Neues von den Schneeflöckchen: Mein erster Tag als Studentin

Von Elisa David | Meine ersten Vorlesungen fangen erst nächste Woche an, und doch hat das Unitreiben es mit nur einer Info-Veranstaltung bereits geschafft, mich daran zu erinnern, wo ich hier gelandet bin. Denn dies ist seit langem kein Ort der Bildung, der Forschung und der Fakten mehr. Vielmehr bieten die Universitäten heute einen Unterschlupf für diejenigen, die zu empfindlich und weltfremd für das echte Leben sind. Vor allem wird Toleranz hier im alltäglichen Leben nicht so groß wie auf den Fahnen geschrieben. Die Info-Veranstaltung war als Campus-Tag ausgelegt, das bedeutet, dass unterschiedliche universitätsangebundene Einheiten, wie die Bibliothek, das Sprachenzentrum und die Fachschaften aber auch Firmen und sogar Parteien sich über den Campus verteilt und Stände aufgebaut haben. Dort verteilten sie Flyer und – am allerwichtigsten – Werbegeschenke, auf die sich die Studenten stürzten wie hungrige Hyänen auf ihre Beute.

In diesem Getummel bekam ich gar nicht mehr mit, was man mir da alles in die Hand drückte. Erst zu Hause bemerkte ich, dass ich neben den tausenden Flyern, zig Kugelschreibern, Jutebeuteln, Süßigkeiten und sogar einer Packung „Bio-Basilikumsamen zum Selberzüchten“ irgendwie ganz nebenbei die stolze Eigentümerin einer Ausgabe der Zeitung „Straßen aus Zucker“ geworden bin. 

Aus dem Namen konnte ich mir zuerst nichts vorstellen, doch das vergilbte Ökopapier konnte gar nichts Gutes verheißen. Ich fand heraus, dass es sich bei dieser Zeitung um eine kostenlose antinationale Jugendzeitung handelt, die sich als linksradikal versteht und seit 2009 halbjährlich in einer Auflage von bis zu 180.000 Stück erscheint. Eine größere Verbreitung erzielt dieses Meisterwerk des Journalismus dadurch, dass es auch als Beilage von Medien wie der taz regelmäßig zu bewundern ist. Und nun beehrt es auch meine Wenigkeit – wie könnte ich so eine wunderbare Fügung des Schicksals da bloß zur Seite legen? 

Ich machte mich also daran, das Glanzstück aufzuschlagen und es dabei möglichst nicht gleich zu zerreißen – was bei dem widerlich kratzigen Material, das an eine Mischung aus Sandpapier und 1-lagiges Toilettenpapier aus der Schule erinnert, schon eine Herausforderung war. Ich las brav das Vorwort, aber da gab es nichts weiter zu sehen – nur die Aufforderung, sich zusammenzufinden, ein „Konzept von Gegenmacht“ zu entwickeln, um „gemeinsam gefährlich sein können“ und die ganze „Gesamtscheiße“ zu bekämpfen. Diese literarisch geniale Bezeichnung scheint ein äußerst dehnbarer Begriff zu sein, der alles zusammenfasst, was nicht bei drei auf dem politisch korrekten Baum ist. 

Um das heraus zu finden, kämpfte ich mich durch geniale Überschriften wie „Wo bleibt die RAF, wenn man sie braucht?“, „Faschismus war als Kind schon scheiße“, „Arschlöchern Einheit gebieten“, „MiMiMiMiMi: Rechtes Rumopfern“ und „Antifa heißt Aufklärung“ – mal schauen, vielleicht klau ich mir welche davon, für meine nächste Hausarbeit. Außer der Erkenntnis, dass mein Schreibstil erbärmlicherweise nicht mit dieser Menge an Intellekt mithalten kann, habe ich in den Artikeln auch gelernt, wie man eine Antifa-Gruppe gründen kann, und dass es sich im Kampf gegen Rechts lohnt, zu lernen wie man „Geschlossene Organisationsplattform von Faschist*innen“ infiltriert und private E-Mails klaut, um sie zu veröffentlichen. Eigentlich kann man da nichts mehr zu sagen, das spricht für sich selbst. Nur eins noch: wer interessiert ist – die Redaktion sucht händeringend nach türkischen, russischen und französischen Muttersprachler*innen, die dabei helfen, die Ökopapier-Botschaft auf der Welt zu verbreiten. Ich würd´s ja sonst machen, aber ich bin „sooo deutsch“ wie ne frisch geschnittene Hecke, um mal auf die neue Plakataktion unserer Bundesregierung Bezug zu nehmen.  

