Harry Potter ohne J.K. Rowling? Eigentlich undenkbar – im Museum of Pop Culture (MoPOP) in Seattle aber seit kurzem bittere Realität. Mitarbeiter des Museums entschieden sämtliche Verweise auf die Autorin der weltberühmten Fantasie-Romane aus ihrer Harry Potter Ausstellung zu entfernen, weil Rowling „transphob“ und rassistisch sei. Die 58-Jährige wird zum Unmensch erklärt, nur, weil sie sich in den letzten Jahren kritisch über die Trans-Bewegung geäußert hatte.
„Da ist ein kaltes, herzloses, freude-schluckendes Wesen in der Welt von Harry Potter und diesmal ist es kein Dementor“ – so beginnt der MoPOP Ausstellungsprojektleiter Chris Moore seinen 1.400 Wörter langen Blog-Beitrag zu J. K. Rowling – oder wie er sie nennt: „You-Know-Who“. Der Museums-Mitarbeiter, der selbst ein Trans-Mann (also eine biologische Frau) ist, hasst die Schöpferin der Harry Potter-Welten offenbar so sehr, dass er nichtmal ihren Namen nennen will – vor allem wegen ihrer „transphoben Ansichten“. Aber auch, weil Rowling angeblich Antisemitismus unterstützen würde (wohl, weil sowohl in den Büchern, als auch im Hogwarts Legacy-Spiel Kobolde vorkommen, die eine Bank verwalten), weil sie bei der Erfindung ihrer Charaktere auf „Rassenstereotypen“ zurückgegriffen habe, eine „unglaublich weiße Zauberwelt“ schuf, fat-shaming betreiben würde und generell zu wenig „LGBTQIA+“-Personen darstelle.
„Transphobie“ – oder: begründete Kritik
Bevor Moore erklärt, dass man die Harry Potter Artefakte in der Ausstellung „ohne Erwähnung oder Bild des Autors sehen“ werde, erzählt er erstmal seine eigene Kindheitsgeschichte – dass er Harry Potter liebte, sich auch eine Eule wünschte und dann als Erwachsener bitter enttäuscht wurde, dass er laut den Ansichten von Rowling in eine Kategorie mit „Voldemort und Bellatrix Lestrange“ fallen würde – also böse sei. Neben „hasserfüllten Twitter-Tiraden“ führt er als Beweis unter anderem an, dass J. K. Rowling im Jahr 2020 einen Roman veröffentlichte, in dem ein Serienmörder Frauenkleidung trägt, um seine Opfer zu verführen – er sei voll von „dünn verschleierten transphoben Angsttaktiken“.
Indirekt gibt er J. K. Rowling und ihren Mitstreitern sogar die Schuld daran, dass in vielen amerikanischen Bundesstaaten Gesetze eingeführt wurden, die die Transitionerung, also die medikamentöse und operative Geschlechts-Umwandlung, von Teenagern verbieten – dass er nun Angst haben müsse, dass seine und die Existenz seiner „Trans-Geschwister“ irgendwann ganz verboten werde.
Dass Rowling und andere Kritiker der Trans-Bewegung dagegen sind, dass sich Kinder und Jugendliche mit Medikamenten vollpumpen und operieren lassen können, bevor sie überhaupt die Pubertät erreichen, hat aber gute Gründe. Rowling beschrieb in einem langen Statement auf ihrer Homepage ausführlich und unter Berufung auf Studien und Gespräche mit Betroffenen, dass es einen besorgniserregenden Anstieg von Teenagern – insbesondere jungen Mädchen – gibt, die plötzlich ihr Geschlecht wechseln wollen – in Großbritannien habe es einen Anstieg um ganze 400 Prozent gegeben. Gleichzeitig hätten Studien laut Rowling „konsequent gezeigt“, dass „zwischen 60-90 Prozent der geschlechtsspezifischen dysphorischen Teenager [ohne Pubertätsblocker] aus ihrer Dysphorie herauswachsen werden.“
Die „frauenfeindlichste Zeit“, die sie je erlebt habe
Sie mache sich große Sorgen um die steigenden Zahlen von Teenagern, die detransitonieren, also zu ihrem ursprünglichen Geschlecht zurückkehren möchten- „weil sie es bereuen, Schritte unternommen zu haben, die in einigen Fällen ihren Körper unwiderruflich verändert und ihnen ihre Fruchtbarkeit genommen haben.“ Deshalb ist sie dagegen, dass alle bestehenden Hürden zur Geschlechtsumwandlung abgeschafft werden – deshalb, und, weil es Männer gebe, die diese Gesetze ausnutzen könnten. Als Opfer von sexualisierter Gewalt sei es Rowling wichtig, Frauen und Mädchen zu schützen – sie sei schockiert darüber, dass wir heute in der „frauenfeindlichsten Zeit“ leben würden, die sie je erlebt habe. „Ich habe noch nie gesehen, wie Frauen so verunglimpft und entmenschlicht wurden, wie sie es jetzt sind“ – Aktivisten würden ihnen mit Gewalt drohen und beschimpfen sie als „TERF“.
