Lieber Schulsportfest als Umweltschutzprojekt

Von Johanna Beckmann | Während des Umweltschutzprojekts an meiner Schule wären sogar meine links-grünen Klassenkameraden lieber zum Schulsportfest gegangen. Jeder von uns rechnete damit zu lernen, feste Shampoos zu benutzen, mehr Zug zu fahren oder nur aus wiederverwendbaren Bechern zu trinken. Doch wir lernten nichts davon, der Inhalt des Projekts war nicht einmal nah an diesen realitätsbezogenen Tipps.
An meiner Schule findet jedes Jahr ein Sportfest statt. Dort beteiligen sich die fünften bis neunten Klassen. Aus diesem Grund mussten wir, zehnt Klässler, nicht teilnehmen. Anfangs freuten wir uns sehr, da keiner von uns gern bei dreißig Grad sprintete, sprang oder warf. Ein großer Teil meiner Lehrer nahm an dem Sportfest teil. Aus diesem Grund lud meine Schule extra ein Team aus Halle ein, welches uns das Thema Umweltschutz näher bringen sollte. Meine grünen Klassenkameraden könnten das Projekt kaum erwarten. Die ganze Woche freuten sie sich, endlich zu erfahren, wie sie ihr leben noch grüner gestalten können. Ich weiß wirklich nicht, was sie erwarteten, vielleicht ja, dass man mit Bienenwachstüchern als Ersatz für Aluminiumfolie die Welt rettet. Um ihnen nicht die Vorfreude zu nehmen, nahm ich mir vor gut gelaunt in das Projekt zu gehen. Vielleicht würde ich ja doch etwas Sinnvolles lernen.
Doch schon nach der Vorstellungsrunde wurde mir klar: Dieses Projekt kann nicht sinnvoll werden. Der Leiter des Projekts stellte sich so vor: „Hallo ich habe diesen Verein gegründet, da mir in meinem Maschinenbaustudium aufgefallen ist, dass schon alles erfunden wurde und wir die Dinge nur noch umsetzen müssen. Genau aus diesem Grund entschied ich mich meine Zeit in die Bildung zu investieren.“ Das war für mich der erste Schock: Wenn die Menschen im 19. Jahrhundert gedacht hätten, dass als die Pferdekutschen erfunden wurden, schon alles entwickelt war, dann könnten wir heute nicht in ein paar Stunden im warmen Süden sein. Doch ich dache, dass ich nach diesem Schock, das schlimmste hinter mir gehabt hätte.
Papprollen balancieren und der Krieg der Daumen
Als dann die erste Aufgabe kam, fühlte ich mich in dieser Annahme bestätigt. Wir sollten eine Papprolle auf unserer Hand balancieren. Zuerst guckten wir die Stelle der Rolle an, die unsere Hand berührte, dann das Ende und zum Schluss die Decke des Raums. Die Aussage dieser Aufgabe war, dass man die Ursache eines ökologischen Problems beheben muss und nicht bei den Folgen anfangen sollte. Wieso wir das mit einer Papierrolle machten, erschloss sich mir nicht, aber die These machte Sinn.
Doch meine Vermutung das, dass Projekt nach der Vorstellungsrunde besser werden würde, war falsch, denn schlimmer geht wirklich immer. Unsere zweite Aufgabe war: „Spielt mit einem Partner Daumencatchen. Der, der die meisten schafft, gewinnt. Ihr habt dreißig Sekunden Zeit “ Hier dachte ich: „Beim Daumencatchen muss mir doch niemand erklären.“ Doch ich lag falsch. Aus diesem Grund hier noch einmal die Regeln: Das Ziel des Spiels ist es, den Daumen des Gegners zu besiegen. Dies ist erreicht, wenn der Daumen des Gegners heruntergedrückt und fixiert wird. Das machten wir auch.
