Als der Telegram-Gründer Pavel Durow am Samstag in Paris verhaftet wurde, schloss sich ein Kreis für ihn. In seiner Heimat Russland ist er ein verfolgter Oppositioneller, inzwischen ist er das auch im Westen. Durow soll sich durch fehlende Moderation auf seiner Chat-Plattform Telegram strafbar gemacht haben. Auch mehrere fehlende Lizenzen werden ihm zur Last gelegt. Seine Verhaftung wurde durch eine Abteilung des französischen Innenministeriums, die sich mit Verbrechen gegen Kinder beschäftigt, angeordnet.
Inwieweit Durow eine strengere Regulierung von Telegram in Kauf nehmen wird, ist fraglich. Er hatte in seiner Laufbahn als junger Tech-Entrepreneur immer wieder Standhaftigkeit bewiesen.
Durow wurde in eine Familie russischer Intellektueller hineingeboren; sein Vater ist Philologie-Professor, seine Mutter arbeitete ebenfalls als Professorin. Seine Kindheit verbrachte er teilweise in Italien. In seiner Heimat Sankt Petersburg, der alten Hauptstadt Russlands, ging Durow dann auf eine Begabtenschule. Seine Prägung ist eindeutig: Er gehört zur ersten post-sowjetischen Generation des städtischen Russlands, einer Generation, welche dem Westen zutiefst verbunden ist. Schon früh bestach Durow mit seinen Programmierfähigkeiten, gewann Olympiaden in verschiedensten Forschungsfeldern.
Es war nur logisch, dass er zusammen mit seinem ebenfalls begabten Bruder Nikolai und anderen jungen Programmierern im Alter von 22 Jahren das soziale Netzwerk VKontakte (russisch: „in Kontakt“) auf den Markt brachte. Er wurde der CEO des neuen Unternehmens. Die Seite wurde ein gigantischer Erfolg, das meistgenutzte soziale Netzwerk in Russland – Durow wurde bekannt als Russlands Mark Zuckerberg.
Er floh, weil er Nawalny nicht zensieren wollte
Doch Durow lebte schon damals, trotz seines Erfolges, abseits von den Medien und den großen Skandalen, konzentrierte sich stattdessen auf die aktive Verbesserung seiner Plattformen. In einem seiner Blogeinträge über die Entwicklung von VKontakte schrieb er einmal: „Vergesst nicht, euch, die ihr was machen könnt außer Reden, gibt es sehr wenige“.
Das öffentliche Leben holte Durow jedoch irgendwann von selbst ein. Nahezu gleichzeitig mit dem Aufstieg von VKontakte Ende der 2000er Jahre begann Wladimir Putins präsidiales Regime, sich endgültig in eine Diktatur zu entwickeln. Immer wieder kam Durow mit der restriktiven Politik Putins in Konflikt. Er bezeichnet sich als Libertären – konträr zum autoritären Regierungsstil des Präsidenten.
Nachdem im Februar 2014 die Maidan-Revolution über die Ukraine hinweggefegt war, erhöhte die russische Regierung den Druck auf die Opposition. Von Durov forderte sie, dass er private Informationen der Organisatoren der Maidan-Proteste, welche VKontakte zugänglich waren, an die Behörden weitergäbe und das Profil des Oppositionellen Alexey Nawalny auf der Seite sperren ließe. Durow lehnte ab, bereits einige Tage danach wurde er unter dubiosen Umständen als CEO seiner Firma entlassen: Am 1. April hatte er noch scherzhaft seinen Rückzug aus dem Unternehmen bekanntgegeben – am 21. April entließ der Aufsichtsrat ihn aber, da er den am 1. April offiziell eingereichten Rücktritt nie zurückgenommen haben soll.
Durow beschuldigte die Regierung, hinter seinem erzwungenen Rückzug zu stecken und ging ins Exil. Sein Hauptquartier baute er in Dubai auf. Durow machte sich nun daran, die im Jahr davor veröffentlichte Nachrichten-App Telegram weiterzuentwickeln. Das Versprechen von Telegram ist simpel: Die Privatsphäre der Nutzer soll vor den Regierungen dieser Welt bewahrt werden. Mit dieser Garantie wuchs Telegram schnell. Da neben der Chatfunktion Nutzer große Nachrichtenkanäle und Gruppen nutzen können, ist die App auch zur Organisation großer Menschenmassen einsetzbar. Besonders in autoritär regierten Staaten konnte Telegram dadurch zur Lieblingsplattform der Opposition aufsteigen.