So viel zu den neuen literarischen Eindrücken, die ich als Student bisher gesammelt habe. Eigentlich war das mehr Kontakt zur Antifa als ich geplant hatte, vor allem wo ich auf dem Campus-Tag noch extra einen Bogen um den Stand mit den Antifa-Plakaten gemacht habe, der da scheinbar frei und unhinterfragt stehen durfte. Genauso wie ich von dem Stand der AOK Abstand hielt wie Vampire vom Licht, denn die meinte im Kampf gegen Zucker Äpfel verteilen zu müssen. Ebenso bekam auch der Stand der Linksjugend und der Jusos – beide als Hochschulgruppe in meine Uni integriert, nichts von mir zu sehen. Und das obwohl die Linken eifrig mit ihrer Karl-Marx-Spardose nach Spenden bettelten, und die Nachwuchsgenossen mit Forderungen nach mehr Frauen in den Gremien, einem elternunabhängigen BAföG als Vollzuschuss und der Abschaffung der Anwesenheitspflicht lockten. 

Nur um einen Stand bin ich nicht rum gekommen – dem vom Deutschen Roten Kreuz. Die hatten sich an dem Tag ganz der Registrierung von Stammzellenspendern gewidmet und konnten sich über mehr Zulauf freuen als sie abfangen konnten. Eine gute Sache zweifelsohne. Aber wenn es dann tatsächlich so kommt, dass die Stammzellen gebraucht werden, und es dann tatsächlich zur Spende kommen soll, erfolgt ein relativ aufwendiger medizinischer Eingriff. Inklusive Vollnarkose bei der einem 1 Liter Knochenmark-Blut-Gemisch entnommen wird. Alternativ bekommt man etwa eine Woche lang Hormone gespritzt, welche Grippe-ähnliche Symptome auslösen, dann wird einem über mehrere Stunden Blut entnommen und wieder zugeführt, so dass das gesamte Körperblut etwa 4 mal durch eine Apheresemaschine läuft. Ob ich dazu am Ende tatsächlich bereit bin, wollte ich mir gut überlegen und mich nicht zwischen Tür und Angel unter Gratislorbeeren registrieren lassen, nur um am Ende dann doch nicht zu spenden.

Meine Komilitoninnen aber waren direkt Feuer und Flamme. Kurzerhand wollten sie sich als Spender registrieren lassen. Dann verkündeten sie lauthals, dass sie am Wochenende ganz spontan Blut gespendet hatten und präsentierten stolz die blauen Flecken, die an ihre Heldentaten erinnerten. Sie schienen sich mit aufopfernden Gutmenschengeschichten förmlich übertrumpfen zu wollen – und dann fiel der Blick auf mich. Ich habe nämlich keine große Retterquote vorzuweisen und so auch nichts, womit ich mich brüsten konnte. Also wurden mir Fragen gestellt und Vorwürfe gemacht, ich wurde aufgefordert, mich zu rechtfertigen. 

Ich kam aus der Nummer erst raus, als ich erklärte, dass mir die Spende schlichtweg Angst bereitet – da reagierten die Schneeflöckchen zwar perplex aber interessiert und fast mit Mitleid. Man fragte mich zum Beispiel, ob ich denn auch Angst vor Blut hätte oder irgendwelche schlechten Erfahrungen mit Ärtzten gemacht hätte, und so galt die gesamte Aufmerksamkeit der Gruppe mir, und das schienen sie auch selbst mit zu bekommen. 

Es war wirklich interessant, wie viele sich plötzlich mit mir aus Angst gegen die Spende aussprachen. Obwohl sie sich vorher noch gegenseitig ein schlechtes Gewissen eingeredet hatten. Alle unterhielten sie sich über Dokumentationen, in den solche Eingriffe schief gelaufen sind und Krankheiten, die es ihnen plötzlich schlichtweg verboten, auch nur irgendetwas von sich zu spenden. Andere schraubten sich in Erzählungen von Ängsten bis hin zur Phobie hoch – am Ende des Ganzen meldeten sich von den ursprünglich sieben nur eine Einzige zum Spenden an. Es war nicht meine Absicht, das Rote Kreuz um seine Spenden zu bringen, ich wollte ja nur ein bisschen vernünftiges Nachdenken anregen. Aber diese Friedensengel würden wohl auch ihr Gehirn spenden, wenn Sie welches hätten.

Mit einer Mischung aus Sorge und Belustigung blickte ich auf den Veranstaltungsplan und dann auf die Uhr – schon 11:15 Uhr, wenn ich noch zum Seminar für „Respektvolles Flirten lernen“ wollte, müsste ich mich sputen, die Vorlesung zum „günstigen Veganer Lebensstil“ hatte ich schon verpasst. Doch mit einem Blick auf meine Truppe von Mädchen, die sich mit furchtbaren Ausführungen über ihre Traumata des Blutspendens austauschten, entschied ich doch nicht zum Seminar zu gehen – ich hoffe die Männerwelt wird es mir verzeihen.

