Als ich ein Kind war, war KIKA der einzige Fernsehsender, den ich schauen durfte. Jeden Abend habe ich dort Logo, die Kindernachrichtensendung des ÖRR, gesehen. Das war lange bevor die politische Lage in Deutschland sich so extrem gespalten hat wie heute. Die Idee einer Kindernachrichtensendung klingt erstmal nobel: Bereits im jungen Alter bekommen Kinder dort anhand aktueller Nachrichten das Weltgeschehen erklärt, selbst komplexe Themen werden so heruntergebrochen, dass auch Grundschüler sie verstehen.
Doch unterschätzt man dabei, wie naiv Kinder in dem Alter noch sein können – und wie biegsam. Irgendwann ging ein Nahost-Konflikt durch die Nachrichten – Israel und Palästina. Uns wurde anhand von Figuren die israelische Siedlungspolitik erklärt, dass die Israelis die Palästinenser aus ihrer Heimat vertreiben würden. Ich kann mich nicht mehr erinnern, worum es damals genau ging auch nicht, wie alt ich war. Nur an die traurigen Gesichter der Palästinenser kann ich mich erinnern und wie enttäuscht ich damals von Israel war. Denn tatsächlich war ich damals „pro Israel“ gewesen, aber nur weil mir der Name besser gefallen hatte.
Inzwischen dürften um die 15 Jahre vergangen sein. Ich bin immer noch auf der Seite von Israel, aber meine Gründe sind mit mir ernsthafter und erwachsener geworden. Wieder geht ein Konflikt um Israel und Palästina durch die Nachrichten und wieder sind die Nachrichten gefärbt. Und ich fürchte, dass der Reifeprozess, den mein kindliches Ich – das seine Haltung in den kompliziertesten Konflikten der Welt nach dem Klang der Länder entschied – durchgemacht hat, um zu der politischen Kommentatorin zu werden, die ich heute bin, leider an vielen vorbei gegangen ist.
Der Kampf der Bilder
Was sind die richtigen Kriterien, nach denen man sich für eine Seite in einem Nahost-Konflikt entscheiden sollte? In meiner Weltsicht ist es absolut unmöglich, sich keine Meinung zu bilden. Es bedeutet, dass man sich mit einem Thema beschäftigt, sich über die erhaltenen Informationen hinaus dazu Gedanken gemacht hat und nicht einfach stumpf und abgeschottet durch die Welt läuft. Sich eine Meinung zu bilden, ist unser Recht und ich würde sogar sagen unsere Pflicht als mündige Bürger. Wenn man sich anschaut, wie gespalten und aufgeheizt die Diskussion in Deutschland auch zu dem Thema ist, sollte man eigentlich erwarten können, dass sich lauter mündige Bürger eine mündige Meinung gebildet haben. Umso erschreckender ist es jetzt zu beobachten, dass diese Meinungsbildung bei vielen kaum anders verlaufen ist, als bei mir damals, als ich im rosa Pyjama und mit Teddybär abends vor dem Fernseher gesessen habe.
Man braucht sich nur die Entwicklung der öffentlichen Meinung über die inzwischen zwei Wochen des Krieges in Israel hinweg genauer anschauen – und was diese Meinung jeweils erzeugt hat. In den frühen Morgenstunden fielen die Hamas-Terroristen in Israel ein. Es dauerte etwas bis sich diese Nachricht in Deutschland durchgekämpft hatte. Diese Schlagzeilen alleine wären wahrscheinlich im Außenpolitik-Teil der deutschen Medien verschwunden. Doch dann folgte ein neuer Angriff der Hamas – dieses Mal digital. In einer nie dagewesenen Masse produzierten sie selbst die Beweise für ihre Brutalität. Das Internet wurde überschwemmt mit leblosen Körpern, verzweifelten Schreien und Blut.
Es ist als fühlendes emphatisches Wesen unmöglich, solche Bilder und Videos zu sehen und nicht festzustellen – diese Taten sind unverzeihlich und unentschuldbar. So zynisch es auch ist, dieses Material half Israel. Die öffentliche Meinung in der gesamten westlichen Welt war klar auf israelischer Seite – das war nicht immer so. Und wie wir jetzt wissen, sollte es auch nicht lange so bleiben. Denn sobald Israel die Lage wieder in den Griff bekam und keine weiteren Israelis mehr verschleppt werden konnten – also auch keine neuen Bilder mehr entstanden – flachte auch die Unterstützung für den Staat ab. Und nun verfällt man wieder in alte Muster.