Als im Sommer 2020 in Weißrussland Hunderttausende auf die Straßen gingen, um gegen die wohl gefälschte Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko zu demonstrieren, entgingen die Aktivisten der Zensur in den sozialen Medien, indem sie Telegram nutzten. Die Tagesschau titelte damals auf ihrer Webseite: „Telegram – die App der Opposition“. Auch im Iran und in Russland wurde die App das Hauptmedium von Dissidenten. Mittlerweile ist es vielerorts, insbesondere in Osteuropa, die meistgenutzte Kommunikations-App.
Dissident in Ost und West
Der Erfolg Telegrams ist freilich eng mit der Person Durows verbunden. Bis heute ist er aktiv in das Geschäft des Unternehmens involviert, amtiert wie schon bei VKontakte als CEO der Firma. Es ist seiner prinzipientreuen Haltung zu verdanken, dass Telegram bis heute immer noch ein Dorn im Auge zahlreicher Regierungen ist. Als Russland den Messenger-Dienst 2018 abschalten wollte, scheiterte es an der dezentralen Struktur Telegrams.
Doch je populärer die App in der EU wurde, desto mehr gerieten Durow und sein Team auch ins Visier der europäischen Bürokraten. Vornehmlich in Deutschland, wo Telegram zur Organisation der Querdenkerbewegung genutzt wurde, wurde die App bald scharf attackiert. In der Hochzeit der Corona-Proteste im Winter 2021/22 drohte Bundesinnenministerin Nancy Faeser sogar mit der Abschaltung des Dienstes. Ein Vorschlag, welchen man vorher so nur aus Autokratien kannte. Die Tagesschau hatte ihre Meinung zu Telegram geändert und schrieb zum zehnten Jubiläum der App als „Messengerdienst mit zweifelhaftem Ruf“. Die App geht in den Augen zahlreicher westlicher Regierungen schlicht nicht stark genug gegen „Hass und Hetze“ und Desinformation vor.
Telegram wurde in Deutschland schließlich zur Zensur zahlreicher Kanäle gezwungen. Am Ende wurde es nicht verboten, jedoch zu einer Strafe in Millionenhöhe verurteilt. Seit der Einführung des Digital Services Act in der EU Ende 2022 wurde nochmals der Handlungsspielraum für soziale Medien wie Telegram eingeschränkt. Von nun an sind die Unternehmen leichter bei fehlender Zensur zu verfolgen.
Nun folgte Durows Verhaftung in Nizza. Berichten zufolge drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beteuerte jüngst, dass die Verhaftung nicht aus politischen Gründen geschehen ist. Darüber, wie glaubwürdig die Aussage des Präsidenten ist, lässt sich streiten. Mit seiner anti-autoritären Haltung ist Durow jedenfalls innerhalb von zehn Jahren zum Dissidenten in Ost und West geworden.
Sie nennen es den Kampf gegen Hass und Hetze und gegen Drogenhandel und Kinderpornografie. In Wahrheit geht es nur um Zensur und um die Einschüchterung von Andersdenkenden.
Durow stellt die Infrastruktur. Er ist nicht für Inhalte verantwortlich.
Ein dem Philosophen Voltaire zugeschriebener Leitspruch lautet:
„Obwohl ich völlig anderer Meinung bin als Sie, würde ich mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen.“
Da soll sicher auch Elon Musk die Instrumente gezeigt werden.
Mich wundert, das Durow überhaupt nach Frankreich geflogen ist. In seiner Position hat man doch Informanten und kann sich ganz anders schützen als Otto-Normalbürger.
Was hat es auf sich, dass er in dieser Situation quasi in die Höhle des Löwen ging?
Ich habe irgendwo gelesen, in seiner Firma gibt es Notfallpläne für den Fall, dass er festgenommen wird.
Durow scheint ein ein sehr libertärer Mensch zu sein – wollte er auf die Gefahr der weltweiten Zensur von sozialen Netzwerken hinweisen und hat sich deshalb „geopfert?
Fragen über Fragen……
Die Verhaftung Durows zeigt den vollständigen Verfall der westlichen Demokratien. Ohne Redefreiheit, die Anonymität beinhaltet, um vor Verfolgung geschützt zu sein, kann es keine Demokratie geben, da der Meinungsfindungsprozess nicht stattfindet. Die Meinung der Mehrheit wird jetzt nur noch von „oben“ vorgegeben und über die gleichgeschalteten Medien verkündet. Es handelt sich derzeit um eine Demokratiesimulation.
Laßt euch doch nicht täuschen!!!
Im GEHEIMEN und nur auf höchster Ebene sitzen alle Seiten an einem Tisch!
Nichts Neues unter der Sonne… .
Es sind die blutigen „Römischen Spiele“ Babylons.
Yin-Yang
Da sieht man mal, Ost und West sind sich näher als man denkt.