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Krah-Mitarbeiter verhaftet: Chinas Freund in Brüssel

Ein Mitarbeiter von AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah wird wegen Spionage für die chinesische Staatssicherheit verhaftet. Der Fall bringt Krah zusätzlich in Bedrängnis - und wirft ein Licht auf die fragwürdigen Haltungen und Verbindungen des Politikers zur Volksrepublik.

In der Nacht zum Dienstag ist ein Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah festgenommen worden. Jian Guo ist für den Abgeordneten im Europaparlament tätig. Dem chinesischstämmigen deutschen Staatsbürger wird laut des Generalbundesanwalts Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt. Nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio, RBB und SWR soll Jian für den chinesischen Geheimdienst gearbeitet haben. Er soll sowohl in Brüssel als auch in Dresden leben und ist als Assistent für Krah tätig.

Die Ermittler vermuten, dass er als Teil seiner Tätigkeit Informationen aus dem EU-Parlament an das chinesische Ministerium für Staatssicherheit (MSS) weitergegeben hat. Insbesondere werfen sie ihm vor, chinesische Oppositionsgruppen in Deutschland ausspioniert zu haben. Maximilian Krah erklärte am Vormittag im sozialen Netzwerk X, dass er von der Festnahme aus der Presse erfahren habe. „Die Spionagetätigkeit für einen fremden Staat ist eine schwere Anschuldigung. Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen.“

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Unregelmäßigkeiten: Jian seit langem verdächtig

Berichte des englischsprachigen Mediums European Conservative warfen bereits vergangenes Jahr ein Licht auf den 42-jährigen chinesischen Berater von Krah. Jian erregte das Misstrauen mehrerer Kollegen wegen seiner mangelnden Englisch- oder Deutschkenntnisse, seiner aggressiven pro-chinesischen Lobbyarbeit für die Kommunistische Partei Chinas und seiner regelmäßigen Kontakte zu unbekannten chinesischen Delegationen im Parlament, schreibt das Portal. Parlamentskollegen, die von Jians Beschäftigung bei Krah wussten, erklärten gegenüber dem European Conservative, dass sie sich nicht sicher seien, wie Jian den Job überhaupt bekommen habe, und weisen auf seine mangelnden Englisch- oder Deutschkenntnisse und die Tatsache hin, dass er für die Rolle ungewöhnlich alt sei. Sie merkten auch an, dass weder Jian noch Krah eine Erklärung für solche Unregelmäßigkeiten geliefert hätten.

Jian wird auch zugeschrieben, China-Reisen für Krah organisiert zu haben. Bemerkenswert ist auch, dass bei diesen Reisen auch der 2023 für die AfD gewählte Bürgermeister aus Pirna, Tim Lochner, anwesend war. Lochner bezeichnete Jian als „unseren chinesischen Kontaktmann“. Während einer Reise wurde der Lokalpolitiker wie ein Staatsgast behandelt. Ihm wurde sogar ein Verdienstorden von der Kommunistischen Partei verliehen. Seitdem bezeichnet sich der AfD-Bürgermeister stolz als „Internationaler Freundschaftsbotschafter von Lishui“. Vor und nach der Reise wurden auch Zahlungen an das Umfeld von Jian geleistet, wie von t-online recherchiert wurde. Der Spiegel berichtete außerdem darüber, dass er mehrere Delegationsreisen für die AfD-Jugendorganisation angeboten hatte, inklusive Essen und Übernachtungen.

Der AfD-Europaabgeordnete Nicolaus Fest berichtete gegenüber dem European Conservative von Unregelmäßigkeiten rund um Jian. Er sei „auf den Fluren des Parlaments selten zu sehen oder zu hören. Niemand weiß, was er tut, niemand hat Kontakt mit ihm, niemand glaubt ernsthaft, dass er hier ist, um die Ziele der AfD voranzubringen. Man munkelt, dass er nach der niedrigsten Besoldungsgruppe bezahlt wird. Sollte sich dies bewahrheiten, wirft dies nicht nur weitere Fragen auf, sondern lässt auch vermuten, dass sein Einkommen möglicherweise durch andere Quellen aufgestockt wird.“ Fest wies auch darauf hin, dass Guos fehlende Präsenz in den sozialen Medien und sein nicht regelmäßiges Erscheinen zur Arbeit Anlass zur Sorge geben. Kollegen behaupten, Guo habe auf seiner kürzlich gelöschten Facebook-Seite offen über seine Sympathien für die KPCh gesprochen.

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Krahs fragwürdige Nähe zu Peking

Der Spionage-Skandal kommt für den AfD-Mann zur Unzeit, ist Krah doch noch immer in Vorwürfe bezüglich des prorussischen Einfluss-Netzwerkes rund um „Voice of Europe“ verstrickt. Der Fall hat besondere Brisanz: Immerhin tritt der Spitzenkandidat seit Jahren betont chinafreundlich auf. Da liegt der Verdacht nahe, dass die chinesische KP über einen engen Mitarbeiter relevanten Einfluss auf Krah ausgeübt haben könnte.