4 Antworten

  1. Olaf Craasmann sagt:

    Als ehemaliger Leukämiepatient finde ich diesen Beitrag ganz schön frustrierend. Auch aus eigener Erfahrung weiß ich, man beschäftigt sich mit dem Thema nicht, wenn es einen nicht selbst betrifft. Das Interesse der Kommilitonen scheint ja auch nur aus Selbstbeweihräucherung zu bestehen. Wie auch immer, retten sowohl Knochmarksspender wie auch Blutspender die Leben von Leukämiepatienten. Es geht weder ohne Blutspenden, denn die eigene Blutproduktion bricht bei der Therapie völlig zusammen, noch ohne Knochenmark, denn darin liegt die einzige wirkliche Heilungschance. Vielleicht wäre es an der Zeit, dazu einmal etwas substanzielleres zu schreiben. Angst ist hier kein guter Ratgeber, weder für Spender noch für Patienten oder einfach interessierte Menschen.

  2. dasLinkeParadox sagt:

    Wie wärs denn mal sie mit ihren Waffen zu schlagen?
    – Du HeidrunX, wir wollen heute am am Freitag noch in die nächste Moscheee und dort paaar eneh, meneh mus, vertelen, wir brauchen da noch paar FürsprecherinnerenX+xis….

    Oder:
    Lasst und soch mal konsequent als gutes Zeichen, KLima-Verzicht durchsetzen!!!!! Ab heute verzichten wir konsequent auf Handys (kostets sounsoviel), verzichten wir auf Markenklamotten aus XY-kennste nicht, kostet sounsoviel… verzichten wir auf importiertes Gemüse (Bananannen, Aprikosen, Pfeffer… kostets soundsoviel….)

    -Vor allem wer von euch war im Urlaub? ist sogar dahin geflogen? Nein, Co2 Zertifakte sind n scheiss wert, wir können die Welt nur retten, wenn wir als gutes Beispiel vorrangehen….
    – Ich weiss nicht welches gender ich hab? Ich seh mich als eher langhaarige Unterdrückte, die Männern nichts abgewinnen kann, allerdings mag ich stark errigierte Schwänze im 90 winkel, die irgendwie an den Hitler-Gruss erinnern, was bin ich denn nun?

    uswusf.

    Clowns stellt man VON INNEN HERAUS indem sie zu (zu in ihrer Teil-Logik „folgerichtigen“ Handlungen auffordert, die mit anderer Teil-Logik im konträhren Widerspruch stehen….) Mit diesem Dilemma lässt man sie bestmöglich allein und falls es bei diesen Clowns nicht funzt, weil sie ZU SEHR „dualistisch“ das irgendwie in ihrem eigenen Kosmos aus Wünsch-dir-was- und Wolken-Kuckucks-Heim zusammenpuzzeln… ich meine, die get es, schau dir dir kognitive Dissonaz seit mindetsens 2015…. manche Leute können sowas…. na dann ist es eben so.! Diese Menschen sind OFFIZIELL als nicht mehr erreichbar zu klassifizieren! Dann ist das eben so! Wer versucht schon OFFENSICHTLICH Irre zu überzeugen? Die Strategie ist trotzdem richtig, such einfach Menschen die noch WAHRNEMBAR sind! Die komplett Irren müssen wir einfach abschreiben…. egal in welcher Position,… wenn die Gottesstaat und Bäumeficken als nicht widersprüchlich, gar logisch zueinander gehörend betrachten sind das unerereichbare komplett Irre! Lass sie einfach, im Idealfall dikreditieren sie sich und „ihre Bewegung“ aus sich heraus! Es geht immer nur die Halbwegs-Erreichbaren! Und ich denke hier könnten solche Widersprüche die DU scheinbar ernsthaft meinst, genau das Fass zum Überlaufen bringen? Ja warum gehe ich, gestanden, mutige Me-Tooo-Kämpferin eigentlich nicht in die Moschee? Aber lass sie das sich selber fragen!!!!!!
    Nur durch unlösbare „INTERNE Widersprüche bin ich von SELBST von „links-sozialistisch“ zu „liberal-diät-staatlich gelangt….. Mich hat niemand dazu „überzeugt“, aber einige Menschen, haben zimlich „kluge Fragen“ gestellt und die Antwort mir selbst überlassen… Hätten dir mir stattdessen Antworten vorge“schmockt“, hätte ich geblockt!

