Veni, vidi, vici: Meloni hat die Wahl gewonnen, verhandelt und die schnellste Regierung in der italienischen Geschichte gebildet

Von Elena Klagges | Nicht mal einen Monat nach den Wahlen in Italien am 25. September steht nun seit gestern die neue Regierung in Rom. Freitag Abend hatte der Staatspräsident Mattarella die Wahlsiegerin Giorgia Meloni mit der Regierungsbildung beauftragt; Samstag, den 22.10.2022 wurde sie im Quirinalspalast samt ihrer 24 Minister vereidigt.

Typisch italienisch war der Start etwas chaotisch: Nachdem Meloni die Liste der Minister verlesen hatte, verlautbarte man eine Stunde später die Meldung, dass zwei Posten falsch von alten Listen transkribiert wurden. Es handelt sich um die Posten im Ministerium für den ökologischen Übergang (Umwelt und Sicherheit der Energie) und im Ministerium für Öffentliche Verwaltung, die richtigerweise nun von Gilberto Pichetto Fratin und Paolo Zangrillo besetzt werden.

Im Übrigen fällt auf, dass Meloni sich nach einigen Diskussionen mit ihren Partnern Salvini von der Lega und vor allem dem Cavaliere Berlusconi durchgesetzt und eine Mannschaft zusammengestellt hat, deren Zusammenarbeit in der Zukunft planvoll und vertrauensbasiert für die ganze Legislaturperiode halten könnte. Man kann zwar vielleicht nicht von dem Dream-Team sprechen. Dennoch sieht man mit Ausnahme des politischen Veteranen und neuen Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti (Lega), der schon in den Kabinetten von Conte I, II und Draghi saß, viele neue Gesichter, die frischen Wind in Italiens Kurs bringen könnten.

Das Mitte-Rechts-Bündnis hat sich fairerweise für zwei Vize-Präsidenten entschieden: Zum einen Matteo Salvini (Lega), der nicht wie Anfangs teilweise erwartet erneut das Innenministerium übernimmt, sondern das Ministerium für Infrastruktur und nachhaltige Mobilität (auffällig sind einige Bezeichnungen der Ministerien vor dem Hintergrund der gegenwärtigen ,,Krisen’’ schon…). Und zum anderen der Außenminister Antonio Tajani (Forza Italia), der entgegen internationalen pre-Wahlkampf Pressestimmen einen atlantikorientierten und europafreundlichen Kurs einschlagen wird.

Auch die Wirtschaftssektoren wurden relativ gleichmäßig unter den Partnern verteilt, wobei Melonis Fratelli d’Italia mit dem Landwirtschafts- und Entwicklungsministerium und dem Ministerium für Tourismus den industriellen und produktiven Schwerpunkt übernehmen.

Im Gesundheitsministerium sitzt Prof. Orazio Schillaci, bisher weitgehend unbekannt in der politischen Öffentlichkeit, was auch ein Zeichen dafür sein könnte, wie man die Corona-Pandemie in Italien zukünftig sieht. Schon Tage nach der Wahl fielen erfreulicherweise weitere verpflichtende Gesundheitsregelungen, doch bleibt dies als rein vorausdeutende Einschätzung abzuwarten.

Nennenswert fällt auf, dass im Vergleich zu den erreichten Wählerstimmenanteilen des Mehrheitspartners Fratelli d’Italia mit 26%, die beiden unterrepräsentierten Allianzparteien Forza Italia und Lega mit jeweils knapp 8% überdurchschnittlich viele Ministerien zugesprochen bekommen haben.

Böse Stimmen deuten dies als Schwäche Melonis und auch die feministischen Lobgesänge blieben erstaunlicher aus. Komisch, vor dem Hintergrund, dass Giorgia die erste Frau im Posten des italienischen Ministerpräsidenten ist. Zumal sie es ohne Quotenregelungen aus eigenem Antrieb in diese Position geschafft hat und innerhalb kürzester Zeit die schnellste Regierung in der Geschichte Italiens seit 1945 bilden konnte. Doch auf der anderen Seite: Sie steht für den Geschmack der Linken auf der ,,falschen’’ ideologischen Seite und bei der Vereidigung ihrer Regierung wurden ausnahmslos Hosenanzüge geraten; kein einziger Rock ist auf dem Foto zu sehen, nicht einmal von einem Mann getragen (wie es Brad Pritt bei der Deutschlandprämiere seines Film ,,Bullet Train’’ doch so schön vorgemodelt hat).

Oppositionsstimmen aus dem linken Lager, die in den Medien auch weiterhin noch tief infiltriert sind und ihre Niederlage noch nicht akzeptieren können bzw. wollen, sagen der neuen Regierung nur eine kurze Überlebensdauer voraus und werden keinen Fehler ungenannt lassen. Ironischerweise sind es in den vergangenen Jahren allerdings die mit nur sehr knapper Mehrheit gebildeten Linksbündnisse gewesen, die durchschnittlich die kürzesten Regierungszeiten ausgehalten haben. Seit Ende des 2. Weltkrieges waren es vor allem Berlusconis Regierungszeiten von 2001 bis 2006 und von 2008 bis 2011, die von gewisser Stabilität geprägt waren.

International trafen Glückwünsche vom Präsidenten des Europäischen Rates Charles Michel, von Selenskyj, Biden, Victor Orban und scheinheilig auf italienisch von der europäischen Kommissionspräsidentin van der Leyen ein, nachdem sie noch im Wahlkampf gedroht hatte, man habe Instrumente, falls die neue rechte Regierung sich in eine schwierige Richtung entwicklen würde.

Schaut man mal auf die Europakarte, könnte Italien zukünftig mit den gleichgesinnten Staaten Schweden, wo seit letzter Woche (14. Oktober) ein konservativer Regierungskurs eingeschlagen wurde, und Ungarn die neue politische Banane neben der blauen Wirtschaftsbanane des französischen Geographen Roger Brunet bilden. Wobei die Franzosen auch dieses Mal mit von der Partie sein wollen. Schon heute, am Sonntag, den 23.10.2022 wird Macron nach Rom reisen und sich mit Meloni austauschen. Ein deutliches Signal und Symbol angesichts der angespannten Verhältnisse beider Länder gegenüber Deutschland wegen der staatlichen Energiesubventionierung in Höhe von 200 Milliarden Euro.



2 Antworten

  1. Peter H. sagt:

    Dass in Italien (fast) keine Regierung eine ganze Legislaturperiode durchhält, finde ich als Deutscher befremdlich und sympathisch zugleich. Sollte es Frau Meloni gelingen, diesen Trend zu brechen, würde ich mich jedenfalls freuen.

  2. Marcel Arndt sagt:

    Gab es hier nicht mal ne Wahl, wo es fast ein halbes Jahr gedauert hat, bis die Regierung stand…? Hat super funktioniert – auch ohne „Regierung“. Vielleicht sollte man so ein Modell favorisieren – kostengünstig wäre es ausserdem.