Rettet unser Bargeld!
Von Jonas Kürsch | In den vergangenen Monaten haben hochrangige EU-Vertreter immer wieder mit ihren Aussagen zur möglichen Einführung einer elektronischen Variante des Euros Schlagzeilen gemacht. Dieser „digitale Euro“ sei im Moment nur als Zusatz zur klassischen Banknote gedacht, viele Volkswirte und Finanzexperten warnen jedoch, er könnte bei einer tatsächlichen Einführung dem traditionellen Bargeld große Konkurrenz machen und es schnell an den Rande seiner totalen Bedeutungslosigkeit führen. Viele Medien beschwören daher schon jetzt „das nahende Ende des Bargeldes“.
Die Idee des sogenannten „Cashless Payments“ ist dabei allerdings nichts neues: schon heute kommt es immer häufiger vor, dass Kunden ihre Zahlungen in Restaurants und Einkaufsgeschäften ausschließlich per Karte oder per Digital Banking App mit dem Handy abwickeln können. Andere Zahlungsarten werden stattdessen nicht länger akzeptiert. Besonders in skandinavischen Ländern wie Schweden ist das Bargeld daher schon (so gut wie) ausgestorben.
Vor allem junge Leute scheinen sich vom Münzgeld und alten Papiergeldscheinen endgültig loslösen zu wollen. Das Hauptargument ist hierbei vor allem die augenscheinliche Bequemlichkeit des online payments: Schließlich sei es um so vieles praktischer, kurz die Kreditkarte oder das Handy gegen einen kleinen Scanner zu drücken, anstatt in der Tasche nach dem passenden Kleingeld zu kramen. Von der Politik wird die Sicherheit immer wieder als einer der großen Vorteile des Cashless Payments hervorgehoben, da man Steuervergehen und andere Finanzverbrechen leichter verfolgen und ahnden könnte. Allerdings wird nur allzu selten klar ausgesprochen, dass eine weitgehende Abschaffung des Bargeldes nicht nur die finanzielle Autonomie des einzelnen Bürgers gefährden, sondern auch das Machtmonopol des Staates auf illiberale Art und Weise stärken würde.
Wenn Sicherheit zu totaler Kontrolle wird
Vor allem der Sicherheitsfaktor ist für die Befürworter einer „Cashless Society“ der wichtigste Überzeugungspunkt: Denn die physische Gewaltanwendung im Rahmen von Raubüberfällen, Kassendiebstahl oder der Verwendung von Falschgeldscheinen soll angeblich durch die Verwendung digitaler Währungsmittel sowie durch die Kartenzahlung verhindert werden. Die Gefahren digitaler Überfälle (z.B. im Rahmen von Hacking-Angriffen) und die aufkeimende Fälschung oder illegale Vermehrung digitaler Bezahlungsgüter werden nur allzu häufig außer Acht gelassen.
Auch heißt es, die persönliche Gesundheit werde durch die Abschaffung des Bargeldes geschützt, weil man somit weniger Risiken ausgesetzt sei, sich über Banknoten und Geldmünzen mit Viren oder Bakterien zu infizieren (z.B. Salmonellen, COVID-19 und andere Erreger). Aber in diesem Fall wird nur selten erwähnt, dass es sogar Studien gibt, bei denen herauskam, dass bei der kollektiven Verwendung von PIN-Pads und anderen Geräten zur elektronischen Bezahlung, ein höheres Risiko besteht, sich mit Corona zu infizieren.
Wirklich besorgniserregend ist das Argument der angeblichen Verhinderung von Wirtschafts- und Finanzverbrechen. So würde man durch die größeren Kontrollmöglichkeiten eines weitestgehend elektronischen Bezahlungssystems, Steuerhinterziehung, Geldwäsche und andere kriminelle Machenschaften leichter aufdecken können. Das mag erst einmal ganz vernünftig klingen, doch man lässt leider völlig außer Acht, welche Konsequenzen dieser Überwachungswahn letztlich auf die Grundrechte des normalen Bürgers ausübt: Denn diese Form der Staatskontrolle würde nichts anderes bedeuten, als das Ende der finanziellem Unabhängigkeit des einzelnen Bürgers.
Autoritäre Regierungen können in einem geldlosen Wirtschaftssystem ihr neugewonnenes Machtmonopol nutzen, um Dissidenten und kritische Stimmen mundtot zu machen. Sobald es kein Bargeld mehr gibt, könnten öffentliche Behörden die Bankkonten unbequemer Kritiker ganz unproblematisch einfrieren lassen und diese somit vom öffentlichen Zahlungssystem vollständig ausgrenzen. Zudem ließe sich durch die Einführung von hohen Transaktionssteuern, die bei jedem Kauf mit Kreditkarte, Handy oder anderem elektronischen Bezahlungsmittel durch den Staat verhängt werden, eine Konditionierung des individuellen Kaufverhaltens nicht länger ausschließen.
In einem solchen System würde der unheimliche Mythos des „gläsernen Menschen“ zur brutalen Wirklichkeit werden. Eine staatliche Massenüberwachung wäre durch die Nachverfolgung des digitalen Fußabdrucks, den der Konsument jetzt mit jeder einzelnen Transaktion vergrößern würde, leicht zu bewerkstelligen.
Bargeldzahlung muss zum Grundrecht werden!
Die Abschaffungsversuche des Bargeldes kommen einem Angriff auf die Demokratie gleich. Die Befürworter dieser wahnwitzigen Ideen unterstützen damit (teilweise unwissentlich) die großflächige Zerstörung der bürgerlichen Privatsphäre sowie die Grundlagen eines intaktes Geldmarktes. Daher ist es gerechtfertigt, dass viele US-amerikanische Bundesstaaten seit 2016 vermehrt das „Recht auf Bargeld und Barzahlung“ in ihren Verfassungen verankert haben.
Um die Unabhängigkeit des einzelnen Bürgers zu schützen wäre es daher auch an der Zeit, über eine Verfassungsänderung in Deutschland nachzudenken, die das Bargeld schützt und eine ausschließliche Zahlungsoption auf elektronischen Wege wirkungsvoll verhindert.
Leider sind sich die Bürger in Deutschland der Gefahren nicht bewusst in dem Gefühl, bei uns kann das niemals passieren, wir sind schließlich eine gefestigte Demokratie.
Die lange Zeitspanne seit dem letzten Weltkrieg in Frieden und wachsendem Wohlstand, in dem der Staat immer für uns gesorgt zu haben scheint, hat uns vergessen lassen, dass wir in einer glücklichen Sekunde menschlicher Geschichte gelebt haben, die nicht repräsentativ ist.
Das Streben nach Macht und Kontrolle über Mitmenschen ist ungebrochen und wenn sich Gelegenheit bietet, verschiebt sich Demokratie tendenziell Richtig Autorität. Unsere Parteiendemokratie verschiebt sich gerade im Schatten geschürter Angst in diese Richtung.
Und damit wird die Kontrolle über das Geld essenziell. Wer diesen Hebel in der Hand hat, bestimmt über Andere.
Daher stimme ich uneingeschränkt zu: Bargeld muss in unserer Welt ein Grundrecht bleiben.