Israel-Kritik, Antizionismus und Antisemitimus
So pro-israelisch Deutschland sich in den ersten Kriegstagen auch gegeben hat, die Politik unseres Landes sagt etwas anderes. Die Generalversammlung der UN hat 2020 mehr Resolutionen gegen Israel erlassen, als gegen jedes andere Land der Welt. Deutschland stimmte fast immer gegen Israel. Unter Donald Trump erkannten die USA Jerusalem als Hauptstadt Israels an – und ernteten in Deutschland dafür viel Kritik. Die deutschen Leitmedien taten so, als würde Trump damit einen Weltkrieg auslösen, dabei herrschte unter ihm so viel Frieden im Nahen Osten, wie lange nicht. Deutschland erkennt die Israelische Hauptstadt übrigens immer noch nicht an und behält die deutsche Botschaft weiterhin in Tel-Aviv. Deutschland finanziert die Palästinenser seit Jahren, auch auf die Gefahr hin, dass ihre Gelder nicht bei den weinenden Kindern landen werden, deren Bilder nun die Medien beherrschen, sondern bei den bärtigen Terroristen, die diesen Krieg zu verantworten haben.
Mit den Bildern ist auch der Druck abgeflacht, der die deutsche Regierung trotz seines fragwürdigen Kurses auf die Seite Israels gedrängt hat. Zu Beginn hätte Baerbock sich wohl nichts sehnlicher gewünscht, als dass ihr Twitter-Post, in dem sie dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas Deutschlands ewige Treue versichert, vergessen wird. Doch gelöscht hat sie ihn bis heute nicht – wahrscheinlich wusste sie, dass sich der Wind noch drehen würde. Israel mal nicht als böse Besatzermacht? Das war nur eine Phase, die sie aussitzen musste. Die oberste Priorität hatten die Reisen nach Israel – nicht Israel. Man musste sichergehen, dass die Bilder nicht mit Deutschland in Verbindung gebracht werden und an der Regierung haften bleiben würden. Denn Israel-Kritik ist in Ordnung, Anti-Zionismus ist eine Grauzone – aber tote Juden, das fällt schon unter die Antisemitismus-Grenze. Und die zu überschreiten, können sich PR-bewusste deutsche Politiker nicht leisten.
Jetzt sterben aber so akut keine Juden mehr, nur weil sie Juden sind. Die Antisemitismus-Phase ist damit abgeflaut, das Thermometer bei Solidarität für Palästina schwenkt zurück auf Anti-Zionismus und Israel-Kritik – die Gefahr ist gebannt. Jetzt traut sich Sawsan Chebli etwa antisemitische Verschwörungstheorien zu verbreiten (denn sie sind ja nicht antisemitisch, nur israelkritisch), die Gelder an Palästina werden doch nicht eingestellt und die deutschen Nachrichten stellen die Äußerungen der Hamas auf die gleiche Stufe mit den Äußerungen der israelischen Regierung.
Wenn Mitleid kriegsentscheidend wird
Erst waren es Bilder der israelischen Zivilbevölkerung, nun sind es Bilder der palästinensischen Zivilbevölkerung. Mit der Vorherrschaft der Bilder ist die palästinensische Zivilbevölkerung nun hoch im Kurs. Ihr gegenüber stehen nicht mehr die toten und entführten Israelis, sondern bewaffnete Soldaten und Bomben. Menschlich gesehen ist es klar: Man kann nicht für sämtliche Themen gleichzeitig brennen. Es ist klar, dass das Interesse und die Aufregung zu einem Thema abflacht, sobald man sich auf etwas anderes fokussiert. Und so war es auch zu erwarten, dass die Schockstarre der ersten Tage nicht über den gesamten Krieg anhalten würde. Aber gerade deswegen ist es ein großer Fehler, wenn man seine politische Position nach den traurigsten Bildern ausrichtet. Denn Überraschung: Dass bei einem Krieg auf beiden Seiten Menschen sterben und dass viele von ihnen unschuldig sein werden, ist keine perfide Erfindung Israels. Das ist in jedem Krieg so.
