Veggie-Nuggets bei McDonalds – eine Gastronomie-Kritik

Von Elisa David | Wir haben die vegetarischen „Chicken“Nuggets von McDonalds probiert, damit es sonst niemand muss. Auch wenn das wahrscheinlich eh niemand vor hatte. Die Kritik von der die Welt nicht wusste, dass sie sie braucht:
Als eines der ersten Länder der Welt bringt McDonalds in Deutschland die vegetarischen Chicken Nuggets auf die Speisekarte. Währenddessen ist in China ein Sack Reis umgefallen. Beides war den meisten Menschen egal, das war auch mir klar. Trotzdem habe ich es als meine Pflicht gesehen, herauszufinden wie die schmecken. Warum? Die ehrliche Antwort wäre: Mir war langweilig und ich brauchte eine Ausrede zu prokrastinieren. Die eloquente Antwort, die ich mir danach ausgedacht habe: In Zeiten, in denen auch oder gerade das Essen politisiert wird, habe ich als Journalistin den Auftrag zur Aufklärung und da McDonalds als internationaler Konzern, der alle Schichten der Gesellschaft erreicht, weltweit Einfluss nimmt, sind seine Angebote teil des Weltgeschehens. Oder so ähnlich.
Ich muss ja sagen, dass meine Position zu McDonalds sehr hin und her gerissen ist. Einerseits ist das Essen eine Enttäuschung (sofern man Erwartungen hatte), die Happy Meals waren zu meiner Kindheit noch besser und die politische Positionierung der Firma in den letzten Jahren war – naja zumindest fragwürdig. Es kommt halt einfach nicht so gut, wenn ein Fastfood-Restaurant für eine Coronaimpfung wirbt mit einem Slogan wie: Wir sorgen uns um Ihre Gesundheit. Auf der anderen Seite habe ich Sympathie für die Bürger-Kette. Ich verbinde damit Erinnerungen an Raststätten nach langen Autobahnfahrten mitten in der Nacht. Oder wenn mein Bruder und ich unsere Eltern dann doch mal zu einem Abstecher überredet haben. Was ich an McDonalds so interessant finde, ist, dass hier alle gleich sind. Wer hier isst, der hat keine Möglichkeit, sich besser zu fühlen als andere. Selbst wenn man versucht, sich über den Salat freizukaufen – der hat im Zweifel mehr Kalorien als der Burger. Wer die Pforten dieses Etablissement durchquert, der erfährt eine Art von Gleichmacherei, die der Kommunismus nie erreichen wird. Der, der keinen überteuerten Fertig-Burger auf dem Plastik-Tablett hat, der werde das erste Ketchup-Tütchen.
McDonalds – der Endgegener der Kommunisten
Außerdem ist der Gang zu McDonalds für mich eine Rebellion. Meine Geschichtslehrerin aus der siebten Klasse hat ist eine extreme Kommunistin gewesen – die uns Marx im Chor aufsagen lassen hat und so weiter. Ihr größter Feind war natürlich der Kapitalismus – und McDonalds war für sie die Verkörperung davon. Ein gieriger Großkonzern, der daraus Profit macht, dass er unsere Gesundheit zu Grunde richtet. Meine Lieblingsthese von ihr: „Es ist erwiesen, dass die Chicken Nuggets von McDonalds zu 60 Prozent aus Hühnerkacke bestehen!“ Daran musste ich auch wieder denken, als ich im Rahmen dieses Experiments gleich zwölf Stück gegessen habe. Im Nachhinein frage ich mich, ob sie nicht einen Werbevertrag mit McDonalds hatte – denn diese Protesthaltung hat sie damals in meiner ganzen Klasse ausgelöst.
