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Berlin

Jude unter „Free Palestine“-Rufen angegriffen – und die Politik schweigt

In Berlin wurde ein Jude unweit der Synagoge Kahal Adass Jisroel mit einem E-Scooter angegriffen und verletzt. Doch die Politik bleibt - ganz anders als bei dem Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke - stumm.

Räumlichkeiten der Kahal Adass Jisroel Synagoge in Berlin nach einem versuchten Brandanschlag im Oktober 2023

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In Berlin-Wedding wurde am Freitag ein 54-jähriger ukrainischer Jude tätlich attackiert. Der Mann war unweit seiner Synagoge, der Kahal Adass Jisroel, unterwegs, als er von einem bislang unbekannten Täter beleidigt und unter „Free Pälestine“ zu Boden gestoßen und mit einem E-Scooter angegriffen wurde. Das Opfer trug einen Tallit unter seinem T-Shirt und war somit deutlich als jüdisch zu erkennen – es war also offensichtlich eine antisemitische Attacke. Trotzdem schweigt die Politik.

Laut einem Vertreter der Synagoge, die im Oktober letzten Jahres bereits zum Ziel eines Brandanschlages geworden war, soll es sich bei dem Täter um einen 30 bis 35 Jahre alten, sportlichen Mann mit arabischem Aussehen gehandelt haben. Als die Polizei eintraf, war der Mann geflüchtet. Der 54-jährige lehnte trotz seiner Verletzungen zunächst eine Behandlung ab. Grund sei der bevorstehende Schabbat gewesen. Gemäß dem Gemeindevertreter von Kahal Adass Jisroel begab er sich erst nach dem Schabbat, am Samstagabend, in die Notaufnahme der Charité. Dort wurde eine Fraktur festgestellt. Die Ermittlungen wurden vom Staatsschutz übernommen.

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Fälle wie dieser sind in Deutschland inzwischen nahezu an der Tagesordnung – vor allem seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Laut einem Bericht des BKA wurden von Oktober bis Januar bundesweit 2.249  antisemitische Straftaten erfasst – „Mehr als 2000-mal wurde in Deutschland innerhalb von etwas mehr als hundert Tagen ein Jude angegriffen, bedroht, beleidigt, in Angst versetzt oder öffentlich antisemitische Hetze verbreitet“, erklärte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland, Felix Klein, damals.

Und nun wurde erneut ein Mensch nur wegen seines jüdischen Glaubens auf offener Straße angegriffen – doch kein Wort von Berlins regierendem Bürgermeister Kai Wegner, Innenministerin Faeser oder irgendeinem anderen Spitzenpolitiker. Es scheint, als werde in der Politik mit zweierlei Maß gemessen. Denn nach dem Angriff auf den SPD-Spitzenkandidaten zur Europawahl in Sachsen, Matthias Ecke, gab es einen bundesweiten Aufschrei. Ohne eindeutige Kenntnisse zu Täter und Motiv wurde zu Demonstrationen gegen Rechts aufgerufen – Faeser kündigte sogar eine Sonder-Innenministerkonferenz an.

Sie erklärte: „Rechtsstaatlich müssen wir jetzt mit mehr Härte gegen Gewalttäter und mehr Schutz für die demokratischen Kräfte handeln“. Doch von dieser „Härte“ merkt man bei antisemitischen Tätern bislang nichts – für ihre Opfer werden auch keine Spontan-Demonstrationen mit tausenden Teilnehmern ausgerufen, so wie es am Sonntag wegen des Angriffs auf Ecke der Fall war. In Berlin kamen unter anderem die Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour, SPD-Chef Lars Klingbeil sowie die Ministerpräsidenten von Sachsen und Nordrhein-Westfalen, Michael Kretschmer und Hendrik Wüst, zu den Kundgebungen. Auch die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt und die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken nahmen an der Demo teil.

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