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Rede vom Bundeskanzler

Scholz bei Gedenken zur Reichspogromnacht: Dürfen muslimischen Bürgern nicht „den Platz in unserer Gesellschaft absprechen“

Anlässlich des 85. Jahrestages der Reichspogromnacht lud der Zentralrat der Juden zu einer Gedenkveranstaltung in Berlin ein. Während Zentralratspräsident Josef Schuster erklärt, dass er Deutschland wegen antisemitischer Vorfälle nicht wiedererkenne, warnt Kanzler Scholz vor einer pauschalen Verurteilung von Muslimen.

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Unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen fand am Donnerstag in Berlin die Gedenkfeier anlässlich des 85. Jahrestages der Reichspogromnacht statt. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte die Veranstaltung organisiert und dazu eingeladen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie mehrere Kabinettsmitglieder nahmen an der Veranstaltung teil. Bundeskanzler Olaf Scholz sowie der Präsident des Zentralrats der Juden Josef Schuster sprachen zum Gedenktag. In der Synagoge in der Berliner Brunnenstraße, Beth Zion, die erst vor wenigen Wochen Ziel eines Anschlags mit Molotow-Cocktails war, wurde die Gedenkveranstaltung abgehalten.

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Olaf Scholz begnügte sich bei seiner Rede überwiegend mit Phrasen. So müsse man sich gegen die Unterteilung in „wir und die da“ stark machen. „Jede Form von Antisemitismus, Terrorpropaganda und Menschenfeindlichkeit bekämpfen wir in Deutschland“, erklärte Scholz weiter. Das Versprechen „Nie wieder“ müsse man gerade jetzt einhalten.

Scholz: Dürfen Muslimen nicht den „Platz in unserer Gesellschaft“ absprechen

Zumindest am Rande äußerte sich auch zum Islamismus-Problem in Deutschland. „Jede Form von Antisemitismus vergiftet unsere Gesellschaft, so wie jetzt islamistische Demonstrationen und Kundgebungen“, führte Scholz aus. Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht wolle man künftig regeln, dass Antisemitismus einer Einbürgerung künftig im Wege steht. „Antisemitismus, wer das macht, riskiert auch den aufenthaltsrechtlichen Status“, so Scholz weiter. Darüber hinaus müsse man darauf achten, im „Einwanderungsland Deutschland“ auch jene zu „erreichen, in deren Herkunftsländern nicht oder vollkommen anders von der Schoa gesprochen wird“.

Die Islamismus-Problematik ließ Scholz nicht ohne Einordnung: Er betonte ausdrücklich, dass es keine Rolle spielen dürfe, ob „Antisemitismus politisch motiviert ist oder religiös, ob er von links kommt oder von rechts, ob er seit Jahrhunderten hier gewachsen ist oder von außen ins Land kommt.“ Und weiter: „Zugleich dürfen wir nicht denen auf den Leim gehen, die jetzt ihre Chance wittern über fünf Millionen muslimischen Bürgerinnen und Bürgern pauschal den Platz in unserer Gesellschaft abzusprechen“.

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Josef Schuster: „Wir wollen frei leben“

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, äußerte sich in seiner Rede mit wesentlich mehr Biss. Er zog in seiner Rede einen direkten Vergleich zwischen der Reichspogromnacht und dem Angriff der Hamas. „Die Beschreibungen gleichen sich“, so Schuster. In beiden Fällen sprach er von einem „Pogrom“.

Schuster fragte, wie weit man auch hierzulande noch von marodierenden antisemitischen Mobs entfernt sei. Noch vor fünf Wochen hätte er sich so etwas in Deutschland nicht vorstellen können. Heute sei er sich nicht mehr so sicher, wenn er sich die Bilder in Berlin vor dem Brandenburger Tor am 21. Oktober anschaue. Schuster spielte hier auf ein Gebet von über 1000 Muslimen vor Deutschlands Wahrzeichen an. In den letzten Wochen „erkenne“ er dieses Land in „nicht wieder“. Die Auslöschung aller Juden könne offen auf Deutschlands Straßen gefordert werden. „Es gibt eine Parallele in der Geisteshaltung radikaler Islamisten, die die Vernichtung Israels und der Juden wollen, und den rechtsextremen Verächtern unserer Erinnerung an die Schoa“, so der Präsident des Zentralrats der Juden.

Es sei zugelassen worden, dass die Vernichtung Israels auf deutschen Straßen offen durch Menschen mit arabischem Migrationshintergrund gefordert werde. Auch in „linksextremen und immer mehr linken Kreisen“ sei die Verachtung zu spüren auch der des 9. Novembers 1938. „Es ist etwas aus den Fugen gelaufen in diesem Land“, sagte Schuster. Antisemitismus sei in Deutschland „bis in die Mitte vorgedrungen“. „Schutz ist gut und wichtig. Aber wir wollen keine Schutzschilder. Wir wollen frei Leben“, so Schuster.

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