Aber zurück zu den Nuggets. Meine Mission war also herauszufinden, wie die vegetarischen Nuggets im Vergleich zum guten alten Original schmecken. Ich habe als je eine Packung gekauft (und war mir dabei bewusst, dass ich mein Geld auch schon mal besser investiert habe) und habe sie verglichen. Aus dem Physik Unterricht weiß ich, dass man bei Experimenten immer Ort und Zeit angeben muss. Bitte verzeiht mir, dass ich das vage halten muss – die Wahrscheinlichkeit, dass die Antifa meine Kritik über Chicken Nuggets ließt und dann beschließt, mir an der betreffenden Filiale aufzulauern, ist einfach zu groß. Ich war also gegen Mittag in einem McDonalds in Kreuzberg. Laut der Website der Pommes-Dealers bestehen die Nuggets aus Weizen- und Erbsenproteinen. Eine Enttäuschung (die zu erwarten war) für alle Hardcore-Vegetarier: McDonalds kann nicht garantieren, dass die vegetarischen Produkte nicht mit denen aus Fleisch in Berührung kommen. Die Reggie-Nuggets – oder offiziell: McPlant® Nuggets – wurden gemeinsam mit Beyond Meat® entwickelt. Die kennt der eine oder andere vielleicht als die Produzenten der vegetarischen Hackfleisch-Packungen, die man gerne mal mit echtem verwechselt und wenn man Pech hat, merkt man den Irrtum erst zu Hause.
Gemeinsam mit den Vegetariern gegen Insekten!
Zu dem Bewertungssystem muss ich eine Sache klarstellen: Die volle Punktzahl bedeutet kein allgemein gültiges „Sehr gut“. Wären 5 Sterne tatsächlich 5 Sterne bezogen auf alles was es auf der Welt so gibt, hätten auch die herkömmlichen Chicken Nuggets keine Chance. Durchgedrehtes, paniertes und frittiertes Hühnerfleisch ist zumindest auf meiner Skala keine Delikatesse. Ich war schon in Französischen Restaurants, habe Pizza in Rom gegessen, kenne die Kochkünste beider meiner Eltern und kann das Pfannkuchen-Rezept aus dem Winnie Pooh-Kochbuch auswendig. Aber ich kann keine negativ Sterne vergeben, deshalb entspricht der Geschmack von normalen Chicken Nuggets den fünf Punkten und die Bewertung der vegetarischen Variante soll bemessen, in wieweit diese als Alternative dienen könnten. Ob man nun Vegetarier ist, der das Essen aus seiner Kindheit vermisst oder ob die McDonalds Filiale niedergebrannt ist und nur die Plant Nuggets überlebt haben und man gerade kurz vorm verhungert ist.
So oder so, lecker sind die Teile nicht. Aber im Vergleich zu Chicken Nuggets anders aber jetzt nicht wirklich viel schlechter. Und ich werde in meiner Bewertung milde sein, weil ich denke wir sollten uns mit den Vegetariern vereinen, um gemeinsam zu verhindern, dass es bald Mehlwurm Nuggets gibt. Denn weder Fleischliebhaber, die nur Tiere essen die süß sind, noch Vegetarier, die das Leben aller Viecher wertschätzen, können das wollen – ein Massensterben an Ungeziefer, das eigens für diesen Zweck gezüchtet wurde. Da kann der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk noch so viel predigen, dass man einfach nur den Kopf ausschalten oder den Ekel verdrängen muss. Jeder, der den ÖRR schaut, muss dafür den Kopf ausschalten und den Ekel verdrängen. Bringt bei Sendung mit Anja Reschke aber genauso wenig wie bei Mehlwürmern. Also hier mein Endergebnis: 3/5 Sterne. Macht damit was ihr wollt.
Sehr geil. Schade, dass die Idee nicht von mir ist.
Die Art der Nahrungsaufnahme ist einzigartig: man reißt ein Stück vom Big Mac ab, schiebt einige Pommes hinterher und spült dass Ganze mit Cola runter. Zähne sind nicht erforderlich, da der Burger vorgekaut serviert wird. Wegen der kontinuierlichen Reduzierung des Fettgehalts geht der Nährwert inzwischen gegen null. Mit Esskultur hat das nichts zu tun, es ist widerlich. Ich esse dort regelmäßig.
Köstlich launiger Artikel, habe sehr gelacht! Danke!