Anfang dreißigjährige Comedian nichts Strafbares gemacht. Und selbst, wenn man den Frauen glaubt, die behaupten, er hätte sie ohne ihr Einverständnis betatscht, stellt sich die Frage: Wieso machen diese Frauen Jahre danach ein Drama daraus? Wieso haben sie sich nicht einfach zum Zeitpunkt der Tat gewehrt und die Sache dann vergessen? Es ist recht absurd, Mockridge vier Jahre nachdem er sich von besagter Freundin getrennt hat, immer noch als möglichen Vergewaltiger darzustellen, obwohl es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt. „Ich möchte nicht dafür bekannt sein, mit wem ich schlafe“, sagt Mockridge im Podcast mit Joyce, deswegen habe er so lange zu den Vorwürfen geschwiegen. Er habe versucht, Öffentliches von Privatem zu trennen.
Den Vogel schießen Brugger und Spitzer schließlich damit ab, indem sie in ihrem neuen Podcast einen Spiegel-Anwalt interviewen, der ihnen (welch Überraschung) erklärt, warum die Berichterstattung des Magazins gegen Mockridge zulässig gewesen sei. Von ihm kommen erstaunliche Erklärungen wie beispielsweise die, dass das Pochen auf die Unschuldsvermutung im Fall Mockridge ja dahingehend eine Grenze habe, dass diese Unschuldsvermutung ja genauso für die Frau gelte, die ihn beschuldigt. Immerhin würde sie sich mit einer Falschaussage ja auch strafbar machen, weswegen die Presse erstmal davon ausgehen sollte, dass sie die Wahrheit sage. Dass die Frau im Gegenteil zu Mockridge nicht angezeigt wurde und nicht im Zentrum der Berichterstattung steht, scheint für den Anwalt nicht von Belang zu sein.
Interessant ist auch, dass Spitzer explizit betont, dass der Spiegel „kein Klatschblatt“ sei. Immerhin gebe es bei Medien wie Spiegel, FAZ, Zeit, SZ gewisse journalistische Standards, während Klatschblätter nur „irgendwas schreiben“ und hoffen, dafür nicht zu viel Strafe zahlen zu müssen. Spitzer finde es außerdem „cool“, dass sich der Spiegel nicht von den Gerichtsentscheiden gegen ihre MeToo-Berichterstattung einschüchtern ließe. Er verstehe das als Kampf für die Pressefreiheit. Konkret sagt Spitzer: Es gebe in Deutschland nicht wie in anderen Ländern einen König, über den man nicht berichten darf. Das zeige der Spiegel mit seiner Berichterstattung.
Was die Comedians nicht merken: Mockridge ist kein König. Er ist nicht unantastbar. Im Gegenteil. Wenn die „MeToo“-Bewegung eines gezeigt hat, dann, dass sich die vermeintliche Macht berühmter Männer urplötzlich in Luft auflöst, sobald ihnen Missbrauchsvorwürfe gemacht werden. In der öffentlichen Meinung und der Berichterstattung können sie auf keine Unschuldsvermutung mehr hoffen. Sie müssen sich darauf einstellen, dass die Medien über sie richten, auch wenn Gerichte sie freisprechen. Mockridge ist daran fast zerbrochen. Dennoch traten seine Komiker-Kollegen nach, als er schon am Boden lag. Und halten das heute noch für mutig.
Zitat: Die Comedyszene in Deutschland ist eine „Szene des Respekts“
DAS ist Comedy! Selten so gelacht. 😆😂😁
Böhmermann, heute-show (Welke & Co) und die anderen linksgrünwoken Haltungs-Clowns strotzen nur so vor Respektlosigkeit. Sowas wie Respekt kennen die doch gar nicht (ich erinnere nur mal an den angeblich satirischen „Ziegenficker“ oder die angeblich satirische „Nazi-Schlampe“…).
Comedyszene als „Szene des Respekts“… haha… hahaha… hahahaha… hahahahaha…
Comedy ist eine Pseudo-Promi-Kreislaufwirtschaft, in der Menschen ihre Seele gegen Cash verkaufen und sich dann wundern, dass in dieser Welt das knallharte Motto gilt: Fressen, um nicht selbst gefressen zu werden.
