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Brecht-Version

„Dass die Völker nicht erbleichen“: Steinmeier lässt bei Grundgesetz-Feier umgedichtete Nationalhymne singen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und andere Politiker feierten das 75. Jubiläum des Grundgesetzes mit einer Veranstaltung, bei der statt der traditionellen Nationalhymne die „Kinderhymne“ von Bertolt Brecht gesungen wurde.

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Am Donnerstag feierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gemeinsam mit anderen hochrangigen Politikern und Gästen bei gutem Wetter das 75. Jubiläum der Verkündung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Wichtiger Programmpunkt des Staatsaktes: Die musikalische Darbietung der deutschen Nationalhymne. Das von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben am 26. August 1841 verfasste „Lied der Deutschen“, die offizielle deutsche Nationalhymne, wie sie auf vielen Ausgaben des Grundgesetzes auf dem Buchrücken abgedruckt ist, wurde dabei aber nicht gesungen.

Stattdessen trällerten die Schauspielerinnen Katharina Thalbach und Andreja Schneider eine abgeänderte Variante der Nationalhymne: Die wenig bekannte Version „Kinderhymne“ von Bertolt Brecht.

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So sangen Thalbach, große Verfechterin der brechtschen Hymne, und Schneider beim Festakt statt „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland“ die Worte „Anmut sparet nicht noch Mühe, Leidenschaft nicht noch Verstand“.

Hört man nur auf die musikalische Untermalung, bleibt alles bekannt: Die Melodie in der Version von Brecht ist dieselbe, wie bei dem „Lied der Deutschen“. Der Text ist aber ein völliger Gegenentwurf von Bertolt Brecht, der den Text seiner Kinderhymne 1950 explizit als Antithese zu dem Vorstoß Konrad Adenauers, die dritte Strophe des „Lied der Deutschen“ singen zu lassen, verfasste. Der Gegenentwurf blieb erfolglos: 1952 machte Adenauer in Einigkeit mit Bundespräsidenten Theodor Heuss das „Lied der Deutschen“ zur offiziellen Nationalhymne der jungen Bundesrepublik.

Eine Entscheidung für eine glanzvolle Hymne, die den Politikern von heute, wie Brecht damals, offenbar als Fehler vorkommt. Und so trällerte man zum Festakt des Grundgesetzes den Text von Brecht, statt der Variante, für die sich die Väter des Grundgesetzes, etwa Adenauer und Heuss, aussprachen. Statt „Danach lasst uns alle streben, brüderlich mit Herz und Hand“, sang man am Donnerstag also „Daß ein gutes Deutschland blühe, wie ein andres gutes Land. Daß die Völker nicht erbleichen, wie vor einer Räuberin. Sondern ihre Hände reichen uns wie andern Völkern hin“, um mit den Worten „Und weil wir dies Land verbessern. Lieben und beschirmen wir’s. Und das Liebste mag’s uns scheinen. So wie andern Völkern ihrs.“ zu schließen.

Für Schauspielerin Thalbach offenbar ein Herzenswunsch, der wahr wird: „Es ist ein wunderschöner Text“, sagte Thalbach schon Ende April der Süddeutschen Zeitung, als bekannt wurde, dass sie bei dem Festakt auftreten dürfe. Dort erzählte sie gerührt: „Allein die Vorstellung, dass ‚Und weil wir dieses Land verbessern, lieben und beschirmen wir’s‘ in einem Fußballstadion gesungen wird! Das fände ich so herrlich.“

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