Als wir nach dreißig Sekunden fertig waren, sagte jedes Team, wie vieleGewinne sie geschafft hatten. Alle antwortete eins, zwei oder drei. Als dann die Projektleiter 27 sagten, waren wir natürlich alle verwundert. Eine laute Diskussion in der alle durcheinander schrieen und die Projektleiter als Schummler bezeichneten, wurde entfacht. Das konnten die Leiter gar nicht verstehen, denn sie hatten natürlich alles richtig gemacht. Das ist meiner Meinung nach nur die halbe Wahrheit. Sie hatten ganz schnell, die Finger getauscht und sich mit Absicht immer abwechselnd nach Unten drücken lassen. Dann erklärten sie, dass sie das Spiel gewonnen hätten. Wir behaupteten, dass sie uns betrogen hatten. Doch sie machten deutlich, dass sie in der Aufgabe nicht behauptet hätten, dass wir gegeneinander spielen sollten. Das ist richtig, aber wenn wir sagen wir spielen „Mensch Ärger dich nicht“, dann spielen auch nicht zwei zusammen, damit sie doppelt würfeln können. Und auch bei diesem Spiel wäre niemand auf die Idee gekommen, sich die Regeln erklären zu lassen. Was wir aus dem Daumencatchen lernen sollten war, dass man gegen Muster ankämpfen sollte und einen größeren Wert auf Teamwork legen sollten. Wenn man während des Teamwork andere Menschen reinlegt, dann ist das trotzdem kein soziales Verhalten .
Die dunklen Machenschaften der Auto-Mafia
Dann erklärten sie auch, dass die Muster in der Schule schlecht für das Lernklima wären. Doch wie stellen sie sich den Ablauf des Unterrichts vor, wenn alle durcheinander rennen und sprechen? Es kann niemand konzentriert arbeiten, wenn sich keiner meldet oder auf einem Stuhl sitzt. Soll die Bildung in Deutschland noch schlechter werden, als sie jetzt schon ist?
Dann berichteten sie, dass wir von Konzernen reingelegt werden. Diese wollen uns nur E-Autos verkaufen, damit sie mehr Geld verdienen. Der Tipp zur Umsetzung in unserem Alltag war es, dass wir lieber alte Autos fahren sollten, da E- Autos in der Produktion sehr große Umweltschäden verursachen. Man darf in Deutschland aber erst ab 18 alleine Auto fahren, deswegen hat niemand in der zehnten Klasse ein altes oder ein E- Auto. Das war der einzige realitätsbezogene Tipp im gesamten Projekt, nicht einmal diesen konnten wir in unserem Alltag umsetzen.
Doch auch im weiteren Verlauf des Projekts wurde es nicht besser. Die dritte Aufgabe war: „Sagt mir die Zahl, die ich an die Tafel schreibe.“ Dieser Auftrag war einfach zu erfüllen, hier konnte man nichts falsch verstehen, dachten wir zu mindest. Er malte also immer wieder Zahlen an die Tafel, damit lenkte er uns ab und zeigte die eigentlichen Zahlen mit seinen Händen neben der Tafel. Dort guckte natürlich niemand hin. Und wieder legte er uns rein. Was er damit aussagen wollte? Konzerne legen die Menschen rein, in dem sie Autos herstellen die nach 10 Jahren kaputt gehen. Als wir nach einem Beweis für diese These fragten, antwortete er nur: „Das habe ich in meinem Maschinenbaustudium gelernt.“ Einen richtigen Beleg bekamen wir nicht.
Dann war das Projekt zum Glück vorbei und wir konnten endlich aufatmen. Als wir Feedback geben sollten, wurden uns Fragen gestellt: „Beschreibe deine jetzige Stimmung in einem Wort! Was hast du für dein Leben mitgenommen? Was hat dir am besten gefallen? Was hat dir nicht gefallen?“
Die durchschnittliche Antwort sah so aus: „Ich bin besorgt. Ich habe gelernt alte Autos zu fahren. Mir hat gefallen, das es mal etwas anderes als Unterricht war. Mir hat nicht gefallen, dass sie uns beim Daumencatchen betrogen haben.“ Im Klartext: Alle waren froh, dass wir an diesem Tag keinen Unterricht hatten, fühlten sich betrogen und verändern in ihrem Leben nichts, da sie eh kein Auto fahren können. Nach dem Projekt waren sich alle einig. Wir wären lieber zum Schulsportfest gegangen, denn da hätten wir wenigstens etwas für die gute Figur getan.
Super 😂: „fahrt lieber alte Autos“ und „die Autos werden so gebaut, dass sie nach 10 Jahren kaputt sind!“……fast so schön wie: „mehr Ackerland in Naturschutzgebiete umwandeln, Pestizid- und Düngernutzung reduzieren!!“ und „Hach ja der Hunger in der Welt ist furchtbar…. ich spende mal besser damit die in Afrika auf dem weltweiten Nahrungsmarkt bessere Chancen haben auch ein Kilo Weizen abzubekommen!“ 🤪