Zurück zur Wehrpflicht? – das große Apollo Battle

Lesen Sie hier: Das große Debattenduell. Wehrpflicht-Lover Maxi vs. Freiwilligkeits-Fanatiker Adrian. Sollte die Wehrpflicht wieder eingeführt werden? Wird Deutschland so endlich wieder verteidigungsfähig oder stehlen wir den jungen Leuten so nur eines der besten Jahre ihres Lebens– wer überzeugt Sie mehr?

Achtung: Dieser Beitrag könnte vereinzelt Spuren von Humor enthalten. Weder ungediehnte Dienst-Forderer noch gediehnte Pflichtdienst-Verweigerer wurden bei der Produktion dieser Kolumne ernsthaft verletzt. Bei Risiken und Nebenwirkungen wenden Sie sich an ihren Arzt, Apotheker oder Seelsorger. 


Ja, zur Wehrpflicht! – ein souveräner Staat muss abwehrfähig sein

Von Max Zimmer | Bevor ich überhaupt anfange: Jajaja, ich weiß ja schon – der ungediehnte Jura-Student will unserem Apollo-Hauptgefreiten jetzt die Truppe erklären. Und dass, obwohl Adrian mir ja sonst so gerne klar macht, dass ich von nichts eine Ahnung hätte, und meine Meinung zur Bundeswehr nur so vor Halbwissen strotzt. Aber nichts da – nur weil du bei der Bundeswehr bist, hast du die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen. Es gibt gute Gründe für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht.

Jahrzehntelanges kaputtsparen, Abschaffung der Wehrpflicht, Beraterskandale und in ihrer Kompetenz mindestens zweifelhafte Ministerinnen: Die Politik hat unsere Bundeswehr – und damit unsere Abwehrbereitschaft – viel zu lange ignorant behandelt, und so sukzessive zerstört. Ich denke da wird mir auch der Adrian noch zustimmen können. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht allein wird zwar gewiss nicht die Lösung aller Probleme sein, aber genau so wie ihre Abschaffung einst der Beginn des Niedergangs war, könnte ihre Wiedereinführung der Beginn eines Wiedererstarkens sein. 

Im Grunde genommen ist die Politik ja nur ehrlich, und repräsentiert auch in gewisser Weise die Haltung der deutschen Öffentlichkeit – man ist gerne Pazifist, preist den Frieden und will mit Militär nichts zu tun haben. Diese Mentalität geht natürlich einher mit dem herrschenden linksliberalen Zeitgeist, der keine Werte wie Vaterland, Männlichkeit, Kampfgeist oder Disziplin kennen will, sondern in dem vor allem wohlklingende Gutmenschen-Phrasen à la Weltfrieden, Liebe, Toleranz und Vielfalt gepriesen werden.

Es hängt allerdings sicherlich auch damit zusammen, dass die oft (nicht zu Unrecht) als verweichlicht bezeichnete „Generation Z“ quasi kaum noch Berührungspunkte mit dem Dienen hatte – leider ist nicht jeder in unserer Generation so schneidig und aufopferungsbereit wie Adrian. Während die Generationen ihrer großen Brüder und Väter diesem Land noch in großen Teil in Uniform gedient haben, verbrachten die pflichtbefreiten Z´ler ihre Jugend meist am Handy, vor der Konsole, beim Feiern oder halt im Lockdown. 

Aber eine charakterbildende Lebensschule in der Kaserne, das kennen viele Buben heute gar nicht mehr. Und das merkt man dem Wesen dieser Generation leider auch an. Links, woke, disziplin- und teilweise auch anstandslos, das sind leider nicht zu Unrecht Klischees über die heutige Jugend. Auch hier wäre ein Pflichtdienst am G36 und ein morgenlichtes Wecken durch den Feldwebel sicherlich keine Patentlösung, aber es würde definitiv nicht dabei schaden, den jungen Menschen heutiger Tage mal wieder ein bisschen Schneid beizubringen. 

Und ja, mir ist natürlich bewusst, dass der Kasernenalltag auch seine Tücken mit sich bringt, und Charaktere nicht unbedingt immer nur zum besseren formt – hier könnte ich Adrians Bierkonsum ansprechen, aber dann schweife ich wohl vom Thema ab. 

