Ukraine vor Taiwan? Wie die Umleitung von Waffenlieferungen Taiwans Sicherheit gefährdet
Die USA sind fast 19 Milliarden Dollar im Rückstand, wenn es um Waffenlieferungen an Taiwan geht. Befeuert wird das durch eine Priorisierung für die Ukraine – zu Ungunsten Taiwans. Das berichtet das Wall Street Journal.
Das WSJ zitiert Doug Bush, den Beschaffungschef der US Army, dass der Ukrainekrieg die „Priorisierung“ der Waffenlieferungen an Taiwan verändere. Die US-China Wirtschafts- und Sicherheitsüberprüfungskommission der amerikanischen Regierung beklagt in ihrem jährlichen Bericht, dass Taiwans Verteidigungsfähigkeit durch diese Priorisierung leide:
Die „Umleitung bestehender Waffen- und Munitionsvorräte in die Ukraine und pandemiebedingte Lieferkettenprobleme“ habe einen „beträchtlichen Rückstand bei der Lieferung von Waffen“ verschärft, obwohl die Waffenverkäufe schon längst zum Verkauf nach Taiwan zugelassen worden sind. Dies untergrabe die „Kampfbereitschaft der Insel“.
2019 wurde etwa eine taiwanische Bestellung von 250 Stinger-Flugabwehrraketen genehmigt. Die erste Lieferung sollte 2022 stattfinden – das fiel allerdings aus. Die Kommission verweist auf Aussagen vom Chef des US-Rüstungskonzern Raytheon nach denen das Unternehmen „bis 2023 nicht in der Lage ist, die Produktion von Stinger-Raketen hochzufahren, die zur Wiederauffüllung der Bestände benötigt werden, die US-Verbündete der Ukraine gespendet hatten.“ Es sei nun „unklar, welches der Geberländer Priorität erhält oder wie lange Taiwan auf seine Stingers warten muss.“
„Taiwan möchte verlangen, dass die Waffen, die die USA an Taiwan verkaufen, wie geplant geliefert werden“, betonte General Wang Shin-lung, der Vizeminister für Rüstung im taiwanesischen Verteidigungsministerium, im Oktober. Taiwan benötigt nämlich viele der gleichen amerikanischen Waffen, die jetzt in der Ukraine im Einsatz. Seien es Stinger, Javelin oder HIRMARs – all diese Waffensysteme werden im Fall einer chinesischen Invasion in Taiwan benötigt, und wurden schon vor Jahren in den USA bestellt.
Wie soll sich Taiwan gegen eine chinesische Invasion wappnen, wenn Waffenlieferungen für die Verteidigung der Insel immer weiter verschoben werden, weil stattdessen die Ukraine priorisiert wird. Ist die chinesische Volksbefreiungsarmee nicht eine größere Bedrohung als das russische Militär?
Tatsache ist: China rüstet seit Jahren rapide auf und modernisiert sein Militär in Rekordgeschwindigkeit. Für Taiwan ist es entscheidend, dass es in so einer David gegen Goliath-Situation wenigstens eine Chance hat sich zu verteidigen. Wegen dem Ukrainekrieg jetzt Taiwans Verteidigungsfähigkeit zu untergraben ist fatal. „Wie wir in der Ukraine gesehen haben, ist es viel besser, die Waffen vor einer Invasion zu besorgen als danach“, bemerkte etwa der US-Abgeordnete Michael McCaul, Obmann der Republikaner im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses, treffend gegenüber dem WSJ.