Türchen 6: Die Geschichte des Nikolaus

Von Laura Werz | Habt ihr heute eine süße Kleinigkeit in eurem frisch geputzten Winterstiefel gefunden? Oder erinnert ihr euch noch daran, wie wir als Kind noch vor der Schule aufgeregt in die rausgestellten Schuhe (natürlich waren das immer die größten die man finden konnte) geschaut haben, ob der Nikolaus über Nacht gekommen ist? Mit meine schönsten Weihnachtserinnerungen sind die Morgen des 6. Dezember, als ich schon früh morgens, draußen noch dunkel, aufgeregt die Treppe runter geflitzt bin, um in meinem Winterstiefel ein paar Mandarinen, Schokolade und Lebkuchen zu entdecken. Ich bin mit dieser Tradition aufgewachsen. Für mich war der Nikolaus immer der Vorbote des Weihnachtsmannes und jedes Jahr ein großes Highlight der Adventszeit. Aber woher kommt der Brauch des Nikolaus überhaupt? Ob Christ oder Nichtchrist, der Brauch des Heiligen Nikolaus wird auch von vielen Nichtgläubigen gefeiert. Doch kaum ein Kind, wer eigentlich der Mann ist, der in der Nacht zum 6. Dezember die Gaben verteilt. Daher folgt jetzt ein kleiner Exkurs zur Person und Geschichte des Heiligen Nikolaus‘.
In der Person des Heiligen Nikolaus sind zwei historische Personen verschmolzen. Einerseits der Nikolaus von Myra, Bischof einer Stadt in der griechischen Provinz Lykien aus dem 3. Jahrhundert in der heutigen Türkei. Zum anderen Nikolaus von Sion, einem Ort in der Nähe von Myra, aus dem 6. Jahrhundert. Die Legenden über die beiden Männer verwoben sich zu einer Person: dem Heiligen Nikolaus. Der Heilige Nikolaus soll zahlreiche Wunder vollbracht haben, so hat er Legenden zufolge einen Sturm besänftigt und Tote zum Leben erweckt. Die bekannteste Legende über eine gute Tat des Nikolaus‘ ist die der Mitgiftspende. Schoko-Nikoläuse werden oft mit drei goldenen Äpfeln in der Hand dargestellt? Die Äpfel symbolisieren drei Goldklumpen, die Nikolaus der Sage zufolge durch das Fenster einer armen Familie warf, um die drei Töchter der Familie vor der Prostitution zu bewahren. Der Mythos des Nikolaus als Beschützer und Held der Kinder, der im Schutz der Nacht unbemerkt Geschenke verteilt, war geboren. Eckdaten der Biografie eines seiner Namensgebers, des Nikolaus‘ von Myra, sind tatsächlich wissenschaftlich belegt. Nikolaus, der im Alter von 19 Jahren von seinem Onkel zum Priester geweiht wurde, war Sohn reicher Eltern und hat sein geerbtes Vermögen an Arme und Hilfsbedürftige verschenkt. Damit begann eine Reihe von Wohltaten, die mit den Jahren, teils zu Recht, teils wohl frei erfunden, der Person des Nikolaus von Myra zugeschrieben wurden. Der 6. Dezember ist der offizielle Todestag des echten Nikolaus.
Die Äpfel symbolisieren drei Goldklumpen, die Nikolaus der Sage zufolge durch das Fenster einer armen Familie warf, um die drei Töchter der Familie vor der Prostitution zu bewahren.
Besonders im Mittelalter spielte der Nikolaus als einer der beliebtesten Heiligen eine besondere Rolle. Von seiner Verehrung als Schutzpatron der Seefahrer und Kaufleute zeugen heute noch etliche Nikolaikirchen in den Hansestädten, wie Rostock, Wismar und Stralsund. In Russland wurde der Heilige Nikolaus sogar ein Nationalheiliger. Bis heute genießt der Nikolaus in Ländern wie Russland, Kroatien oder Serbien höchstes gesellschaftliches Ansehen und in vielen Ländern ist der Nikolaustag sogar offizieller Feiertag. Früher wie heute zeichnet sich der Heilige Nikolaus durch zeitlose Wert aus. Der historische Nikolaus trat Zeit seines Lebens mit Selbstlosigkeit und Nächstenliebe positiv in Erscheinung. Ihm werden mit der Überlieferung Attribute wie Barmherzigkeit, Güte und Ehrlichkeit zugeschrieben, im Sinne der christlichen Werte.
Wir kennen den Nikolaus heute jedoch nicht ausschließlich als gütigen Gabenbringer. Nach der Überlieferung wird der gute Nikolaus von einer furchterregenden Person mit Rute begleitet, um die unartigen Kinder zu maßregeln. Dieser pädagogische Begleiter trägt meistens den Namen Knecht Ruprecht. Die Überlieferung der Begleitung des Knecht Ruprecht etablierte sich im 19. Jahrhundert und geht auf heidnische Rituale zurück. In Süddeutschland, Österreich und Norditalien ist als heidnische Kontrastperson des Nikolaus‘ der „Krampus“ verbreitet. Er tritt, anders als Knecht Ruprecht, in einer teufelsähnlichen Gestalt aus. In den Niederlanden hingegen, wo das Nikolausfest für die Kinder noch wichtiger ist als Weihnachten, begleitet der „Zwarte Piet“, also „schwarze Peter“ den Nikolaus, bzw. „Sinterklaas“. Der kleine, als dunkelheutiger Diener orientalischen Aussehens dargestellte Helfer, maßregelt seit seiner Einführung im 19. Jahrhundert die unartigen Kinder. Der Heilige Nikolaus hingegen hält sich nach allen Überlieferungen mit dem erhobenen Zeigefinger eher zurück und übernimmt die Aufgabe des Schenkens.
In Süddeutschland stellt man sich den Heiligen Nikolaus bis heute im Bischofsgewand mit Stab und Mitra vor, wohingegen sich im Norden die Vorstellung eines lieben, alten, weißbärtigen Mannes im roten Mantel durchgesetzt hat, die eher dem Weihnachtsmann gleicht. Im Gegensatz zur Figur des kommerzialisierten Weihnachtsmann als reiner Geschenkebringer, die erst im letzten Jahrhundert aufkam, geht der Nikolaus hingegen auf historische Personen und Jahrhunderte alte Traditionen zurück, die bis heute Werte, wie Nächstenliebe und Güte vermittelt.
Also lasst uns den Nikolaustag feiern, Nikolauslieder singen und den Kindern eine Kleinigkeit schenken, um den alten Brauch des Heiligen Nikolaus weiterleben zu lassen. In diesem Sinne wünsche ich euch und euren Liebsten einen schönen 6. Dezember und einen besinnlichen Nikolaustag.