„Süddeutsche Zeitung“ veröffentlicht antisemitische Karikatur
Von MAX ROLAND | „Israels Premier mit großen Ohren, in der Hand kriegsbereit eine Rakete mit Davidstern, auf den Lippen der jahrhundertalte jüdische Ausdruck „nächstes Jahr in Jerusalem“ und das alles in der Mitte des des mit Davidstern versehenen ESC. Liebe @SZ, diese Zeichnung ist antisemtisch.“
So kommentiert der Twitter-Nutzer @Aras_Nathan eine Karikatur vom Zeichner Dieter Hanitzsch, die in der „Süddeutschen Zeitung“ erschien. Auch viele andere haben sich über die Karikatur aufgeregt.
Die Widerwärtigkeit dieser Karikatur steht für mich außer Frage. Hier wird klar mit antisemitischen Klischees gearbeitet, auch, wenn der Zeichner selbst abstreitet, Antisemit zu sein. Er habe damit lediglich Netanjahu und seine Politik kritisieren wollen. Aber die große Nase, der Satz „nächstes Jahr in Jerusalem“ (Ein Satz, den Juden in der Diaspora traditionell beim Passahfest sprechen), die großen Ohren- all das ist schon mehr als Grenzwertig. Es ist aber nicht das erste mal, dass die Süddeutsche Zeitung mit geschmacklosen Karikaturen auffällt: Anfang Juli 2013 veröffentlichte das Blatt eine Zeichnung des Karikaturisten Ernst Kahl, der einen Teufel mit Messer und Gabel zeigt, dem eine junge Frau Essen ans Bett bringt. Bildunterschrift: „Deutschland serviert. Seit Jahrzehnten wird Israel, teils umsonst, mit Waffen versorgt. Israels Feinde halten das Land für einen gefräßigen Moloch.“ Damals legten mehrere jüdische Organisationen Beschwerde beim Presserat ein. Im Februar 2014, nachdem Facebook Whatsapp kaufte, nahm sich der Karikaturist Burkhard Mohr heraus, den Facebook-Chef und -Gründer Mark Zuckerberg, der jüdischer Abstammung ist, als Krake mit Hakennase darzustellen. Der Jude mit der Hakennase und die jüdische Krake, die die Welt in ihren Tentakeln hält: Das sind mit die ältesten Mittel der hetzerischen, antisemitischen Karikatur à la „Stürmer“, dem größten und NS-Nahen antisemitischen Hetzblatt der 20er und 30er Jahre in Deutschland. Auch dem Zeichner der aktuellen Karikatur, Hanitzsch, ist bereits wegen einer Kraken-Metaphorik im Kontext des Freihandelsabkommens TTIP Antisemitismus vorgeworfen worden.
Die Karikatur ist ohne Zweifel antisemitisch. Darf man Juden überspitzt darstellen? Ja natürlich. Aber nicht, weil sie Juden sind. Darf man Israel kritisieren? Selbstverständlich. Kritik ist nie grundsätzlich schlecht, egal, an wen sie sich richtet. Hier ist die SZ jedoch beim Drahtseilakt zwischen Antisemitismus und Kritik danebengetreten, und zwar ordentlich, und nicht das erste mal. Gerade für eine deutsche, große Zeitung untragbar- aber unser „Nie wieder“ verkommt ja mehr und mehr zum Lippenbekenntnis.