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Wilders siegt in den Niederlanden – doch eine Regierungsbildung wird schwer

Der niederländische Politiker Geert Wilders und seine Partei sind Sieger der Parlamentswahlen. Es ist ein fulminanter Triumph für die PVV. Aber ob Wilders tatsächlich eine Regierung als Ministerpräsident bilden können wird, ist weiter fraglich.

Als am Mittwochabend die ersten verlässlichen Ergebnisse der Parlamentswahlen bekannt gegeben werden, wird die Stimmung in der Wahlkampfzentrale von Geert Wilders ausgelassen. „Fünfunddreißig!“ ruft er ungläubig in die Kamera und schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen. Mit so einem guten Ergebnis hatte hier niemand gerechnet, noch vor etwa einer Woche hatte er im Interview mit dem niederländischen Fernsehsender NOS gesagt, dass er dieses Mal auf rund 25 Mandate hoffe. Nun sind es 35 geworden. Mehr als eine Verdopplung gegenüber der 17 Parlamentssitze, welche die Partei bei der letzten Wahl 2021 holte. Damit ist Wilders Partei, zu Deutsch übersetzt die „Partei für die Freiheit“, gut 18 Jahre nach ihrer Gründung zum ersten Mal die stärkste Partei im niederländischen Parlament.  

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150 Sitze hat das niederländische Parlament insgesamt, das Ergebnis der PVV entspricht also rund 23% – extrem viel für niederländische Verhältnisse, da es keine Sperrklausel gibt und somit 17 Parteien im Parlament sitzen. Mehr als 35 Sitze hatte deshalb seit 2012 keine Partei mehr erreicht. Auf den folgenden Plätzen finden sich diesmal das linke Wahlbündnis GroenLinks/Partij van de Arbeid mit 25 Mandaten, die liberale VVD mit 24 Mandaten sowie die christdemokratische Parteineugründung NSC („Neuer Gesellschaftsvertrag“) mit 20 Mandaten. Die großen Verlierer der Wahl sind hingegen die linken Parteien D66 und SP, die christdemokratische CDA, sowie das rechte „Forum voor Democratie“ (FvD) von Thierry Baudet. Die Anti-Establishment „Bauer-Bürger-Bewegung“ (BBB), zieht zwar mit 7 Mandaten in das Parlament ein, bleibt aber hinter den hohen Erwartungen der letzten Wahlumfragen zurück. 

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Mit Professionalität sammelt Wilders rechte Wähler ein

Der Grund für den fulminanten Erfolg von Geert Wilders ist mit Blick auf die Ergebnisse recht einfach zu verstehen. Da die anderen Parteien des rechten Spektrums eher klein bleiben, sammelten sich die migrations- und globalisierungskritischen Wähler bei ihm. So eine Sammeltendenz war schon vor der Wahl vermutet worden und hat sich nun bewahrheitet. Wilders wird als verlässlich und professionell wahrgenommen, die Wähler trauen ihm Regierungsverantwortung zu. Den oft provokativ auftretenden Politikern des „Forum voor Democratie“, sowie den Politik-Newcomers von der BBB wird das offenbar weniger zugetraut. In der Tat ist Geert Wilders ein Politik-Profi. Schon seit 1998 sitzt er im niederländischen Parlament, zuerst für die VVD und ab 2006 für seine eigene Partei. 

Stichwort VVD: Die Partei, die seit Mark Ruttes Rücktritt von der türkischstämmigen Dilan Yeşilgöz geführt wird, schloss eine Zusammenarbeit mit Wilders im Vorfeld nicht aus. Auch das wahr wohl ein Grund für den Erfolg von Wilders, denn mit dem „Forum voor Democratie“ und der BBB will wohl keine der etablierten Parteien koalieren. Unmittelbar nach Bekanntgabe der Ergebnisse äußerte sich Yeşilgöz allerdings wieder kritisch gegenüber einer Zusammenarbeit mit Wilders. Sie gehe nicht davon aus, dass er die notwendigen Mehrheiten erreichen könnte, sagte sie noch am Abend. Zudem wolle die VVD nur mit der PVV koalieren, wenn Wilders nicht als Ministerpräsident fungieren würde. Das wird schwierig, denn nun hat die VVD deutlich weniger Mandate als die PVV erzielt.  