    Für die Praxis: ich würd mich da nicht E.David, Nazibraut…. outen, sondern als Person, die GENERELL kritisch ist, die Inhäherente Logikfehler hinterfragt….. Das ist kjul. Bist du soooooo ethabliert, dann HÖREN plötzlich auch diverse Menschen auf dich! Ist STRATEGIE gleichzusetzen mit Angst, gar Verrat…. im Gegenteil, hinter den feindlichen Linien, ist die entscheidende wie und wodurch bewirke ich am meisten für UNSERE Sache? In DIESEM Fall denke ich das obige Strategie wirksmaer ist, als die direkte offene Visir, irgendwo auf der Strasse, beim Zufalls-Bäcker, bei MOMENTANEN Begegnungen…. ist von Fall zu Fall unterschiedlich, aber durch solche „verdeckten“ hab ich meinen Dorf-Kiosk zB, dazu die Krautzone und Eigentümlich Frei zu abbonieren. Heute war ich allerdings geschockt: Da ist jetzt ZUSÄTZLICH neben Tichys Einblick (was ich begrüsse) auch dieses eher kontraproduktive Compact zwischen all den „Szene-Mags“….
    Unabhängig was ich von „Compact“ halte…. darum gehts nicht…. aber die Schneise überhaupt für „rechte“ Titel zu öffnen, darunter subsummieren uns die Guten noch alle, egal egal ob Krazo oder Sezession…. zu öffnen…., nun wem ist das in meinem mickrigen Dorf wohl eher gelungen? Einem „identirären“ Beschwörer oder einem „puzzle-selber-zusammen“ …. ICH hab die grundlegende „Wende“ erst (warum nicht auch Titel von „dort“ probieren“ ermöglichkeit….) Scheinbar laufen die ganz gut, also jhat sich das Compct-Umfeld da wieder mal parasitär drangehängt… Genau wie mit der AFD….. Was wäre der Flügel ohn den Wirtskörper, wannn kam jemals vom Flügel irgendetwas KONSTRUKTIVES? Ausser Wichtigmachen und tatsächlich bei 7% Idioten zu populisieren…kommt daa NULLL! … Das ist ne lautstarke Sekte! Selbst in Thüringen wählen 10% Höcke, aber 27% die AFD! Selbst in Thüringen wird die AFD TRotz und nicht WEGEN Höcke gewählt!

    Der (etwas komplizierte) Glaser-Vorschlag, (bzgl. unseres überkomplizierten Direkt/Überhang-Aufbläh-Mandats-Systems…..) Von WEM wird in der AFD torpeiert? Kurz zusammengefasst: Zweitsstimmen (also vereinfacht Kandidatenstimmmen) bekommen mehr Relevanz! Das ist ETWAS mehr DIREKTE DEMOKRATIE: Du kannst die CDU wählen, aber gleichzeitig auch eine gesonderte, DEINE STimme, für bspw. HGMaasen, odwer AKKK oder Laschet…. Jedem der auf der Liste sthet…. DIREKT abgeben. ZWeitsstimmen werden somit eher Esrtstimmen. In der AFD heisst das bspw. Du ibts AFD GNERELL die Stimme, aber dann kreuzt du mit „Zweitstimme“ an, ob du bspw. mehr Pazderski als Kablitz oder auch Wagenknecht (von einer ganz anderen Partei)…. gewissermassen die Inhalte der Partei, in dieser Person ehr vertreten siehst?
    So selbstbewusst wie Höcke, Höcke, Höcke eigentlich von sich sind, sollten sie das am vehemesten untersstützen: Wenn soviel AFD als auch Höcke…. als beide stärkste Positionen heraus käme, wäre der Auftrag klar: Eine AFD mehr im Höcke-Stil. …. Also ein Schritt zu mehr Demokratie anhand von direkt wählbaren Listenplätzen…. Noch weit von direkter Demokratie entfernt, aber immerhin, deutlich mehr Transparenz! Selbstredend vermauert sich das MAKKK dagegen…. Seltsamerweise wehren sich aber aber auch hier insbesondere die Höckianer gegen eine solche Regelung zu mehr Demokratie! hm? Ist laut schreien am ende doch nicht mehrheit???????? Man kann nur spekulieren, oder 1 und 1 zusammenzählen: Selbst in Thüringen heisst es laut Insa/Emnid….. 27% für die AFD! Aber nur 10% für Höcke!
    Aber Dissonaz-Könige können sicher auch in IHRRER Wahrnehmung verklären, da unterscheiden sie nicht von Vulva-Malern und islamischem Baukranschwulenaufhänger…. das passt schon irgendwie!

  3. Haik Riebe sagt:

    Sehr schön auf dem Punkt gebracht. Es erstaunt, wie die heutige Jugend nicht hinterfragt, was diese linke Gesinnung an Schulen und Unis zu suchen hat. Aber wie auch sollen sie es wissen? Die Indoktrination beginnt schon in der Krabbelgruppe. Und dann diese Gutmenschensucht, die einer Religion gleich kommt ist geradezu beängstigend.

  4. moneypenny sagt:

    Wie schade… einen Bericht von Ihnen über das Seminar „respektvolles Flirten“ hätte ich sehr gerne gelesen!