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Unbeachtetes Detail 

Selbstbestimmungsgesetz: Wer eine Transfrau einen Mann nennt, soll künftig wegen Körperverletzung verurteilt werden können

Deadnaming kann mit dem Selbstbestimmungsgesetz nicht nur mit horrenden Geldbußen belangt werden - sondern offenbar im Zweifel auch strafbar sein.

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Seit am vergangenen Mittwoch das von Bundesfamilienministerin Lisa Paus vorangetriebene Selbstbestimmungsgesetz vom Bundeskabinett beschlossen wurde, schlagen Kritiker der Transbewegung weltweit entsetzt die Hände überm Kopf zusammen. Vor allem ein Detail des Gesetzes hat international sehr viel Aufmerksamkeit erregt: Das sogenannte Deadnaming soll in Zukunft bußgeldbewehrt sein. Bedeutet: Wer eine Transperson absichtlich bei seinem / ihrem alten Vornamen nennt, beziehungsweise frühere Geschlechtseinträge offenlegt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro rechnen. Eine Transfrau, also einen biologischen Mann, nach der amtlichen Ummeldung zur Frau, als Mann zu bezeichnen, beziehungsweise beim alten Vornamen anzusprechen, wird somit durch das sogenannte Offenbarungsverbot erstmalig hart bestraft.

Während diese Neuerung in den Medien bereits breit diskutiert wurde, ist ein entscheidendes Detail zum Offenbarungsverbot bisher unentdeckt geblieben. Versteckt in einer riesigen Übersicht des Bundesfamilienministeriums zu den „Häufig gestellten Fragen“ zum Selbstbestimmungsgesetz ist unter Punkt VIII nachzulesen, dass Deadnaming mit mehr als nur einem Bußgeld bestraft werden kann. 

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Bei Verurteilung wegen Körperverletzung droht Freiheitsstrafe

Konkret schreibt das Bundesfamilienministerium: „Ein generelles Verbot des ‚Misgenderns‘ oder ‚Deadnamings‘ gibt es im SBGG nicht. Ein wiederholtes oder besonders intensives Verhalten (‚Mobbing‘) kann bereits von bestehenden Strafvorschriften erfasst sein. So kann im Einzelfall der Straftatbestand der Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch) sowie in Einzelfällen den Straftatbestand der Körperverletzung (§ 223 Strafgesetzbuch) oder der Nachstellung (§ 238 Strafgesetzbuch) erfüllt sein.“

Der unaufgeregt formulierte Absatz erhält Ungeheuerliches: Entgegen der bisher verbreiteten Auffassung macht das Bundesfamilienministerium hier klar, dass jemand, der gegen das Offenbarungsverbot verstößt, nicht nur eine Geldbuße zu befürchten hat, sondern auch wegen Körperverletzung – also einer schweren Straftat – angezeigt werden kann. Hier droht im Zweifel eine Freiheitsstrafe. 

Der Verweis auf geltendes Recht macht stutzig – ebenso wie die Gleichsetzung wiederholten Deadnamings mit „Mobbing“. Fakt ist: „Mobbing“ ist für sich kein strafbares Delikt. Einzelne Mobbinghandlungen können es nach geltendem Recht jedoch sein – gegen sie kann im Zweifel Anzeige wegen Körperverletzung (§223 StGB), Beleidigung (§185 StGB), Verleumdung (§187 StGB) oder Nötigung (§240 StGB) gestellt werden (nachzulesen beispielsweise hier und hier).

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Deadnaming als psychische Gesundheitsschädigung?

Körperverletzung muss dabei mitnichten eine körperliche Misshandlung bedeuten. Im Strafgesetzbuch heißt es dazu: „Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Auf der Webseite der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes kann man wiederum nachlesen, dass eine „Gesundheitsschädigung“ sowohl „physische als auch psychische Verletzungen“ umfasse. In der Regel muss die Körperverletzung von einem Arzt attestiert werden. 

Inwieweit es aufgrund von Deadnaming tatsächlich zu Verurteilungen wegen Körperverletzungen kommen wird, muss abgewartet werden. Es ist beispielsweise nicht gesagt, dass Ärzte sich tatsächlich darauf einlassen werden, ein Attest für psychische Schädigung auszustellen, weil eine Transperson mit ihrem alten Vornamen angesprochen wurde. Erfahrungen mit der deutschen Ärzteschaft lassen allerdings auch nicht gerade auf großen Widerstand hoffen.

Doch selbst abgesehen davon: Allein die Tatsache, dass das Bundesfamilienministerium den Zusammenhang zwischen Deadnaming und dem Straftatsbestand Körperverletzung herstellt, ist ungeheuerlich. Obwohl man zum jetzigen Zeitpunkt, aufgrund der neuen Rechtslage, vermutlich noch überhaupt nicht wissen kann, ob Deadnaming tatsächlich von Juristen als Körperverletzung geahndet werden wird, droht unsere Bundesregierung schon einmal vorbeugend damit. Abschreckend wirkt das allemal.

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