Seit Jahrzehnten hat Krah eine Verbindung zur Volksrepublik. Schon Anfang der 2000er bereiste er das Land. Und nach seinem Jurastudium und einer Promotion in Dresden absolvierte er ein internationales Management-Studium, dessen Auslandsstationen er in Hongkong und Shanghai verbrachte. 2018 reiste er erneut nach Shanghai – wie Recherchen von t-online belegen sollen, trat er damals bei einer Veranstaltung einer KP-nahen Gruppe auf. Sein Vortrag fand laut dem Portal unter der Schirmherrschaft der „Silk Road Think Tank Association“ (SRTA) statt, die im Auftrag der Auslandsabteilung des ZK der KP Chinas (IDCPC) Kontakte ins Ausland knüpfen soll.

Er habe sich „schlau gemacht über eines der größten Entwicklungsprojekte unserer Zeit, die Neue Seidenstraße“, erklärte Krah damals. Deutschen Sicherheitsbehörden gilt das IDCPC als Teil des chinesischen Geheimdienstapparates. Es spiele für die „Beschaffung hochwertiger politischer Informationen sowie zur Beeinflussung von Entscheidungsprozessen im Ausland“ eine zentrale Rolle, erklärte der Verfassungsschutz und warnte deutsche Politiker ausdrücklich vor Kontakten zu diesem Netzwerk. Ende 2019 reiste Krah erneut nach China. Er flog nach Peking, verbrachte sechs Tage in Luxushotels. Bezahlt wurde der Trip demnach vom staatlich gelenkten Technologiekonzern Huawei, der ebenfalls staatlichen China National Petroleum Corporation (CNPC) und mehreren direkt staatlichen Stellen.

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Gratulationen an die KP und Distanzierung von Amerika

Die schweizerische NZZ beschreibt Krah als „wichtigste[n] Vertreter eines pro-chinesischen Kurses in der AfD“.  In den letzten Jahren ist er unter anderem dadurch aufgefallen, dass er unterdrückerische chinesische Politik in Xinjiang oder Hongkong verteidigt oder Taiwan als Teil des chinesischen Staatsgebiets bezeichnet hat. Die Internierungslager für Uiguren und andere Minderheiten in Xinjiang hält er für „Gruselgeschichten“ und „Anti-China-Propaganda“, obwohl die Existenz solcher Lager umfassend nachgewiesen ist. 2020 erklärte Krah in einem Interview mit dem Portal Free West Media Verständnis für das „chinesische Volk“, das „auf die Wiedervereinigung mit Formosa hoffe und darauf hinarbeite“. „Formosa“ ist der veraltete, europäische Name für Taiwan und wird gerne verwendet, um dem de facto unabhängigen Inselstaat seine Souveränität abzusprechen.

Krah war auch Mitglied der inoffiziellen EU-China Friendship Group im EU-Parlament, die im Januar 2021 wegen zu enger Verbindungen zum chinesischen Außenministerium aufgelöst wurde. Anlässlich des 72. Gründungstags der kommunistischen Volksrepublik veröffentlichte Krah ein ausgesprochen freundliches Glückwunschvideo auf Facebook. Im November 2022 gab er der Global Times, dem englischsprachigen Propagandaorgan der KP Chinas, ein Interview. Dort warnte er vor „antichinesischen Kräften in Deutschland“ und forderte eine Distanzierung Europas von den USA – was ganz im Interesse Pekings liegen würde.

Krah-Kritik auch aus der AfD

Krah meint stets, ihn würden deutsche Interessen, insbesondere die Interessen der deutschen Wirtschaft leiten. Stimmt das? Stimmen aus der AfD-Fraktion im EU-Parlament ziehen das gegenüber Apollo News in Zweifel. Bei seinem stets prochinesischen Abstimmungsverhalten könnten auch „politikfremde Interessen“ eine Rolle spielen. In der Tat ist es aus konservativer Perspektive eher schwierig zu vertreten, ausgerechnet mit dem aggressiven, kommunistischen Regime in Peking verbandelt zu sein. Deswegen ist Krah oft auch innerparteilich und im eigenen Lager in die Kritik geraten.

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Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Rainer Kraft äußerte sich am Dienstagfrüh gegenüber der Presse. Kraft sagte: „In der AfD-Fraktion gibt es null Verständnis dafür, sein Land an fremde Mächte zu verkaufen.“ Er wies aber auch auf fehlende Belege hin, sodass die AfD die Vorwürfe nur anhand der Selbstauskunft der Betroffenen prüfen könne. „Das sind sehr starke Vorwürfe. Selbstverständlich: Sollte da irgendwas dran sein, kann es nur eine Konsequenz geben: Das ist der sofortige Fraktions- und Parteiausschluss.“ Kraft ist Teil der deutsch-taiwanesischen Parlamentariergruppe im Bundestag und sieht Krahs China-Verbindungen kritisch.

Die Parteispitze äußerte sich bisher nicht zu dem Fall. Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD im Bundestag, Bernd Baumann, erklärte lediglich: „Wir sind hartgesotten, was Vorwürfe angeht, besonders in Wahlkampfzeiten“. Man brauche Belege, um die Vorwürfe parteiintern zu prüfen. Den Hinweis, dass die Bundesanwaltschaft ja niemanden aufgrund leichter Verdachtslagen festnehmen lasse, wollte Baumann nicht gelten lassen.

Inzwischen hat das EU-Parlament den festgenommenen Jian suspendiert. Die Vorwürfe sind zur Stunde noch nicht öffentlich belegt.

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