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Haushaltsdebatte

Mehrwertsteuer-Erhöhung, um Ampel-Ausgaben zu finanzieren?

Um neue Ampel-Pläne zur Entlastung von Unternehmen zu finanzieren, halten Ökonomen es für unvermeidbar, dass die Regierung eine Mehrwertsteuererhöhung forcieren wird. Denn die eigenen Ausgaben will die Ampel nicht kürzen.

Die Bundesregierung möchte Unternehmen steuerlich zu entlasten, um die deutsche Wirtschaft wieder anzukurbeln. Zuletzt hatte die fatale Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum für Erschrecken bei Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gesorgt.

Um die Unternehmen steuerlich zu entlasten, sollen dafür in sowieso schon finanzschwachen Zeiten anderswo höhere Einnahmen erzielen. Während Habeck auf neue Kredite mittels eines neuen Sondervermögens plädiert, fordert FDP-Chef Christian Lindner ein Einhalten der Schuldenbremse, notfalls auch mit neuen Steuern. Wichtige Ökonomen gehen daher jetzt von einer Erhöhung der Mehrwertsteuer für Verbraucher aus.

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Finanzierung durch neue Steuern

Erst am Donnerstag hatte die EU-Kommission ihre Wachstumsprognose für Deutschland auf 0,3 Prozent im laufenden Jahr gesenkt. Im Herbst hatte sie noch ein Plus von 0,8 Prozent erwartet. Eine erneute Klatsche für Deutschland – schließlich ist man damit erneut Schlusslicht unter den 20 EU-Staaten.

Aus der Politik kamen (selbst-)kritsche Worte: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bezeichnete die Aussichten für den deutschen Wirtschaftsstandort als „dramatisch schlecht“. Finanzminister Christian Lindner sprach angesichts dieser neuen Prognose von einer „peinlichen und in sozialer Hinsicht gefährlichen“ Prognose. Einig war man sich in der Schlussfolgerung aus dieser Schreckensvorhersage: Um die Wirtschaft anzukurbeln, sollen die Unternehmenssteuern gesenkt werden. Uneinigkeit gibt es allerdings um die Details und die Finanzierung dieses Vorhabens.

So fordert Habeck erneut neue Kredite mittels Sondervermögen, die nicht unter die Schuldenbremse fallen. Lindner hingegen will die Schuldenbremse einhalten, um wenigstens eins der Wahlversprechen der Freien Demokraten zu halten. Da jedoch Steuersenkungen für Unternehmen die Einnahmen des Bundes verringern würden, müsste dieser nach Lindners Ansicht an anderer Stelle sparen oder die Steuern erhöhen. Weg frei für eine erhöhte Mehrwertsteuer – das sagen jetzt zumindest führenden Ökonomen.

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Die einzige realistische Möglichkeit?

So spricht der Ökonom und ehemalige Wirtschaftsweise Bernd Rürup in einem Beitrag für das Handelsblatt von einer Erhöhung der Mehrwertsteuer als realistische Option. Die offiziell Umsatzsteuer genannte Abgabe liegt in der Bundesrepublik mit einem Normalsatz von 19 Prozent am unteren Ende der EU-Spanne. Fast alle anderen Mitgliedsländer verlangen zwischen 20 und 27 Prozent. Hier gäbe es also noch Spielraum für Deutschland.

Die erhöhte Mehrwertsteuer würde dann jeden Kauf, den ein Verbraucher tätigt, teurer machen – in einer Zeit mit Inflation und immer steigenden Energie- und Lebensmittelkosten schon so mancher besorgt auf die Ausgaben am Ende des Monats guckt, nochmals eine weitere Zumutung und Belastung. Vielleicht dennoch die einzige Möglichkeit für die Koalition, die sich davor drückt, Geld einzusparen oder teure Projekte im Ausland auf Eis zu legen.

Geld bringe diese Steuererhöhung nämlich viel: Ein Prozentpunkt mehr beim normalen Mehrwertsteuersatz bringt dem Staat rund 16 Milliarden Euro Mehreinnahmen, rechnet Rürup für das Handelsblatt vor. Ein Prozentpunkt weniger beim ermäßigten Satz koste drei Milliarden Euro. Rürup kommt so auf folgendes, realistisches Szenario: Die Bundesregierung erhöht die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte auf 21 Prozent. Damit wäre sie ähnlich den Sätzen in Belgien oder den Niederlanden. Als sozialen Ausgleich senkt sie den ermäßigten Satz um zwei oder drei Prozentpunkte auf vier oder fünf Prozent. Unter dem Strich würden Mehreinnahmen von rund 25 bis 30 Milliarden Euro bleiben, so Rürup, die der Staat dann an die Unternehmen weitergeben könnte.

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Zum Vergleich: Die vielfach geforderte Senkung der Körperschaftsteuer um fünf Prozent würde den Bund rund 15 Milliarden Euro kosten. Die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags etwa 13 Milliarden Euro. Rürups Konzept könnte wohl beide Maßnahmen ohne Neuschulden finanzieren.

Es kann nur über die Mehrwertsteuer gehen

Wenn die Ampel ihre Ausgaben nicht senken will, scheint es nur über die Mehrwertsteuer zu gehen. Denn scheinbar gibt es keine Bereitschaft an den milliardenschweren Ausgaben auch nur ein wenig zu drehen. Die FDP-Bundestagsfraktion hatte lediglich vorgeschlagen, in der Koalition Möglichkeiten zu suchen. Bis hierhin gab es aber noch kein Konzept, wie diese Einsparungen aussehen könnten.

Deswegen gehen viele Öknomen von einer Anpassung der Mehrwertsteuer aus. Wie das aussieht, ist allerdings offen. So gibt es neben der Erhöhung auf 21 Prozent auch die Idee, statt einen Mehrwertsteuersatz zu erhöhen und einen zu senken, den ermäßigten Satz abschaffen und auf alle Waren 16 Prozent Mehrwertsteuer erheben. Das fordert der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, in der Süddeutschen Zeitung. Eine Idee, die für Besserverdienende einer Erleichterung gleich käme, für viele Menschen im Mittelstand oder in niederen Einkommensschichten die Belastung nochmals exorbitant erhöhen würde. Wie es am Ende genau passiert, das wird den allermeisten Verbrauchern am Ende aber fast egal sein. Im Geldbeutel wird es auf jeden Fall spürbar sein.

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