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Überschwemmungen

Hochwasser im Saarland: Wie der Staat bei der Prävention versagt hat

Im Saarland kam es in Folge heftiger Regenfälle zu starken Überschwemmungen. Kanzler Scholz und Ministerpräsidentin Rehlinger gerieren sich nun als Retter in der Not. Hätte man im Vorfeld Präventionsmaßnahmen ergriffen hätten viele Schäden wohl verhindert werden können.

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Das Saarland wurde vom Hochwasser schwer getroffen. Das genaue Ausmaß der Schäden ist bislang nicht genau bezifferbar – mit Absinken der Pegelstände am Wochenende wurde aber langsam sichtbar, was das Hochwasser angerichtet hat. Sicher sei schon jetzt, „dass wir es mit massiven Schäden an privatem Eigentum, aber auch an Infrastruktur wie Straßen, Brücken oder auch Kitas zu tun haben werden“, erklärte Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger gegenüber der dpa.

In der Landeshauptstadt Saarbrücken wurde die Großschadenslage ausgerufen. Die Saar war über die Ufer getreten und die Menschen wurden dazu angehalten Keller, Gewässer und überflutete Gebiete zu meiden. Nachdem lange überraschend wenige Personenschäden bekannt wurden, musste am Sonntag dann ein erster Todesfall vermeldet werden. Im Rahmen eines Einsatzes wurde eine 67-jährige Frau von einem Rettungswagen angefahren. Noch am Abend verstarb die Frau aus Saarbrücken.

Die Schäden reichen nach erster Einschätzung „weit in den Millionenbereich hinein“, wie Ministerpräsidentin Anke Rehlinger erklärt. Gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte sie: „Wir kämpfen seit wenigen Tagen gegen Wassermassen, werden aber sicherlich Jahre mit den Folgen kämpfen müssen.“ Im Saarland wurden laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) innerhalb von zwölf Stunden Niederschlagsmengen zwischen 50 und 80 Litern pro Quadratmeter gemessen.

Diese Regenmengen sind zwar erheblich, müssen jedoch in Relation zu den katastrophalen Überflutungen im Ahrtal im Jahr 2021 betrachtet werden. Damals fielen dort innerhalb von 24 Stunden zwischen 150 und 200 Liter Regen pro Quadratmeter, was zu den verheerenden Überschwemmungen führte. Von Starkregen spricht man im Übrigen schon bei 20 Liter pro Quadratmeter.

Anders als im Ahrtal ging das Krisenmanagement in den betroffenen saarländischen Gebieten wohl wesentlich besser vonstatten. Feuerwehrkräfte rückten aus, um die Bewohner mittels Lautsprecheransagen vor dem Unwetter zu warnen. Zudem sollen auch weitgehend problemlos staatliche Warnungen mit dem Mobilfunkdienst Cell Broadcast an die Bürger verschickt worden sein.

Eine verfehlte Baupolitik und unzureichende Präventionsmaßnahmen

Klar ist selbstverständlich auch, dass die Politik nicht die Schuld an Umweltkatastrophen und schweren Unwettern trägt. Sehr wohl ist die Politik aber für unzureichende Präventionsmaßnahmen und eine verfehlte Baupolitik verantwortlich. Holger Schüttrumpf, Universitätsprofessor in Aachen für Wasserbau und Wasserwirtschaft, machte gegenüber der FAZ deutlich, dass es sich bei dem Hochwasser nicht um ein singuläres Ereignis handelte. Historische Pegelstände würden vielmehr daraufhin hinweisen, dass es in den betroffenen Gebieten zyklisch – alle 50 bis 100 Jahre – zu einem solchen Hochwasser kommen würde.

Obwohl das Saarland für Hochwasser relativ anfällig ist, verfügt rund die Hälfte aller Kommunen im Saarland über keine Hochwasser- und Starkregen-Gefahrenkarten. Kommunen dürften demzufolge regelmäßig in Risikogebieten Bauland ausgewiesen beziehungsweise Baugenehmigungen erteilt haben. Die Verantwortung ist jedoch nicht nur bei den kommunalen Verantwortungsträgern zu suchen.

Nach den verheerenden Hochwassern im Juni 2013 im Elbe- und Donaugebiet beschloss die Bundesregierung die Verabschiedung die Erarbeitung eines Nationalen Hochwasserschutzprogramms. Die Gesamtkosten dieses Projekts werden auf rund 6,2 Milliarden Euro geschätzt. Am 24. Oktober wurde das Programm verabschiedet. Zur Umsetzung des Vorhabens hatte man inzwischen also fast 10 Jahre Zeit.

Passiert ist im Bereich der Hochwasserprävention jedoch fast nichts. Das Nationale Hochwasserschutzprogramm umfasst 168 Maßnahmen. Dabei geht es beispielsweise um die Deichrückverlegung oder die Wiederherstellung natürlicher Rückhalteflächen. Außerdem sollen Rückhaltebecken errichtet werden, um Hochwasser kontrollierbarer zu machen. Von all diesen 168 geplanten Maßnahmen wurden in knapp zehn Jahren gerade einmal neun umgesetzt.

Krisenmanagement statt Prävention

Weder Scholz noch Rehlinger gestanden sich in den Pressestatements jedoch eigene Verfehlungen ein. Statt auf Prävention setzt man auf Krisenmanagement. „Der Staat wird helfen müssen, dort, wo große Schäden entstanden und Menschen damit überfordert sind“, erklärte Rehlinger. Auch würde es Menschen geben, die schon mit der Anschaffung einer neuen Waschmaschine an ihre finanziellen Grenzen stoßen würden. Auch diesen wolle man unter die Arme greifen. „Damit die Menschen nicht im Regen stehen“ wolle man staatliche Hilfen veranlassen.

Ähnlich äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz. Etwas verklausuliert erklärt er, dass man gemeinsam verabreden würde, was man gemeinsam tun müsse, um den Menschen, „die in Not geraten sind, zu helfen.“ Ob den Saarländern tatsächlich zureichende staatliche Hilfe zu Teil wird ist aber noch offen. Vor rund drei Jahren sicherte die Bundesregierung auch den Bürgern im Ahrtal umfangreiche Unterstützung. Teilweise wartet man dort noch heute auf die zugesagten Hilfen.

Zunächst einmal bereitet man sich im Saarland aber auf die kommenden Tage vor. „Interessant wird es am Dienstag“, erklärte der Meteorologe Markus Übel vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Dann werde es erneut zu heftigen Niederschlägen kommen, die voraussichtlich insbesondere den Südwesten der Republik erfassen werden.

„Wahrscheinlich werden Teile von Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Baden-Württemberg betroffen sein“, so Übel weiter. Die berechnete Niederschlagsmenge ist zwar niedriger als am vergangenen Freitag, jedoch werde das Wasser wohl innerhalb von gerade einmal sechs bis acht Stunden abregnen. Für das Saarland könnte das wieder steigende Pegelstände und vor allem wieder Hochwasser bedeuten.

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