Karlos, der Booster-Balanceur

Von Simon Ben Schumann | Meine Damen und Herren – machen Sie sich gefasst auf den größten Balanceakt, den die Welt je gesehen hat. Sehen Sie jetzt Karlos Lauterbach´ und sein beliebtestes Kunststück. Vier nebenwirkungsfreie Impfbooster-Spritzen stecken in den Venen seines linken Arms, das Grundgesetz hält er in seiner rechten Hand zitterfrei fest. Was sehen wir hier – schon nach zehn Sekunden beginnt unser Artist, auch noch mit mehreren „Also-Ähms” zu jonglieren! Applaus, Applaus für Karlos Lauterbach! 

Doch woher kommt diese Neigung zu wagemutigen Kunststücken und der Drang, mit ihnen in möglichst vielen Zirkussen aufzutreten? 

Merkwürdigkeiten einer Karriere 

Beginnen wir ganz am Anfang, noch vor Corona. Karl Lauterbach studierte Humanmedizin an verschiedenen Universitäten, in den Vereinigten Staaten und Deutschland. Dort promovierte er zum Dr. med. – so weit, so gut. Könnte man meinen. Doktoren, die sich zur Corona-Lage zu Wort meldeten, gab es ja eine Menge. Allerdings hat Lauterbach nicht nur in Humanmedizin promoviert, sondern auch im Fach „Health Policy and Management“ – und das in Harvard. Diese Arbeit war tatsächlich bis 2015 unter Verschluss (warum?), umfasst gerade einmal 118 Seiten und trägt den ironischen Titel „Justice and the Functions of Health Care“. Ihre Qualität wird – gerade vor dem Hintergrund der langjährigen Geheimniskrämerei – unter anderem vom Allgemeinarzt und Publizist Dr. Gunter Frank in Frage gestellt. Eine Doktorarbeit, die nicht öffentlich zugänglich war, ziemlich dünn daherkommt und sich nicht etwa der Epidemiologie widmet, sondern ethischen Erwägungen – kann man das als Qualifikation für das Amt des Gesundheitsministers bezeichnen? 

Was Lauterbach weiterhin charakterisiert, ist seine Professur. Okay – Professoren sollten zwar lehren, nicht belehren – aber immerhin. Seine Habilitation ist aber leider nicht ganz koscher: Die Schrift existiert gar nicht; Lauterbach ist nicht habilitiert. Das vor seinem Namen auftauchende „Prof.“ erwarb er nicht durch eine aufwändig angefertigte Habilitationsschrift, sondern einzig durch den Ruf an die Universität Köln im Jahr 1998. Dieser wurde durch Lauterbachs wissenschaftliche Arbeit begründet. Das weckt schon Zweifel daran, ob der jetzige Gesundheitsminister wirklich ein astreiner Experte ist. Ob erfahrene Schamanen aus der Savanne, marktschreiende Schlangenölverkäufer im wilden Westen oder eben allwissende Profs: Autoritätsargumente sollten uns unsere Freiheit nicht wegnehmen dürfen. Besonders, wenn sie so dubios daherkommen. 

Falschaussagen in der Pandemie 

Seine etwas kritisch stimmende „Origin Story“, wie man bei Superschurken aus Marvel & Co. sagt, wird leider ergänzt durch sein zerstörerisches Handeln in der Coronakrise. Hier fiel Lauterbach mehrfach durch Falschaussagen und Panikmache auf. Einige Beispiele. 

Im Mai 2021 ging es bei Maybrit Illner um Covid. In der Sendung vom 6. Mai 2021 behauptete Lauterbach: Das Durchschnittsalter der Intensivstationspatienten betrüge durchschnittlich 47 bis 48 Jahre. Eine glatt unwahre Aussage. Sogar der „Faktenfuchs“ des BR, ein nicht gerade für seine investigative Kritik bekanntes Medienhaus, konstatierte: Die Aussage Lauterbachs ist statistisch nicht belegbar. Auf Anfrage antwortete der Jetzt-Minister, es handele sich um eine „persönliche Schätzung“. In der Sendung erwähnte er das freilich nicht. Panikmache vom Feinsten. 

Vor einigen Monaten war die Wortneuschöpfung „Booster-Impfung“ überall zu hören. Ich kenne „Booster“ ja noch als günstige Energydrink-Eigenmarke von EDEKA & Co. – aber solange es cool klingt, wieso nicht? Der Experte Lauterbach postete dazu auf Facebook: Die dritte Biontech-Impfung biete 10-fachen Schutz gegen Infektion oder schwere Krankheit. Allerdings: Auch das ist höchst fraglich. Forscher des RWI aus Leipzig kamen zum Ergebnis, Lauterbach habe die Statistik fehlinterpretiert; der Schutz nähme maximal um 2,00% zu. 

Ein weiteres Beispiel der Eskapaden unseres tollkühnen Antihelden sind die Verbreitungen ganz am Anfang der Pandemie. Lauterbach warb vehement für Lockdowns – unter anderem argumentierte er, dass Restaurants ein Ort mit besonders vielen Infektionen seien. Mittlerweile ist klar: Lockdowns sind nicht empfehlenswert – sagt auch die WHO – und Restaurants sind keine Brandherde für Infektionen.

Doch die Kirsche auf der Torte drapierte Karl Lauterbach mit seinen Äußerungen über nicht geimpfte Bürger. „Das ganze Land wird in Geiselhaft dieser Menschen sein.“, ließ er verlauten. Und weiter: „Das können wir uns nicht mehr leisten.“ Meinte er damit etwa, wir können uns die ungeimpften Menschen nicht mehr leisten? Da werden schon ungute Erinnerungen an NS-Zeiten wach. 

Unterstrichen wird dieser negativ-Eindruck durch Lauterbachs Statements zu Joshua Kimmich. Der Fußballer wollte sich nicht impfen lassen; später entschied er sich um. Lauterbach, ganz in Manier eines Ablässe verkaufenden Priesters, sprach von der Kanzel: „Der Körper ist sein Kapital, da hatte er Ängste“. Jeder andere Mensch denkt vielleicht an Gesundheit, Nebenwirkungen, die Familie oder Entscheidungsfreiheit über den eigenen Körper – für Karl Lauterbach geht’s um der Venen Wirtschaftlichkeit. 

Hat der Zirkus genug? 

Liebe Zuschauer, danke, dass Sie so friedlich gelauscht haben! Doch was ist das – ein immer lauter werdendes Buhen? Gefällt die „Killervarianten“-Performance von Karlos etwa nicht? Dabei war der Zirkus doch so lange wie gefesselt! Vielleicht sollten wir unserem Künstler ja eine Sommerpause gönnen. Im Herbst, da dürfen Sie sich drauf verlassen, ist er wieder da.