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Bundesgerichtshof

Weimarer Maskenrichter: Generalbundesanwalt beantragt Urteilsaufhebung und Neuverhandlung

Weil er 2021 die Maskenpflicht an zwei Schulen aufhob, wurde ein Weimarer Richter zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Jetzt deutet der Generalbundesanwalt an, das zuständige Landgericht in Erfurt könnte unsauber verhandelt haben und beantragte eine Urteilsaufhebung und Neuverhandlung.

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Weil er die Maskenpflicht für Kinder an zwei Weimarer Schulen im April 2021 aussetzte, wurde ein Familienrichter vom Amtsgericht Weimar zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Im Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof am vergangenen Mittwoch sorgte dann eine Äußerung eines Vertreters des Generalbundesanwalts (GBA) für Aufsehen. Dieser beantragte eine Aufhebung des Urteils und eine Neuverhandlung des Falls vor dem Landgericht Erfurt – das den Richter im Juli 2023 wegen Rechtsbeugung verurteilt hatte.

Die Anordnung des Richters wurde damals vom Oberlandesgericht Jena revidiert. Familienrichter dürfen nicht über staatliche Maßnahmen entscheiden, dafür seien die Verwaltungsgerichte zuständig, hieß es damals. Vor dem Landgericht Erfurt wurde dem 61-Jährigen dann vorgeworfen, ein Verfahren mit feststehendem Ergebnis konstruiert zu haben, in dem er Eltern als Zeugen eingesetzt habe, deren Namen mit den Buchstaben beginnen, welche in den Zuständigkeitsbereich des Richters fallen.

Jetzt erkannte der GBA-Vertreter vor dem Bundesgerichtshof zwar an, dass der objektive Tatbestand seiner Ansicht nach erfüllt und die Befangenheit der beteiligten Parteien in dem damaligen Verfahren nachvollziehbar sei. Jedoch bemängelte der Anwalt die fehlende Klärung der subjektiven Motive des Richters. Für den Straftatbestand der Rechtsbeugung gilt gewissermaßen, dass dem Verbrechen eine vorsätzliche Handlung zugrunde liegen muss.

Laut Paragraf 339 des Strafgesetzbuches trifft der Straftatbestand der Rechtsbeugung dann zu, wenn ein Richter eine „Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei“ falsch veranlasst. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat die notwendigen Tathintergründe in einem Schreiben Ende des vergangenen Jahres präzisiert und evaluiert, dass „vorsätzliches Handeln“ aus subjektiver Sicht gegeben sein muss.

Der GBA-Vertreter argumentierte jetzt, die subjektive Grundlage der Rechtsbeugung habe das Landgericht Erfurt aber gar nicht untersucht. Mit anderen Worten: Das Landgericht hat möglicherweise unsauber gearbeitet. Dieser Vorwurf geht auch aus einer weiteren Anmerkung des GBA-Vertreters hervor: Das Landgericht habe Einlassungen des angeklagten Richters in der Strafzumessung, also der Festsetzung der Strafe, als Teilgeständnis gewertet.

Weil aber die subjektive Grundlage des Vorwurfs der Rechtsbeugung nie geklärt worden ist, kann daraus nicht geschlossen werden, der Richter habe die Vorsätzlichkeit der Tat gestanden. Zudem erklärte der Angeklagte, er habe „nie das Recht verletzen“ wollen.

Aus Sicht des Anwalts muss vor dem Bundesgerichtshof also nicht nur über das Strafmaß entschieden werden. Mit anderen Worten: Untersucht werden muss auch, ob das Landgericht in Erfurt die richtigen Schlüsse gezogen hat. Daher beantragte der GBA-Vertreter eine Aufhebung des Urteils und eine Neuverhandlung des Falls vor einer anderen Kammer des Landgerichts.

Wenn die Richter in einer Verhandlung zu dem Schluss kommen, der Angeklagte habe nicht vorsätzlich das Recht gebeugt, sondern im Sinne des Kindeswohls handeln und dahingehend richtig entscheiden wollen, würde der Tatvorwurf der Rechtsbeugung wackeln oder zumindest das veranlasste Strafmaß abgeschwächt werden.

Eine Verurteilung wiederum hätte zur Folge, dass der Angeklagte sein Richteramt sowie seine Pensionsansprüche verliert. Bereits seit Januar 2023 ist er suspendiert. Ob dem Antrag des GBA-Vertreters stattgegeben wird, ist derzeit unklar. Ursprünglich war eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs für den 20. November festgesetzt.

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