Will uns die Politik zur grünen Askese erziehen?
Von Elena Klagges | Dieser Tage allgegenwärtig sind die Stichworte ,,Verzicht’’ und ,,Einsparungen’’. Wir sollen öffentlich und gemeinsam Leiden, um gleichzeitig für den Frieden zu kämpfen und unser Alltagsleben halbwegs ,,normal’’ fortführen zu können.
So sollen beispielsweise die Swimmingpools nicht mehr mit Gas beheizt werden dürfen. Dies sieht das am Donnerstag vorgestellte Energiespar-Paket vor, doch seien wir mal ehrlich: Wie viele private Pools gibt es in Deutschland? Schätzungen zufolge ca. 2,1 Millionen inklusive Aufstellbecken und diese in der kommenden Zeit nicht mehr zu erwärmen, ist wirklich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der gewünschte Effekt kann vernachlässigt werden und ist im Endeffekt nur eine Maßnahme, um dem glücklichen Teil der Bevölkerung ihren Luxus zu entziehen – reine Symbolpolitik würde ich einschätzen.
Besonders betroffen von den Strom- und Gasbegrenzungen wären auch die Friseurunternehmen. Denn hier würden die Einsparungen bedeuten, dass die Haare mit kaltem Wasser gewaschen werden müssten und man nicht mehr ordentlich föhnen könnte. Viele Menschen haben bei Umfragen schon angekündigt, dass sie dann weniger oder sogar gar nicht mehr zum Friseur gehen wollten. Andersrum befürchten Friseure, dass sie die gestiegenen Kosten überhaupt nicht stemmen könnten und aufgrund dessen ihren Betrieb sowieso schließen müssten. Nachdem das Hairstyling schon zu Coronazeiten unmöglich geworden war, habe ich mich gefragt, ob die Politik uns Deutsche eigentlich verwahrlosen lassen möchte? Ob sie uns alle zu unrasierten Pudeln verkommen lassen möchte – oder viel eher zu Komondoren mit ihrem extremen Zottelfell?
Und auch an einer anderer Front fühlt man sich zwei Jahre zurück katapultiert: Klopapier-Hamstern. Denn pünktlich zu den Engpässen in anderen Branchen warnen nun auch Stimmen aus der Papierindustrie vor Problemen bei der Versorgungssicherheit. Die Produktion der 750.000 Tonnen Toilettenpapier, die jährlich in Deutschland hergestellt werden, benötige viel Gas und sei bei einem Gasmangel gefährdet. Hinzu kommt, dass das Klopapier ja ,,unverzichtbar’’ sei vor dem Hintergrund, dass man es in allen Lebensbereichen, also privat, im Arbeitsumfeld und auch in der Öffentlichkeit benötige. Da kommen einem doch sofort die Bilder der geplünderten Supermarktregale ins Gedächtnis zurück.
Nicht zuletzt vermitteln die Änderungen im Energiesicherungsgesetz (EnSiG), die sogenannte lex uniper, ein deja-vu Gefühl und zeigen Parallelen zu einer Situation aus der Coronazeit. Damals verschaffte sich der Staat die Möglichkeit, bei der Lufthansa einzusteigen und das Unternehmen vor der Insolvenz zu retten. Jetzt geht es darum, Unternehmen der kritischen Infrastruktur vor dem Ruin zu bewahren, vorausgesetzt, es wird gemäß § 29 EnSiG ein Hilfsantrag gestellt. Dann kämen als Staatshilfen Garantie- und Sicherheitsleistungen, aber eben auch Beteiligungen mit Eigenkapital in Frage.
Laut dpa-Informationen würde zu Zweidritteln das Energieunternehmen Uniper von der Umlage in Höhe von 2,4 Cent pro Kilowattstunde profitieren. Grundgesetzlich soll es gemäß Artikel 19 Absatz 1 jedoch keine Einzelgesetzgebung geben. Unter anderem deshalb hat Wirtschaftsminister Habeck kürzlich in Münster bei den 26. Westfälischen Wirtschaftstagen versprochen, sich das Gesetz zur Gasumlage noch einmal anzuschauen. Ziel sei es, die Lasten und die Umverteilung solidarisch zu stemmen. Auf der einen Seite erklärte er zwar noch, dass alle vor dem Gesetz gleich seien. Ein paar Tage zuvor wies Dr. Robert Habeck bei einer Werksbesichtigung in Gelsenkirchen aber andere Unternehmen darauf hin, es sei vernünftig auf die Umlage zu verzichten, wenn das Unternehmen schon gute Gewinne erziele. RWE hatte zu diesem Zeitpunkt schon angekündigt, freiwillig auf die Umlage, welche als ,,Gratis-Mitnahme-Profit’’ verpönt wird, zu verzichten. Dabei kann man es den Unternehmen selbst nicht verübeln, die Gasumlage zu beantragen, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen – und zu diesen zählt eben (noch) nicht, dass eine finanzielle Insolvenz droht.
Hier stellt sich die Frage, ob die Politik mit uns in der Entwicklung zurück reisen will und uns zur Askese erziehen möchte. Weg von der Konsum- und Leistungsgesellschaft hin zum moralischen Gutmenschen, wenn man sich der ideologischen Lebensführung und der enthaltsamen Lebensweise anpasst. Also wenn man z.B. ,,freiwillig’’ auf exzessive Weihnachtsshopping-Touren verzichtet, weil der Winter ja naht, die Tage kürzer werden, auch die Zeitumstellung bald wieder bevorsteht, gleichzeitig aber die Rolltreppen in den Kaufhäusern ausfallen, die Klimaanlagen abgeschaltet und auch die Lichter und Leuchtreklame ab einer gewissen Uhrzeit ausgeschaltet werden sollen.
Gefühlt werden wir quasi umerzogen oder in einen ,,Klima-Lockdown’’ geschickt, wobei die Politik dadurch eigentlich ihr Versagen und ihre Fehler zu verdecken versucht und uns suggerieren möchte, wir könnten mit diesem Wandel die Welt retten, zumindest aber erst einmal den Winter überstehen. Solidarischer Verzicht für den guten Zweck – rings a bell, oder?