Am Samstag versank Gießen im Chaos. Es kam zu Angriffen auf Polizisten, Verletzten und hunderten Festnahmen – alles wegen eines kleinen Festivals in den Gießener Hessenhallen. Die Stadt wollte das Eritrea-Festival, nachdem es schon im letzten Jahr zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen war, eigentlich wegen Sicherheitsbedenken verbieten. Und man hätte die Veranstaltung wirklich untersagen sollen. Aber nicht nur wegen Sicherheitsinteressen, sondern weil das Eritrea-Fest eine Propaganda-Veranstaltung des eritreischen Diktators Asayas Afewerki ist – und ein Beitrag zur Terrorfinanzierung.
Das Fest wird vom Verein Zentralrat der Eritreer in Deutschland organisiert – eine Vereinigung, die das Terrorregime von Diktator Asayas unterstützt und die in der Vergangenheit aktiv um Spenden für den Krieg in der nordäthiopischen Tigray-Region warb. Einen äthiopischen Bürgerkrieg an dem Eritrea beteiligt ist, den das eritreische Regime anheizt, bei dem es Friedensverhandlungen verhindert und seine Soldaten Kriegsverbrechen wie Massenhinrichtungen und Massenvergewaltigungen begehen lässt. Soldaten, die keine Wahl haben, ob sie solche seien wollen oder nicht – sie sind Zwangsarbeiter.
Die brutale Diktatur Eritreas
Zwangsarbeit ist das bekannteste Charakteristikum von Asayas Diktatur. Der heute 76-Jährige ist seit dem Jahr 1993, als Eritrea nach jahrzehntelangen Kämpfen mit Äthiopien seine Unabhängigkeit erlangte, Parteivorsitzender der Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit (PFDJ) und damit auch Staats- und Regierungsoberhaupt. Asayas ist damit seit 30 Jahren an der Macht – eine Zeit, in der es kein einziges Mal eine demokratische Wahl gab. Die in den 90ern von der Nationalversammlung beschlossene Verfassung trat ebenfalls nie in Kraft.
Wie der Vorsitzender der durch den UN-Menschenrechtsausschuss eingesetzten Untersuchungskommission 2016 berichtete, gibt es in dem afrikanischen Land „keine unabhängige Justiz, kein Parlament und keine anderen demokratischen Institutionen“. Die Folge ist eine gewalttätige Willkürherrschaft: Verhaftungen, Tötungen, Folter, politische Verfolgung, grausame Haftbedingungen und Zwangsarbeit sind Alltag.
Und vor allem die Zwangsarbeit ist es, die das Land am Laufen hält. Jeder Eritreer zwischen 18 und 50 Jahren muss einen Wehrdienst leisten – der eigentlich auf 18 Monate begrenzt ist, in Wirklichkeit aber nach Belieben der Militärregierung verlängert werden kann. Damit es genug Zwangsarbeitskräfte in der Landwirtschaft, auf dem Bau, in der Industrie und im Militär gibt. Das ist der Hauptgrund, warum so viele Eritreer die Flucht nach Deutschland und in andere europäische Länder wagen. Für sie ist ihr Land ohne Hoffnung – Kritiker verschwinden spurlos, wer fliehen will, wird erschossen. Und der lange Arm des Terrorregimes reicht bis nach Deutschland.
Propaganda-Festival in Deutschland
Nachdem das Eritrea-Festival 2022 nach Protesten von Regime-Gegnern abgebrochen wurde, hat der eritreische Propagandaminister Yemane Gebremeskel getwittert, dass sich der eritreische Botschafter in Deutschland dem annehmen würde. Nur Tage später fand im eritreischen Generalkonsulat in Frankfurt eine Versammlung statt. Wie Rut Bahta von der oppositionellen eritreischen Organisation „United4Eritrea“ gegenüber der taz berichtete, habe es danach immer wider Gewaltvorfälle in Hessen und Nordrhein-Westfalen gegen oppositionelle Eritreer gegeben, die gegen das Regime demonstriert hatten – Messerattacken, Schlägereien und Morddrohungen.
