Wir haben keinen Kanzler mehr

Von Elisa David | Monatelang hieß es: Wo ist eigentlich Olaf Scholz? Wo ist unser Kanzler? Jetzt hat man ihn gesichtet – und es wäre besser, er wäre weggeblieben. Olaf Scholz hat Schulter an Schulter mit „Palästinenserpräsident“ Mahmud Abbas eine Pressekonferenz im Kanzleramt gegeben. Mit welcher Legitimation man den überhaupt in unser Land und das Herz unserer Demokratie gelassen hat, nachdem er ja schon mindestens seit 2009 nicht mehr legitimiert ist (und der ganze Status von „Palästina“ ist ja sowieso fraglich), fragt man sich vergebens. Aber gut, nun war er da.
Was würde man von einem Mann, dessen Land einen Vernichtungskrieg gegen das einzige jüdische Land der Welt – und den einzigen demokratischen Staat im Nahen Osten – führt, seinen Doktor in Holocaustleugnung gemacht hat und sich mit islamistischen Terroristen verbrüdert, erwarten? Wahrscheinlich ungefähr das was er dann auch tatsächlich getan hat. Auf der tollen Bühne die er durch unseren Kanzler zur Verfügung gestellt bekommen hat, nutzt er die Reichweite um Israel die Verübung von „50 Holocausts“ zu unterstellen. Scholz stand daneben – und schwieg. Kein Kommentar, kein Widerspruch – von härteren Konsequenzen ganz zu schweigen. Der BILD-Zeitung sagt er dann später, dass er jegliche Relativierung des Holocaust „unerträglich und inakzeptabel“ findet. Außerdem habe er ja eigentlich unmittelbar reagieren wollen und sei auch sehr empört. Aber da sein Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Pressekonferenz nach dieser Aussage sofort beendet hat, hatte er auch keine Gelegenheit mehr dazu.
Entmachtet vom Untergebenen
Unser Bundeskanzler wurde entmachtet – von seinem eigenen Regierungssprecher. Auf der Internetseite der Bundesregierung steht zu Steffen Hebestreit schwarz auf hellblau eigentlich klipp und klar: „Er untersteht direkt Bundeskanzler Olaf Scholz“. Als Regierungssprecher hat Hebestreit keinerlei Kompetenzen, die es ihm ermöglichen Olaf Scholz auf irgendeine Weise das Wort zu verbieten. Er hat es aber trotzdem geschafft, wahrscheinlich sogar unabsichtlich.

Inzwischen bereut Hebestreit es, die Pressekonferenz zu schnell abgebrochen zu haben: „Das bereue ich zutiefst und das muss ich auf meine Kappe nehmen.“ Er erklärt den Journalisten, die hätten gestern ja selbst gesehen, dass Olaf Scholz ihn beim Abgang dafür „angeraunst“ habe, dass er die Veranstaltung zu schnell beendet hat und dass er gerne noch etwas entgegnet hätte. So will man das Ganze jetzt also drehen: Neeeeeiiiin, Olaf hat doch nicht geschwiegen. Eigentlich kochte er vor Wut, war über die Maße empört und wollte auch sofort seine brennende Solidarität zu dem Staat Israel bekunden – aber dann wurde halt leider die Konferenz abgebrochen, da kann man eben nix machen. Politik und „Nie wieder“ scheitern dann an einem Regierungssprecher. Was hat er gemacht? Den off-Schalter am Scholz-Roboter betätigt? Das Licht und die Mikrophone ausgeschaltet? Beide von der Bühne gezerrt? Was hat Olaf Scholz davon abgehalten, zu sagen: „Nein, das brechen wir jetzt nicht ab, ich habe noch was zu sagen.“
Kann Scholz Kanzler? Nein, er kann nicht mal Politiker.
Ist das die Art, auf die Deutschland sich der Welt präsentieren will? Wir sprechen Machtworte nur, wenn sie in den Zeitplan passen? Sein wir doch mal realistisch. Dass er die Pressekonferenz so schnell abgebrochen hat, war kein Fehler von Hebestreit. Vielmehr wollte der Parteisoldat doch seinen Bundeskanzler retten. So wie Biden bei seinen Auftritten einen Zettel in die Hand gedrückt bekommt auf dem er erinnert wird, wann er sich auf seinen Stuhl setzten darf, hat Olaf seinen Steffen an seiner Seite, der Auftritte abbricht wenn der schon wieder einen seiner Schweigeanfälle hat. Dann läuft in seinem Kopf nur noch Fahrstuhlmusik und sein Gesicht sieht gequält aus, als hätte er schlechte Schawarma gegessen.
Dabei ist Scholz doch sonst nicht auf den Mund gefallen. Sein selbstzufriedenes Grinsen kommt doch so oft zum Einsatz, wenn er auf die Frage eines Journalisten mit Sprüchen wie: „Ja, könnte ich.“ antwortet. „Hätte hätte Fahrradkette“, hebt er sich noch für später auf. Wenn staatstreue Journalisten ihm Interessensfragen stellen, kriegt er den Mund auf. Aber wenn es darauf ankommt, nicht. Nichtmal die absolut grundlegendste Qualität die man als Bundeskanzler, oder überhaupt als Politiker haben muss – nämlich im richtigen Moment zumindest das richtige zu sagen, wenn man schon nichts tut – kann Olaf Scholz bieten. Dass dieser Witz von einem Mann überhaupt mal die Dreistigkeit hatte, im Wahlkampf für sich von Führungsqualität zu sprechen, ist eigentlich unglaublich.
Für Widerspruch war keine Zeit mehr. Zum Händeschütteln aber schon.
Israelische Politiker zeigen sich erbost über die Äußerungen von Abbas – völlig zu recht. Man muss in Israel alarmiert sein, wenn der Nachbar, der seit Wochen mit Raketen auf Zivilisten schießt, sich so äußert. Es ist eine Schande, dass das ausgerechnet auf deutschem Boden passieren musste. Die ganze Welt blickt auf dieses Video. Abbas war sich seiner Sache dabei von Anfang an sicher, sah keinen Grund sich zurückzuhalten, nur weil man ihn jetzt nicht mehr nur im palästinensischen Propaganda-Fernsehen sieht oder weil er im Kanzleramt zu Gast war. Es ist schlimm genug, dass er von vornherein so wenig Respekt vor uns und unserem obersten Regierungschef hatte. Doch Scholz hat ihn darin auch noch bestätigt. Für eine Entgegnung war schließlich keine Zeit mehr. Zum Händeschütteln aber schon. Statt für diesen Fehler einzustehen, muss sein Sprecher jetzt für sein Versagen den Kopf hinhalten und um Gnade flehen. Wir haben keinen Bundeskanzler mehr.
Schade, dass auch offizielle Organisationen der juedischen (auch der arabschen!) Gemeinden so still sind.
Wess Brot ich ess … ????
Danke für diesen wunderbaren Text, dem nichts mehr hinzuzufügen ist. Außer vielleicht, dass sich die beiden einstigen Volksparteien ihren Untergang – siehe Friedrich Merz – wirklich redlich verdient haben.
Besser kann man es nicht sagen!
Übrigens hat die Wendung „gequält gucken, als ob man schlechtes Schawarma gegessen hat“, Potential. Würde mich nicht wundern, wenn sie in Berlin-Kreuzberg in den allgemeinen Sprachgebrauch übergeht. 😉
Frau David, Sie sprechen mir aus der Seele. Ein furchtbares skrupelloses Phantom der Typ.