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Das Kind mit zwei Vätern – Was das neue Urteil aus Karlsruhe bedeutet

Ein leiblicher Vater kämpfte vor dem Bundesverfassungsgericht um sein Kind, nachdem seine Ex-Freundin ihm die rechtliche Vaterschaft verwehrte und stattdessen ihren neuen Freund zum Vater des Kindes machte. Er bekam Recht. Das Urteil macht nun den Weg frei für mehr Rechte von Vätern - und paradoxerweise für Kinder mit drei Eltern.

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Er ist der Vater eines Kindes, das inzwischen drei Jahre alt ist. Er liebt es und möchte es sehen, öfter als nur alle zwei Wochen für drei Stunden. Doch seine Ex-Freundin lässt ihn nicht. Und wenn es nach den sämtlichen Instanzen geht, die der leibliche Vater im Kampf um sein Kind durchlaufen hat, bevor er Klage beim Bundesverfassungsgericht einlegte, dann hat er auch absolut kein Recht dazu. Hat er seine Frau geschlagen, das Kind misshandelt, ist er alkoholabhängig? Nein, seine Ex-Freundin liebt ihn nur nicht mehr. Sie hat ihn kurz nach der Geburt des gemeinsamen Kindes verlassen und einen neuen Lebensgefährten gefunden. 

Er versuchte mehrfach, sich vom Standesamt als rechtlicher Vater eintragen zu lassen. Doch die Kindsmutter erschien zu den vereinbarten Terminen einfach nicht. Ganz alleine konnte sie daraufhin entscheiden, dass ihr neuer Lebensgefährte als rechtlicher Vater des Kindes anerkannt wird. Dafür braucht es nur die Zustimmung der Mutter, der Vater wird nicht gefragt. Er will für sein Kind sorgen. Doch das darf er nicht. Dafür müsste er der rechtliche Vater sein. Die Anfechtung der Vaterschaft des anderen Mannes scheiterte.

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Das Oberlandesgericht Naumburg entschied in zweiter Instanz, dass ihm ein solches Anfechtungsrecht nicht zustehe. Denn nach § 1600 Absatz 2 und 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch kann der leibliche Vater die Vaterschaft nicht anfechten, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater eine „sozial-familiäre Beziehung“ besteht. Diese kann bereits vorliegen, wenn der rechtliche Vater etwa mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind über längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat. Das soll das Kindeswohl sichern. Doch ist es wirklich gut für das Kind, wenn es von seinem leiblichen Vater ferngehalten wird, obwohl er das Kind liebt und darum kämpft? Und wird so gerechtfertigt, dass ein Mann mit anschauen muss, wie ein Wildfremder seinen eigenen Sohn großzieht und er selbst um Besuchsrechte betteln muss?

Das Bundesverfassungsgericht hat § 1600 Absatz 2 und 3 Satz 1 BGB nun gekippt. Es ist nicht mit dem Elterngrundrecht nach Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz vereinbar. Es ist zwar nicht im Grundgesetz definiert, was genau Eltern sind. Doch wie das Bundesverfassungsgericht so treffend formulierte: „Unabhängig von einer fachrechtlichen Zuordnungsregel sind Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG jedenfalls die im herkömmlichen Sinne leiblichen Eltern des Kindes, also der Mann und die Frau, die das Kind durch Geschlechtsverkehr mit ihren Keimzellen gezeugt haben, wenn diese Frau anschließend das Kind geboren hat.“ Man scheint beim Bundesverfassungsgericht also auch noch zu wissen, was eine Frau ist. 

Der Handlungsbedarf liegt nun beim Gesetzgeber. Der Fall, dass leibliche Väter um ihre Rechte vor dem Familiengericht kämpfen müssen, kommt tatsächlich gar nicht selten vor. Und besonders tückisch dabei: Je länger das Gerichtsverfahren dauert, desto eher kann die erforderliche Bindung zwischen Kind und rechtlichem Vater entstehen, und desto geringere Chancen hat der leibliche Vater auch, die Vaterschaft des rechtlichen Vaters erfolgreich anzufechten. Das Bundesjustizministerium (BMJ) unter Marco Buschmann (FDP) arbeitet bereits seit längerem an einem Gesetzesentwurf zur Besserung der Rechte von Vätern, auch unabhängig vom Ausgang dieses Gerichtsverfahrens. 

Doch nicht nur hinsichtlich der längst überfälligen Besserstellung der Vaterrechte ist das Urteil wegweisend. Es wirft damit auch einen weiteren Aspekt auf. Ein Kind braucht nach Möglichkeit beide leiblichen Eltern. Doch die nun gekippte Bedingung über die „sozial-familiäre Bindung“ soll ebenfalls dem Wohle des Kindes dienen. Wie viele Väter braucht ein Kind denn dann? Das Bundesverfassungsgericht baute in seinem Urteil ganz nebenbei eine kleine Revolution ein und schafft eine neue Rechtsprechung. Denn 2003 hatte das Bundesverfassungsgericht noch in einem Urteil entschieden, dass es im Sinne des Kindeswohls ist, wenn ein Kind nur zwei rechtliche Eltern hat. 

In seinem neuen Urteil macht es jedoch auch den Weg frei, für Kinder mit mehr als nur zwei Eltern und kehrt vom traditionellen Familienbild ab. Die Elternverantwortung müsste grundrechtlich nicht von vornherein auf zwei Elternteile beschränkt werden, so das Gericht. Der Gesetzgeber könne in Konstellationen, wie der vorliegenden, allen dreien die Elternschaft zuerkennen, auch wenn das nicht geboten sei. Bundesjustizminister Buschmann erklärte allerdings noch am Dienstag gegenüber dpa, dass er diesen Spielraum in seiner Reform nicht nutzen werde, er wolle „keine Revolution machen“. Er hält damit am Zwei-Eltern-Prinzip fest. 

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