Und genau dass tut auch Chris Moore – für ihn ist Rowling sogar das Gesicht des „trans-ausgrenzenden radikalen Feminismus“ (TERF). Er lässt durchklingen, dass er deshalb am liebsten die ganze Ausstellung aus dem Museum entfernt hätte – tat es aber nicht, um der „Arbeit der Schauspieler, Requisitenmacher und Kostümdesigner in unserer Fantasy-Galerie Anerkennung [zu] zollen“. Immerhin seien die Harry Potter-Hauptdarsteller alle „unglaublich lautstarke Verbündete“ der Trans-Bewegung – Emma Watson (Hermine Granger) spendete Geld an den radikalen Verein „Mermaids“, Daniel Radcliffe (Harry Potter) stellte sich öffentlich gegen Rowling und sagte, sie habe die Gefühle junger Fans verletzt und auch Rupert Grint (Ron Weasly) hat sich in der Vergangenheit öffentlich dazu geäußert, dass Trans-Frauen Frauen und Trans-Männer Männer seien.
Kritik auslöschen, statt sich mit ihr auseinanderzusetzen
Deshalb hat man „nur“ den Namen und das Gesicht von J. K. Rowling aus der Ausstellung verbannt – interessant ist, dass auf der Website des MoPOP ein Jahr zuvor ein Blogbeitrag veröffentlicht wurde, in dem man sich genau gegen das Entfernen von „problematischen Künstlern“ ausgesprochen hatte. Damals ging es darum, ob Rapper Kayne West trotz der Antisemitismus-Vorwürfe noch in der Ausstellung über die Geschichte des Hip Hops zu sehen seien dürfte. Es hieß: „Wir glauben auch, dass das Entfernen von jemandem aus unserem Bewusstsein keinen Hass auslöscht – das ist etwas, das nur der Dialog, die Offenheit und das Verständnis der Auswirkungen des Hasses können. In diesem Sinne haben wir eine absichtliche Entscheidung getroffen, das Foto von Ye nicht aus der Ausstellung zu entfernen, und stattdessen diesen Blogbeitrag und die Ressourcen, die unten folgen, geteilt.“
Dass J. K. Rowling nur ein Jahr später entfernt wurde, – und dass, obwohl sie ihre Positionen im Gegensatz zu Kayne West sehr gut, rational und fundiert erklären und belegen kann – offenbart, dass es den Museums-Mitarbeitern längst nicht (mehr), um einem Diskurs geht. Es geht darum unliebsame Ansichten aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verbannen – Kritik auszulöschen, anstatt sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Manchmal frage ich mich, wo eigentlich der Aufschrei der Schriftsteller, Maler, Schauspieler, etc. bleibt. Kunst braucht Freiheit, heißt es doch immer. Bitte schreiben Sie weiter über die Auswüchse der Cancel Culture.
Schon schizophren – die Harry-Potter-Welt zu lieben, aber deren Schöpferin zu hassen. Verrückt.
Ja, und vielleicht ist diese Märchenwelt etwas infantil, aber sie macht auch Spaß. Figuren wie Haggrid, Dobby und wie sie alle heißen, vergisst man nicht, und auch nicht die ganze Hogwards-Welt mit ihren Eulen und Quidditch-Turnieren. Auch hat Rowling schön beschrieben, wie Faschismus beginnt.
Ansonsten hat sie sich zwar lange im Zeitgeist beheimatet, dann aber an entscheidender Stelle doch mutig Position gegen diesen Trans-Wahnsinn bezogen.
Das hätte sie ja nicht machen müssen – jetzt bekommt sie von denen richtig Ärger, gibt aber nicht klein bei.