Seine Meinung nach der Anzahl unschuldiger Opfern zu wählen, ist ebenfalls kein zuverlässiger Standard. Israel hat in der öffentlichen Meinung schon immer Minus-Punkte gemacht, weil sie besser darin sind, ihre Leute zu beschützen. Oder was heißt „besser“ – sie versuchen es überhaupt erst. Im Grunde könnte Israel machen, was es will – solange sie ihre Zivilbevölkerung nicht als menschliche Schutzschilde nutzen, werden sie immer besser darin sein, ihre Leute zu schützen, als die Palästinensische Führung. Denn es gibt sehr wohl einen Unterschied zwischen einem von Terroristen regierten Gebiet und einem demokratischen Staat. Auf der palästinensischen Seite kämpfen Menschen, die nicht nur überzeugt davon sind, dass es nobel ist, für ihr Land zu sterben, sondern auch davon, dass es belohnt wird. Wenn sie im Kampf für ihre Religion sterben, werden sie im Paradies landen, so ihr Glaube. Aus dieser Ideologie lässt sich auch ableiten, dass jedes Todesopfer in der Zivilbevölkerung kein wirkliches Opfer ist. Sie stehen wieder auf – nur eben nicht hier. Wer erst einmal angefangen hat, sich über den Tod hinwegzusetzen, der hat kein Problem, hohe Zahlen an Todesopfern zu „beklagen“. Im Nachteil sind die, die sich auf das Paradies nicht verlassen wollen.
„Mitleid bekommt man geschenkt, Neid muss man sich erarbeiten.“
Am Ende des Tages geht es hier um Mitleid. Mein Opa hatte ein Lieblingssprichwort: „Mitleid bekommt man geschenkt, Neid muss man sich erarbeiten.“ Israel hat seinen Weg gewählt: Man hat aus Wüste ein Land gemacht. Ein sicheres und wohlhabendes Land, mit Iron Dome und wehrhafter Armee. Das weiß, dass man sich auf niemanden verlassen kann, außer auf sich selbst. Israel kümmert sich um sein eigenes Wasser, seine eigenen Lebensmittel, seinen eigenen Strom. Im Tausch für das Mitleid, dass die ansonsten zahlreichen Todesopfer gebracht hätten, hat man sich eine Existenz aufgebaut.
Israel hat damit so viele Werte umgesetzt, die uns eigentlich naheliegen sollten. Deutschland selbst hat sich einst aus Trümmern wieder aufgebaut und komplett neu erfunden. Leistung, Werte, harte Arbeit – all das sollten keine Nachteile sein. Doch wahrscheinlich sind die Werte Israels uns schon lange nicht mehr näher. Man fühlt sich immer von dem angezogen, was man kennt – und Selbstzerstörung kennen wir gut genug.
Ungefähr zur gleichen Zeit, als der Staat Israel gegründet wurde, haben sich für D ebenfalls Grenzen verschoben und Millionen Vertriebene und auch noch Jahre nach WK2-Ende Umgesiedelte fanden hier Aufnahme; wenn auch nicht immer reibungslos. Und auch wenn es mitunter Jahrzehnte dauerte, man fand sich letztendlich damit ab. Die Deutschen begingen aber keine Terrorakte gegen die Staaten, denen ehemals deutsche Staatsgebiete zugegeben wurden, sondern begannen die Ärmel hochzukrempeln und das Beste aus der gegebenen Situation zu machen.
Den sog. Palästinensern wurden milliardenschwere Zuwendungen zuteil, wie haben sie diese genutzt? Und was gibt ihnen das Recht, hier Vorwürfe laut werden zu lassen, zu randalieren und Hass und Hetze zu verbreiten?
Gutes Statement von Ihnen, Frau David!
Wir in Deutschland schaffen es nicht Abstand von der Religion anderer und im Besonderen zu den Juden zu schaffen. Noch schlimmer ist es im Islam, der bisher kaum Aufklärung erfahren hat und Religion als politische Grundsatzprogram von religiösen Vertreten und von Politikern instrumentalisiert und hasserfüllt missbraucht wird. Die Bilder von KZs nach der Befreiung 1945 und das systematische barbarische Auslöschen von Menschenleben „eben von Juden“ hat mich tief berührt und geprägt, sodass ich nicht verstehe warum im besonderen eine breite linke und grüne Gutmenschengruppe Verständnis für die hasserfüllten Menschenfeinde öffentlich zur Schau stellt => Empathie für (Un)Menschen, die eben unverhohlen das jüdische Volk auslöschen möchten und das eigene Volk dafür opfert. Der linksgrüne Antisemitismus ist in Deutschland stark ausgeprägt, legitimiert sich mit den vermeintlichen Verbrechen Israels und kollaboriert mit den muslimischen Schlächtern. Das treibt mir die Tränen in die Augen.