„… das seine Unschuld nicht bewiesen ist.“
Das erinnert mich ein wenig an Onlinehändler, die angeblich ein Packet geliefert haben und der Empfänger beweisen soll, dass er es nicht bekommen hat.
Man muss sich einfach nur mal zu Gemüte führen, was für Figuren heutzutage diese „Comedian“-Szene bevölkern. Spitzenexponate mit Brechreizgarantie wie Böhmermann setzen dort den Maßstab – in „Correctness“ und auch Humor, der bei etlichen dieser Gestalten in etwa mit dem Vergnügen einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt vergleichbar ist.
Der Rest ist so derart farblos langweilig, dass es mir vollkommen unerklärlich ist, wie die damit ihren Lebensunterhalt verdienen können. Hazel Brugger gehört in letztere Kategorie, hat aber durch diese Aktion Publicity bekommen – und NICHTS ist für diese Leute wichtiger als das. Dafür tritt man auch schon mal Kollegen in die Gosse, zumal wenn es dafür noch das wohlige Gefühl moralischer Erhabenheit gratis obendrauf gibt.
Allerdings haben es die ganzen #meetoo-Schranzen nicht nur in den USA derart überzogen, dass gerade die gesellschaftliche Stimmung kippt und sie eben nicht mehr als #Opfer goutiert werden, sondern eher als toxisch.
Und zum „SPIEGEL“ muss man eh nichts mehr sagen. Der geht unter reichlich Verlust von Lesern seit weit über 15 Jahren kontinuierlich seinen Weg in die Gosse. Möge er alsbald in der wohlverdienten Insolvenz ankommen. Das sage ich als ehedem langjähriger Abonnent dieses nunmehrigen Schundjournals
Sorry, aber ich habe nicht alles gelesen, da mich diese „Szene“ beim besten Willen nicht mehr interessiert. Seit RTL Samstag Nacht und SAT1 Wochenshow gibt aus meiner Sicht einen massiven Abstieg in Sachen Humor im TV. Es wird leider viel zu häufig unter der Gürtellinie agiert und ebenso auch stark politisch motiviert (hatte ja jetzt mal eine Dame von der Heute Show zugegeben).
Von dem Herrn oben habe ich ab und zu beim Zappen Vorschauen gesehen oder kurz mal die Sendung, dann aber weitergeschaltet. Soweit ich es mitbekommen habe, war er auch nicht gerade zimperlich im Umgang mit anderen. Und Nachtreten ist nun mal die Szene, in der er war oder ist.
Dass solche Vorwürfe Menschen kaputt machen, ist unbestritten. Es gab ja ausreichend Beispiele. Herr Kachelmann hat sich wieder hochgearbeitet. Schafft er vermutlich auch.
Leider ist es aber die neue Art des Zusammenlebens, die schnell ausschließt und Urteile fällt. Und die Medien haben nochmals eigene Regeln (siehe auch Entscheidung Berlin und Claudia Roth).
Es ist unglaublich, dass diese „Komikerkollegen“ Hazel Brugger und Thomas Spitzer es offenbar sich selbst vorlügen können, dass die Comedy-Szene eine „Szene des Respekts“ ist. Und sie selbst halten sich vermutlich für die Speerspitze der Respektsbewegung. Und zwar, in dem sie Vorwürfe und Mutmaßungen als ausreichend ansehen, jemanden wirksam zu verurteilen, also Selbstjustiz ausüben, weil sie das Gerichtsurteil, welches Luke M. für unschuldig erklärt hat, nicht anerkennen.
Mich interessiert weder dieser Komiker noch die Comedian-Szene, aber ich finde es sehr wichtig, an jeder Stelle die Lynchmob-Einstellung dieser ganzen Metoo- & Cancel Culture-Bewegung offen zu legen.
Ja, diese angeblichen Menschenfreunde sind die kältesten Leute, die man sich vorstellen kann. Wer ihnen in die Quere kommt, wird erbarmungslos gehetzt.
„Da draußen wohnt ein Monster.“ heißt es in Juli Zehs neuem Roman – und so ist es wirklich.
Gut, dass es dagegen langsam Widerstand gibt – und Sie, Frau Fußer sind da ganz vorne weg! Hut ab und weiter so!
Ich empfinde nur noch Verachtung über die Dinge, die in Deutschland geschehen.