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Thüringen

Wegen AfD: Expertengremium will Verbot von Volksbefragungen

Ein Expertengremium in Thüringen schlägt dringende Verfassungsänderungen vor, die die Demokratie vor „autoritär-populistischen“ Parteien schützen sollen. Unter anderem ein Verbot von Volksbefragungen und ein Ende der Zwei-Drittel-Mehrheit für die Richterwahl – so könnte man dort die AfD umgehen.

Mit Blick auf die bevorstehende Landtagswahl am 1. September in Thüringen hat ein Expertengremium Verfassungsänderungen vorgeschlagen, die die Demokratie im Freistaat vor autoritären und populistischen Tendenzen schützen soll – konkret hat man vor allem Angst vor einem Wahlsieg der AfD.

Organisiert von der Juristen-Plattform Verfassungsblog lieferte das „Thüringen-Projekt“ mehrere Vorschläge, um staatlichen Institutionen in Thüringen Verfassung vor „autoritär-populistischen“ Parteien auf die staatlichen Institutionen. Die Lösungen, die die Demokratie schützen sollen: ein Verbot von Volksbefragungen und Beschränkungen von Blockaderechten der Opposition.

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Verbot von Volksbefragungen?

Eine Forderung ist etwa das pauschale Verbot von sogenannten Volksbefragungen. Mit der Begründung, die Regierung könne so durch Suggestivfragen, Falschinformationen und undurchsichtige Erhebungs- und Auswertungsmethoden die Antworten der Befragten lenken, sodass es so wirke, als würde die Bevölkerung, die Absichten einer autoritären Regierung unterstützten, will man solche Konsultationen verbieten.

Eine autoritäre Partei könnte die Befragung der Bevölkerung dann für politische Zwecke nutzen und Regierungsabsichten mit dem vermeintlichen, konstruierten „Volkswillen“ begründen. In dem Papier schreibt man: „Die AfD-Bundestagsfraktion hat das Missbrauchspotenzial konsultativer Volksbefragungen erkannt und im März 2023 einen entsprechenden Antrag für eine Grundgesetzänderung eingebracht.“

Damit die AfD damit nicht in Thüringen beginnen könne, sollen solche Befragungen nur durch Verfassungsänderung möglich gemacht werden und dafür explizit in der Verfassung genannt werden. Die Verfassung laute dann: „Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus. Es verwirklicht seinen Willen durch Wahlen, Volksbegehren und Volksentscheid. Alle weiteren Formen von Volksabstimmungen und von Volksbefragungen sind nur durch Verfassungsänderung zulässig.“

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Richterwahl-Blockade soll abgeschafft werden

Eine der zentralen Empfehlungen betrifft auch die Blockade bei der Wahl von Richtern für das Thüringer Verfassungsgericht. Die AfD, wenn sie die gegenwärtigen Umfragewerte halten kann, könnte mehr als ein Drittel der Sitze im Thüringer Landtag bekommen – sie könnte dann Abstimmungen blockieren, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist. Dazu gehört in Thüringen zum Beispiel auch die Wahl von Richtern für den Verfassungsgerichtshof.

Daher schlägt das Expertengremium einen Antiblockade-Mechanismus vor, der sicherstellen soll, dass wichtige Entscheidungen nicht durch eine Minderheit blockiert werden können – also im Zweifel keine Zwei-Drittel-Mehrheit mehr nötig ist. Wenn für längere Zeit kein Richter gewählt wird, solle das Vorschlagsrecht an das Gericht zurückgehen können und die Mehrheitserfordernis von einer Zwei-Drittel-Mehrheit auf die absolute Mehrheit abgesenkt werden. Die AfD könne dann nicht mehr blockieren.

Schutz des Medienstaatsvertrags und „Not-Aus“

Des Weiteren wurde vorgeschlagen, dass die Möglichkeit, Medienstaatsverträge durch den Ministerpräsidenten allein zu kündigen, eingeschränkt wird. Stattdessen soll das Parlament in diesen Prozess eingebunden werden. Ähnlich soll die Unabhängigkeit der Landeszentrale für politische Bildung gestärkt werden, indem sie als Anstalt öffentlichen Rechts auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird. Damit würden die aktuell dort bestehenden Strukturen auch nach in AfD-Regierung weitermachen können.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Einführung eines „Not-Aus“-Mechanismus im Falle einer gescheiterten Ministerpräsidentenwahl. Dieser Mechanismus würde es dem Parlament ermöglichen, über seine eigene Auflösung abzustimmen und eine Neuwahl zu initiieren, wenn eine Regierungsbildung blockiert wird.

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