Aber es geht ja nicht bloß um reine Erziehungsmaßnahmen – spätestens seit dem 24. Februar diesen Jahres wissen wir, dass Frieden in Europa und auch in deutscher Nachbarschaft nicht selbstverständlich sind. Dieser Irrglaube seit Ende des kalten Krieges, wir seien künftig befreit von der Notwendigkeit, uns verteidigen zu können, fällt uns nun auf die Füße. Auch ich halte es für unwahrscheinlich, dass sich der Konflikt ausweitet, und der Russe morgen früh durch Polen marschiert und an unserer Grenze steht – aber ich habe auch nicht mit dem Angriff auf die Ukraine gerechnet (ich weiß Adrian, ich schulde dir deswegen noch eine Flasche Vodka – ukrainischen, versteht sich), also was weiß ich schon.

Klar ist – wir müssen im Zweifel abwehrbereit sein. Und das gilt gar nicht nur bezüglich Russland und der Sicherheitskrise in Osteuropa; es ist eine grundsätzliche Voraussetzung eines souveränen Staates, seine Interessen auch militärisch wahrnehmen zu können. Und hierzu gehören eben nicht nur Panzer, Artillerie, Flugzeuge und Schiffe – sondern auch eine robuste Mannstärke. Wir sehen in der Ukraine, dass man Zivilisten ohne militärische Ausbildung nicht einfach ein Gewehr in die Hand drücken kann, und sie werden dann zu effizient kämpfenden Soldaten. 

Es braucht für eine breite Kampfbereitschaft auch einen hohe Anzahl an gedienten, ausgebildeten Soldaten, die schnell mobilisiert werden können. Und da hilft nun mal nur eine Wehrpflicht, denn wir reden hier im Zweifelsfall von einem Bedarf über Hunderttausende bis Millionen Männer. Eine Wehrpflicht hilft dabei, diesen Bedarf kostengünstig abzudecken, und eine breite Reserve aufzubauen.

Außerdem bringt eine Wehrpflicht die Bundeswehr wieder in die Mitte der Gesellschaft, denn zu dienen wäre normal, und ginge wieder durch alle Gesellschaftsschichten. Es hätte etwas gesellschaftlich vereinendes, wenn nicht nur vereinzelte Militärfreaks und überzeugte Patrioten wie Adrian, sondern auch der eigene Nachbar, der Professor an der Uni, der Verkäufer im Supermarkt und der Chef im Büro allesamt zum Kreis der Kameraden zählten, mit denen man sich im Fall der Fälle einen Schützengraben teilt. 

Die oft bemängelte Anerkennung und Wertschätzung der Bundeswehr in der Gesellschaft würde dadurch offensiv bekämpft, denn die Bundeswehr würde wieder ein Teil der Gesellschaft werden, etwas, das alle gleichermaßen betrifft.

Wenngleich man den Eingriff in die Lebensplanung junger Menschen zurecht kritisieren mag, so sehe ich hier eine schlicht von unserer Zeit geforderte Maßnahme, ein Mittel zur Abwehr nach Außen, zur Stärkung nach innen und zur Normalisierung der Truppe in der Gesellschaft.


Wehrpflicht? Nein danke! – Auf Zwangskameraden kann ich verzichten

Von Adrian Hurtado | Mimosen, Klimahüpfer, Moralapostel und Geschlechts-Jongleure – kurz: Unsere verweichlichte Generation. Das ist das oft beklagte Steckenpferd, mit dem Leute wie Maxi eine Rückkehr der Wehrpflicht fordern. Aber mal im Ernst: Soll unsere Gesellschaft allein dadurch wieder mehr Rückgrat entwickeln? Ich glaube nicht. 

Vorab: Ja, auch ich sehe dieses Problem. Aber anders als du betrachte ich nicht die fehlende Wehrpflicht als das springende Element, was die Hauptschuld daran trägt. Das Problem liegt doch in den gesamten ersten 18 Lebensjahren eines deutschen Staatsbürgers, wo ihm quasi vom Kindergarten bis zum Schulabschluss erzählt wird, dass Dinge wie Disziplin oder die eigene Heimat quasi nichts wert sind. Ja, es gibt Ausnahmeschulen, doch bei der überwiegenden Mehrheit ist das nunmal der Fall. Denkst du wirklich, dass dieses eine Jahr die gesamte (Un-)Bildung der Kindheit und Jugend ausbügeln kann? Für mich klingt das eher wie ein letzter verzweifelter Rettungszweig.

