2. Türchen | Mein politischer Wunschzettel
Von Simon Ben Schumann | Früher haben wir uns zu Weihnachten vor allem eins gewünscht: Spielzeug und Geld. Je älter ich werde, desto mehr tritt anderes in den Vordergrund. Als 20-jähriger Mensch stecke ich meinen Eltern keine Wünsche mehr zu – außer dem nach ein paar Moneten. Aber was wären echte Weihnachtswünsche, für mich als frischgebackenen Erwachsenen?
Die politische Situation in Deutschland betreffend fallen mir einige Dinge ein, die ich mir vom Weihnachtsmann wünschen würde. Klar: Das Folgende ist eine absolut verfassungswidrige Wunschliste. Deswegen bitte ich Santa Claus schon mal um Entschuldigung – und hoffe, dass er trotzdem etwas unter den Tannenbaum legt.
Wunsch 1: Scrooge bekommt Besuch
Weihnachten ist – theoretisch – ein Fest der Liebe. Auch deswegen wünsche ich mir Liebe und Veränderung für einen, der das wirklich brauchen kann: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. In Charles Dickens‘ „Eine Weihnachtsgeschichte“ bekommt der skrupellose Ladenbesitzer Ebenezer Scrooge am Weihnachtsfest Besuch von mehreren Gespenstern der Menschen, denen er geschadet hat. Sie motivieren ihn schlussendlich, seine Fehler einzusehen und – um es mit der Bibel zu sagen – „von ihren Irrwegen abzukehren.“
Lauterbach hetzte in der Corona-Krise gegen Kritiker der Maßnahmen und der Impfungen. „Ungeimpfte“ nannte er „Geiselnehmer“ der Gesellschaft und machte ihre Entscheidung über ihren Körper verantwortlich für das zeitweise Ende des Grundgesetzes. Er sollte einmal die andere Seite der Medaille sehen: Menschen, die unter seiner Politik der Hetze und repressivster Maßnahmen litten, sollen ihm erscheinen. Seien es die Vereinsamten, die Verzweifelten oder die Verletzten (z. B. durch Impfschäden), die Isolierten und die irre gewordenen, ob im Traum oder auf dem Weg in die Zahnarztpraxis: Der Schock, dass nicht „die Wissenschaft“, sondern vor allem das Grundgesetz Geltung hat, sollte Lauterbach passend zum Weihnachtsfest treffen. Vielleicht ja zuerst beim Geschenke-Shoppen im Einkaufszentrum – das er vor einem Jahr Geimpften vorbehalten wollte.
Wunsch 2: Knecht Ruprecht bei der Europäischen Zentralbank
Unter der aktuellen Inflation leiden viele Menschen. Allein im November gab es ca. 10 Prozent davon. Doch EZB-Chefin Christine Lagarde machte erst vor kurzer Zeit in einem Interview in einer irischen Talkshow die Invasion von Putin dafür verantwortlich. Ich schlage vor: Knecht Ruprecht kommt vorbei und erinnert Lagarde daran, dass nicht nur äußere Faktoren wie Kriege ursächlich sind – sondern auch ihre Geldpolitik.
Wunsch 3: Versöhnung unterm Mistelzweig
In den letzten Jahren hat unsere Gesellschaft eine Menge Hass durchgemacht. Eine Mehrheit der Bevölkerung stand gegen eine Minderheit – und es ging um alles. Das Recht an der Teilhabe am öffentlichen Leben war für viele Menschen weg oder gefährdet. Mehr als Grund genug, eine Menge Hass und Rachegefühle mit in die Zukunft zu nehmen – auf beiden Seiten. Die radikalisierten „Covidioten!“-Schreier und die „Reptiloiden wollen uns
versklaven“-Demonstranten sind beide wahrscheinlich weit weg von dem, was wirklich passiert ist. Mein Wunsch: Die Weihnacht 2022 stößt jeden Menschen, der die letzten Jahre miterlebt hat, darauf, dass eine funktionierende Gesellschaft Freiheit für jeden braucht. Das heißt, Verständnis für beide Seiten. Höchstwahrscheinlich hat keiner die Weisheit mit Löffeln gefressen. Mein Tipp: Lassen wir die Impfpässe und G-Regeln, aber auch die Verletztheit und die Unterstellungen zurück, greifen zum Besteck und genießen zusammen eine gute alte Weihnachtsgans. Die schmeckt bestimmt jedem.