Von Regime-Anhängern, die dank der unkontrollierten Masseneinwanderung möglicherweise genauso in unser Land gekommen sind, wie Eritreer, denen tatsächlich politische Verfolgung droht. Oder von Eritreern, die im Zuge des Unabhängigkeitskrieges mit Äthiopien schon vor 1993 nach Deutschland geflohen sind und nicht glauben wollen, dass sich aus der nationalen Befreiungsbewegung in ihrem Land eine Diktatur entwickelt hat. Sie unterstützen das Regime und halten die Oppositionellen – die nach der Jahrtausendwende vor dem Terrorregime von Asayas flohen – für Verräter oder Extremisten.
Eritreische Konflikte in Deutschland
Die bedrohliche Situation für Oppositionelle gibt ihnen natürlich trotzdem nicht das Recht, ihre Angst, Wut, ihren Hass oder ihre Verzweiflung in Form von Gewalt auf unsere Straßen zu tragen – so wie es jetzt in Gießen geschehen seien soll. Doch gewaltlosen Protest an sich, gegen das Terrorregime, aber auch gegen den deutschen Staat, könnte man durchaus verstehen. Immerhin scheint unsere Regierung nicht ernsthaft versuchen zu wollen, Eritreer in Deutschland vor Repressionen aus der Heimat zu schützen. Es ist seit Jahren bekannt, dass eritreische Botschaften, Konsulate, Gemeinschaftsorganisationen (mahbere-koms) und die YPFDJ, eine Jugendorganisation der eritreischen Einheitspartei, in Deutschland lebende Eritreer unter Druck setzt und Gelder sammelt, die das heimische Terrorregime mitfinanzieren.
Wenn zum Beispiel ein Flüchtling die eritreische Botschaft aufsucht, weil er Passdokumente benötigt, muss er dort eine „Erklärung des Bedauerns“ unterzeichnen. Damit bekennt er sich schuldig, gegen nationale Interessen Eritreas verstoßen zu haben und erklärt dass er bei einer möglichen Rückkehr in sein Heimatland jede Bestrafung akzeptiert, die das Regime für angemessen hält. Außerdem willigt er mit seiner Erklärung ein, künftig die sogenannte „Diasporasteuer“ zu zahlen.
Diese Steuer wurde nach Erlangen der Unabhängigkeit 1993 eingeführt – eritreische Staatsbürger müssen seither zwei Prozent ihres Jahreseinkommens, egal ob Arbeitseinkommen oder Sozialleistung, an das Regime abführen. Damit auch im Ausland lebende Eritreer kontrolliert und zur Zwangsabgabe genötigt werden können, hat das Regime – auch in Deutschland – ein Netzwerk diplomatischer Vertretungen und angeblich unpolitischer Kultur- und Gemeindeverbände installiert. Regierungsunterstützer suchten in der Vergangenheit auch Flüchtlingsunterkünfte auf, um die dort lebenden Eritreer zur Zahlung der Diasporasteuer aufzufordern.
Keine Terrorpropaganda auf deutschem Boden!
Das Eritrea-Festival ist Teil der angeblichen so unpolitischen Kulturverbände – und Veranstaltungen. Es verherrlicht die Militärdiktatur, von der aus in den vergangenen Jahren immer wieder Generäle, Musikgruppen und Propagandisten zum Festival nach Deutschland eingeflogen wurden. Und es sammelt Spenden – Gelder, die direkt in den Finanzhaushalt von Diktator Asayas Afewerki fliessen. Mit denen er nicht nur sein Terrorregime am Laufen hält, sondern auch terroristische Vereinigungen wie die radikal islamistische al Shabaab Miliz unterstützt.
Unser Land sollte keine Veranstaltungen auf deutschem Boden zulassen, die Terrorismus und Gewaltherrschaft im Ausland unterstützen. Mehr noch: Nach unserem Verständnis von Rechtsstaat und Demokratie sollte es eigentlich selbstverständlich sein, Unrechtsregime und ihren Einfluss zu bekämpfen. Wir sollten uns für die Freiheit von Eritreern einsetzen, nicht für die vollen Taschen eines Diktators.
Den Behörden war die Gefahrenlage im Vorfeld bekannt. Das Ganze kann man als Totalversagen der zuständigen Gerichte bewerten, die wider besseren Wissens Verletzte und auch Tote in Kauf genommen haben.