Lufthansa & Co: Turbulentes aus der Luftfahrt

Von Simon Ben Schumann | Früher war die Luftfahrtbranche von einer gewissen Romantik beflügelt. Über den Himmel gleiten wie die Vögel – lange ein Traum der Menschheit, heute Normalität. Doch vom einstigen Charme ist leider nicht viel übriggeblieben. Stattdessen jagt ein Skandal den nächsten. Das bekannteste Beispiel ist der Flughafen Berlin-Brandenburg, der längst ins Repertoire der Running Gags aufgenommen wurde. Dauert etwas mal zu lange, heißt es schnell: „Sind wir hier am BER, oder was?“. Kostet etwas zu viel: „Das ist ja wie am BER.“
Wie man einen Flughafen verhaut
Die Eröffnung des BER wurde, optimistisch gerechnet, um insgesamt 14 Jahre verschoben. Der Hauptgrund: Es kamen während der Bauplanung immer wieder Änderungswünsche dazu, die eine termingerechte Umsetzung sabotierten. So wurden z. B. neue Stockwerke geplant, die gar nicht vorgesehen waren. Politiker und Fluggesellschaften wollten den perfekten Airport. Das brachte neue Probleme mit sich, an die keiner gedacht hat. Am bekanntesten hierbei: Außer Rand und Band geratene Brandschutzmaßnahmen. Die gescheiterte Entrauchungsanlage wurde von den Planern – kein Witz – „Das Monster“ getauft, weil sie zu wenig Leistung brachte und komplett überarbeitet werden musste. 2013 gab es fast 15.000 einzelne Brandschutzmängel. „Das Monster“ kostete mehrere Milliarden Euro, die Fertigstellung verzögerte sich dadurch um 7 Jahre. Außerdem geriet das System der Raumnummerierung völlig durcheinander. Auch die Kartierung des Flughafens war nicht mehr zuverlässig. Und es wurde noch absurder: Der Brandschutz funktionierte schon mal nicht. Jetzt noch das Abfackelrisiko zu erhöhen, schafft man nur am BER. Denn: Aufgrund der neuen „Ideen“ von Wowereit und Co. wurden mehr Kabel gebraucht. Diese verliefen nebeneinander in vollgestopften Kabelschächten, welche durch Überhitzung einen Brand hätten auslösen können. Deswegen musste auch die Kabelverlegung umgeplant werden; sie stand sowieso teils unter Wasser. Und selbst, nachdem all das gelöst war, wollte die Realsatire nicht abreißen. Immerhin standen schon mal die Mülleimer, so dass man seine Hoffnungen auf einen reibungslosen Flug schnell entsorgen konnte. Doch die waren alle zu klein. Kurz vor der Eröffnung am 31.10.2020 mussten mindestens 300 Stück ausgetauscht werden.
Lufthansa: Eine Airline mit Antisemitismus-Problem?
Zugegeben: Über die Lufthansa habe ich mich etwas aufgeregt. Unter dem Eindruck der fallenden Corona-Maßnahmen bin ich davon ausgegangen, dass meine Call-Optionen an Wert gewinnen würden. Das Einzige, was die Lufthansa machen müsste, ist: Fliegen. Aber weit gefehlt.
Erst vor wenigen Wochen lieferte die Fluggesellschaft mit dem Kranichlogo einen scheinbaren Antisemitismusskandal ab. Mehrere Juden waren auf dem Weg von Berlin nach Budapest. An der Kleidung waren sie als religiös zu erkennen. So weit, so normal. Doch, oh Schreck: Drei der Passagiere weigerten sich, auf dem vorherigen Flug von New York nach Berlin Masken zu tragen. Außerdem „störten“ sie angeblich durch ein Morgengebet. Daher verweigerte das Personal direkt ca. 100 jüdischen Passagieren den Weiterflug nach Budapest. Zitat eines Lufthansamitarbeiters: „Everybody has to pay for a couple. It was Jewish people who were the mess, who made the problems“ – Alle müssen für ein paar bezahlen. Es waren Juden, die das Chaos waren und die Probleme verursacht haben. Wären sie Afrikaner oder Polen gewesen, hätte sich die Lufthansa nach Eigenaussage genauso verhalten – als ob das die Situation gerettet hätte.
Daraufhin stürzte nicht nur die Lufthansa Aktie ab. Auch das Vertrauen in die Airline hat zurecht gelitten. Zwar gehen die unternehmerischen Erwartungen durch mehr Reisen und ausgebuchte Flüge hoch, menschlich betrachtet aber zeugt dies von unterster Schublade. Schon in den Vorjahren hatte sich die Airline nicht mit Ruhm bekleckert: An den Pilotenschulen soll es entwürdigende Aufnahmerituale geben, bei denen Auszubildende erniedrigt und teilweise sogar gewaltsam misshandelt werden.
Vielleicht ist der Weg von AirBerlin da noch der beste: Auch diese Fluggesellschaft hat den Steuerzahler ordentlich Geld gekostet. Zumindest aber wurden dabei weder Juden diskriminiert noch ein Großbrand riskiert. Die bekannte Fluglinie ging 2018 endgültig insolvent, in den Folgejahren wurde sie von anderen übernommen.
Insgesamt scheint die deutsche Luftfahrtindustrie konstant von Turbulenzen durchgerüttelt zu werden. Ob ihr eine Landung noch gelingen wird? „Tower warning: bad weather.“