Die 22-jährige Deutsche Shani Louk wurde von Hamas-Terroristen verschleppt und brutal gedemütigt. Sie ist verschollen. Eigentlich müsste in Deutschland alles still stehen, bis sie gefunden wurde - mit aller Gewalt, die dieser Staat hat. Doch nichts geschieht.

Mit diesem Angriff hätte ich niemals gerechnet. Ich wusste, dass Israel bedroht wird und sich im Grunde immer in Alarmbereitschaft befindet, aber ich war es so gewohnt, dass Iron Dome & Co. doch für Sicherheit sorgen konnten. Und dann sah ich sie: Eine junge Frau, auf einen Truck geschmissen, mit verrenkten Gliedern, verdrehtem Kopf und entblößtem Körper. Als ich einen Tag später erst erfuhr, dass sie einen Namen hat – Shani Nicole Louk – deutsche Staatsbürgerin ist und ein halbes Jahr jünger als ich, hatte sich dieser Anblick schon tief in meine Augen eingebrannt.

Ich bin definitiv nicht in dem Alter, ihre Mutter zu sein – das war schon klar bevor man ihr Alter erfuhr – und doch musste ich mir immer wieder vorstellen, was ihre Mutter jetzt durchmachen muss. Ein junges Mädchen in den Händen von Barbaren, die weder Respekt vor dem Leben noch vor dem Tod haben. Sie kommt vielleicht nie wieder nach Hause, bleibt immer irgendwo da draußen. Shani Louk hat den gleichen deutschen Reisepass, den ich selbst vor kurzem beantragt habe, damit ich nach Israel reisen kann. Sie ist Deutsch-Israelin. Durch dieses bestialische Video musste Ricarda Louk, erfahren, dass ihre Tochter womöglich nicht mehr am Leben ist. Gibt es ein schlimmeres Schicksal für eine Mutter? 

Was ist es wert, Deutscher zu sein?

Tatsächlich war Shani auch keine Soldatin, wie zuerst berichtet wurde – nicht dass das irgendetwas besser machen würde – sie war auf einem Kibbuz-Festival und hatte ausgelassen getanzt, als die Hamas-Gewalt über sie hereinbrach. Genau das wird ihr von abgeklärten Möchtegern-Realisten nun zum Vorwurf gemacht. Immerhin hätte sie niemals in so ein riskantes Gebiet reisen sollen, das habe sie sich nun selbst zuzuschreiben, schreibt man im Netz. Wie kann man sich nur so erhaben fühlen, während man die Schuld für den Angriff von Zivilisten nicht den Terroristen gibt, sondern dem Opfer, das zur falschen Zeit am falschen Ort war? Ich werde diese Argumentationsmuster nie verstehen und auch nie akzeptieren können – Was macht sie denn nachts noch auf der Straße? Was macht sie denn in Israel? Was hat sie denn für ein kurzes Kleid an? Kurze Kleidung, dunkle Gassen, Israel – das ist für sich genommen nicht gefährlich. Es sind Menschen, die das gefährlich machen. Geh nicht durch dunkle Gassen ist etwas, was man zu lebenden Mädchen sagt, nicht zu den Opfern von Verbrechen, um ihnen eine Mitschuld zu geben. 

Doch was mich noch mehr schockiert, ist, dass plötzlich alles egal ist. Shanis Schicksal ist mir bereits nahe gegangen, als ich sie für eine israelische Soldatin gehalten habe. Aber dass sie die deutsche Staatsbürgerschaft hat, macht für mich eins noch so viel schlimmer: die deutsche Ruhe. Nennen Sie mich naiv, aber ich war immer der Ansicht, dass die deutsche Staatsbürgerschaft mehr bedeutet als nur einen Pass in die Hand gedrückt zu bekommen.

Angesichts dieser bestialischen Bilder dürfte es kein anderes Thema geben, als das Finden von Shani, ihr Gesicht müssten alle Titelseiten zeigen, alle TV-Sender. Der Bundeskanzler müsste über sie sprechen. Es müsste das Gefühl entstehen: In diesem Land steht alles still, bis man sie gefunden hat. Dieses Land unternimmt alles, um sie heim zu holen. Dieses Land schickt denen, die ihr das angetan haben, ein Höllenfeuer. Es müsste ein Sturm brennen, auf unseren Straßen, in unseren Herzen. Doch nichts davon geschieht.

Holt Shani da raus!

In den sozialen Medien fiel sogar mehrmals der Satz: „Sie ist keine Deutsche, sie ist Jüdin“. Das werde ich nicht weiter kommentieren, außer mit dem Hinweis, dass wir nicht mehr 1933 haben. Israel ist bereit, seine Leute zu verteidigen. Deutschland hisst am Nationalfeiertag ja nicht mal die eigene Landesflagge. Wer soll von dieser Regierung Zusammenhalt oder gar Schutz erwarten.

Jeder Jude auf der ganzen Welt hat ein Anrecht auf die israelische Staatsbürgerschaft und wenn ich erinnern darf: Deutschland ist ein Grund dafür. Das war es und das wird es aber auch weiterhin bleiben, denn auch heute sind Juden hierzulande nicht mehr sicher. Immerhin trauen die Verantwortlichen sich nicht einmal die Gefahr zu benennen.

Genau für solche Fälle wurde eigentlich die Antiterroreinheit GSG 9 gegründet. 1977 ist sie unter der Regierung von Helmut Schmidt keine Kompromisse eingegangen und hat alle Geiseln aus der Landshut befreit. Damals sind wir vor palästinensischen Terroristen nicht zurückgeschreckt. Man kann Helmut Schmidt heute nicht mehr fragen, wie er nun reagieren würde. Man weiß auch nicht, ob er die Passagiere vor der Rettungsaktion auf doppelte Staatsbürgerschaften kontrolliert hat. Aber ich glaube nicht, dass man damals so tatenlos ausgeharrt hätte, wie das heutige Deutschland tut. 

Holt Shani da raus! Und auch die anderen deutschen Staatsbürger. Ich weiß nicht, ob sie noch leben, aber auch wenn sie tot sind: Sie müssen wenigstens im Tod Frieden finden. Alle Kraft dieses Staates darf aktuell nur dieses eine Ziel haben.

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