Es ist auch so nicht richtig, dass der „Niedergang“ der Bundeswehr erst mit dem Aussetzen der Wehrpflicht angefangen hat. Gerade du solltest doch wirklich wissen, dass der Abbau von Personal und Material seit der Wende im vollen Zuge war. Hatten wir 1991 noch weit über 400.000 aktive Soldaten, so waren es 2010, also im Jahr vor der Aussetzung der Wehrpflicht, nur noch knapp über 200.000. Der Unterschied zu heute ist also gar nicht so groß – abgesehen von den Bundeswehr-Handtaschen und Schwangerschaftspanzern.

Was ich auch nicht verstehe, ist, wieso du eine Wehrpflicht als einzige Lösung siehst, um die Truppenstärke zu erhöhen. Ob du die USA magst oder nicht, sie sind ein gutes Beispiel, dass man auch ohne Wehrpflichtige eine deutlich größere Armee stellen kann. Seit 1973 ist dort die Wehrpflicht ausgesetzt, dennoch verfügen sie bei einer Bevölkerung von 330 Millionen über 1,3 Millionen aktive Soldaten. In Deutschland gibt es gerade mal 185.000 Soldaten bei einer Bevölkerung von 82 Millionen. Grob gerechnet verfügen die USA also bei einer 4 mal so großen Bevölkerung über eine mehr als sieben-mal so große Armee.

Ich weiß, wir wünschen uns beide eine Bundeswehr, bei der dem Russen nur vom Anblick schon die Knie zittern. Aber das wird nicht geschehen, indem wir einfach allen jungen Erwachsenen ein Jahr ihres Lebens stehlen, in dem sie höchstens halb fertig ausgebildet werden. 12 Monate reichen nicht, um einen Rekruten einsatzfähig zu machen. Schon allein meine Grund- und Dienstpostenausbildung als Panzergrenadier haben gut acht Monate in Anspruch genommen – und danach war ich noch lange nicht voll ausgebildet.

Und übrigens Maxi, hast du vielleicht vergessen: Bei der Bundeswehr herrscht eine Duldungspflicht für zwei Corona-Impfungen. Wenn eine Wehrpflicht eingeführt wird, bedeutet das also faktisch eine Impfpflicht für alle jungen Menschen. Mit deiner Wehrpflicht werden die Leute nebenbei noch zwangsgeimpft – willst du das wirklich?

Auch ich wünsche mir eine größere, stärkere und einsatzfähige Bundeswehr. Auf Kameraden, die gar keine Lust auf ihre Arbeit haben, kann ich aber gerne verzichten.

4 Antworten

  1. Blauigel sagt:

    Im Fall daß die politische „Führung“ durchdrehen würde.. wäre eine Armee mit Wehrpflichtigen schwieriger gegen die eigene Bevölkerung einsetzbar.

  2. Sofie S. sagt:

    Ich kann Argumente aus beiden Lagern verstehen. Ich denke oft, dass es einigen jungen Männern gut tun würde, etwas Disziplin zu lernen (ok-hab als Frau gut reden..), trotzdem überwiegt für mich das Zwangs-Argument. Was gibt dem Staat das recht einen jungen Mann aus seinem Alltag und Leben zu reißen, damit er einen Dienst macht, den er nicht machen will?

    Interessant auch der Aspekt mit der Duldungspflicht – das wusste ich noch nicht. Ein weiterer schwerer Punkt gegen die Wehrpflicht.

  3. Schmiddi sagt:

    Das Argument mit den Muttisöhnchen, die durch die Wehrpflicht zu stahlharten Kerlen werden, zieht nicht so richtig. Denn für alle Weicheier gibt‘s ja den Wehrersatzdienst (= Zivi). Ich z.B. hab mein Zivi im Kindergarten abgeleistet 😊 Da ist mir ein Berufsheer lieber, die haben wirklich Bock auf ihren Job.

    • Hardy sagt:

      Wehrdienst – also Selbst- und Landesverteidigung – kann man nicht ersetzen. Womit will man sich und z. B. Angehörige ersatzweise und verantwortungsvoll schützen? Wo will man das lernen? Ist das ein gutes Ruhekissen, im Angriffsfall selbst völlig unvorbereitet , weil unausgebildet zu sein?