Ein sehr guter Kommentar, vielen Dank!
Jetzt wird sich zeigen, wer in der westlichen Welt welchen Werten folgt. Noch eine Bemerkung zu den Bildern: Leider ist es bei Weitem nicht so, dass die schrecklichen Bilder bei allen nur zu dem Schluss führen, dass diese Taten unentschuldbar sind. Das Grauen, dass sie auslösen, scheint bei vielen vielmehr zu bewirken, die Täter zu entschuldigen (wie ja auch schon bei den furchtbaren Messermorden etc. in Europa). Deshalb verbreiten die Täter Ihre Bestialitäten ja auch selbst – sie machen ultimativ Angst, und die Gleichgesinnten versetzen sie in einen Blutrausch. Der doppelte Standard gilt auch hier – dieselben Menschen, die einen Opferkult um alle Nicht-Weißen betreiben und beispielsweise den Tot eines schwarzen Schwerkriminellen monatelang ausschlachten werden völlig hart und gefühllos, wenn es um die „falschen“ Opfer geht. Da ist kein Mitgefühl zu erwarten, nur Neid und Hass. Und da muss man wohl kämpfen, wenn man nicht zum Opfer werden will.
Der Schock über die Massaker, die kurzzeitige Besinnung auf die historische Verantwortung Deutschlands und nicht zuletzt der offensichtliche Judenhass der hier lebenden Migranten – all dies wäre die Chance, aufzuwachen und zu erkennen: es gibt hier kein Relativieren. Entweder wir oder die. Im Kampf für unsere Werte sollte Israel uns ein Vorbild sein.
Mit dieTerroristen kann man nicht reden, man sollte sie bekämpfen. Egal wo sie sich in der Welt befinden. Die beste Lösung ist die so genannte „Zwei Staaten Lösung“. Als im das Jahr 1948 der Staat Israel entstanden ist, sollte es auch gleichzeitig der Staat Palästina entstehen und er sollte sich auch zum einen freiheitlich-demokratischen Staat entwickeln .Bei der UN-Organisation soll endlich der Hamas als Terror Organisation gennat werden genauso wie die andere Terror Organisationen.
Hass und Gewalt bringen nichts außer toten und verletzen .
Wer diese Bilder wirklich so schnell vergessen kann, und der hat keinerlei Empathie! Die Menschen, mit denen ich mich unterhalte, die sind auch heute noch geschockt von so viel Grausamkeit und Barbarei!
Beschämend finde ich allerdings die Reaktionen aus unserer Politik. Und dass eine Frau Chebli solche Dinge posten kann, das lässt mich fassungslos und beschämt zurück.
Das wird schon seinen Grund haben, dass selbst die Ägypter die Palästinenser nicht im Land haben wollen…
Ich bin zu alt, um die Kika-Nachrichten zu kennen, aber als junger Erwachsener brauchte ich auch einige Jahre, um die Wissenslücken um diesen Konflikt zu schließen. Da erfährt man, was einem alles nicht gesagt wird. Ich hielt die Palis auch für die Unterdrückten. Ich dachte nicht nach und war der Propaganda anfangs voll erlegen. Dschenin brachte bei die Wende, wo sich später herausstellte, dass die Opferzahlen frei erfunden waren. Und ich erinnere mich an eine Ausgabe der Sendung „Mona Lisa“, einer Frauensendung. Die machten plötzlich mit Dschenin auf, aus arabischer Sicht natürlich, die armen Menschen. (Ich weiß nicht mehr, ob das vor oder nach der Entlarvung der Lügen ausgestrahlt wurde.) Da wurde mir die Obsession bewusst, denn das Thema passte nicht zum Magazin. Es war kein Frauenthema. Und mir wurde bewusst, wie manipulativ man vorging, man setzte Emotionen. Danach war ich geheilt.