Wie der Erfolg den Weg zur Regierungsführung verbauen könnte

Damit spricht Yeşilgöz ein interessantes Problem aus – der Erfolg der PVV könnte eine Regierungsbeteiligung ironischerweise verhindern. Denn als Juniorpartner einer Koalition wäre die Partei für andere niederländische Parteien wohl denkbar, die Brandmauer begann schon bei der letzten Wahl zu bröckeln. Doch Wilders als Ministerpräsident und stärkster Teil einer Regierungskoalition? Undenkbar, so scheint es zumindest an diesem Abend. Ähnlich denkt auch Pieter Omtzigt, der Vorsitzende der neugegründeten christdemokratischen NSC, die es aus dem Stand auf 20 Mandate schaffte. Schon vor der Wahl hatte er eine Koalition mit der PVV ausgeschlossen, ob es dabei bleibt wird sich zeigen. Trotz allem bleibt die Feststellung: Eine Koalition aus PVV, VVD und NSC würde ohne Probleme eine Mehrheit erreichen. Die Ministerpräsidentschaft ist für Geert Wilders in greifbare Nähe gerückt. 

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Der Mann mit der markanten blonden Frisur könnte damit Geschichte schreiben. Denn seit 1945 wurden alle niederländischen Ministerpräsidenten von Parteien gestellt, die entweder unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg gegründet wurden oder bereits davor bestanden hatten. Geert Wilders, 1963 in Venlo geboren, nur einen Steinwurf von der deutschen Grenze entfernt, könnte diese Kontinuität nun brechen. Das würde die PVV zur wohl erfolgreichsten Parteineugründung der letzten Jahrzehnte machen. Noch vor wenigen Jahren wäre es zudem volkommen undenkbar gewesen. 2014 fragte Wilders bei einer Rede die Menge, ob sie mehr oder weniger Marokkaner in den Niederlanden wolle. Die Menge skandierte „weniger“, Wilders sagte er würde das regeln. Eine Verurteilung wegen Volksverhetzung folgte, später wurde sie auf Beleidigung zurückgestuft. In der niederländischen Politik war Wilders schon davor eine Persona non grata, er eckte mit seiner Islam- und Migrationskritik an. Seit fast zwanzig Jahren lebt er zudem unter ständigen Personenschutz und wechselt jede Nacht seinen Aufenthaltsort. Islamistische Prediger hatten zu seiner Ermordung aufgerufen, immer wieder werden diese Drohungen erneuert. 

Doch die Zeiten ändern sich. Die Masseneinwanderung der letzten Jahrzehnte hat auch in den Niederlanden Spuren hinterlassen. Organisierte Banden aus dem Drogenmilieu, oft von marokkanischen Migranten kontrolliert, schockieren mit ihren Gewalttaten das Land. Auch die israelfeindlichen Kundgebungen vieler Muslime dürften in den letzten Wochen viele Wähler aufgeschreckt und für die PVV mobilisiert haben. Wilders steht an der Seite Israels, seine Frau hat zudem jüdische Wurzeln. Die nächsten Wochen werden also spannend für die Niederlande. Wird Wilders tatsächlich Ministerpräsident oder einigt man sich auf eine Regierungsbeteiligung mit der Voraussetzung, dass er auf diesen Titel verzichtet? Oder werden die etablierten Parteien einen Weg finden, die PVV in die Opposition zu verbannen und eine lagerübergreifende Koalition eingehen? 

Hoffentlich geht es aber diesmal schneller als bei der letzten Wahl, denn damals brauchte man ganze 299 Tage zur Regierungsbildung. Am Donnerstag will es Geert Wilders zumindest erstmal ruhig angehen lassen. Am Tag nach der Wahl würde er zuallererst seine Mutter besuchen, sagte er. Sie sei 90 und lebe im Pflegeheim, müsse ebenfalls von der Polizei beschützt werden. Schon aufgrund dessen sei es für ihn wichtig die Wahl zu gewinnen. Die Menschen, die ihn und seine Familie aufgrund seiner politischen Ansichten bedrohten, dürften niemals gewinnen. 

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