Junge Iranerin stirbt nach Misshandlung durch Sittenpolizei
Von Laura Werz | Die 22-jährige Mahsa Amini ist in Teheran in Polizeigewahrsam nach Misshandlungen der Sittenpolizei gestorben. Ihr Tod hat im Iran zu etlichen Protesten und weltweiter medialer Aufruhr geführt und bringt die iranische Regierung und Polizei derzeit in Bedrängnis.
Die iranische Regierung versucht seit Monaten noch strengere Kleidervorschriften vehementer und auch mit Gewalt mithilfe der Sittenpolizei durchzusetzen. Die Massen auf den Straßen, die anlässlich der erneuten Ausschreitung der Sittenpolizei demonstrieren, zeigen deutlich die Ablehnung der Bevölkerung der „gottgewollten“ Kleiderordnung. Demonstranten haben im Iran schwere Strafen und sogar den Tod zu fürchten. Auch bei den derzeitigen Demonstrationen wurde gegen die sie mit Schüssen, Tränengas und Schlagstöcken vorgegangen.
Die junge Frau Mahsa Amini wurde auf dem Weg zu einem Familienbesuch im Auto mit ihrem Bruder von der Sittenpolizei angehalten und festgenommen. Nach den wenig überzeugenden Angaben der Polizei sei sie wegen Herzversagens zunächst in Ohnmacht und später ins Koma gefallen. Augenzeugen schildern hingegen einen gänzlich anderen Tathergang. Demnach sei Mahsa Amini verhaftet worden, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß und sie zu viel Haar zeigte. Die Sittenpolizei habe den Augenzeugen zufolge ihren Kopf im Polizeiauto gegen die Scheibe geschlagen, was zu einer Hirnblutung führte. Die iranische Polizei weist bis heute jegliche Anschuldigung vehement von sich. Die Regierungsbemühungen, die Schuld von sich zu weisen sind allerdings absolut unglaubwürdig und schüren den Zorn der Bevölkerung auf die Obrigkeit zu Recht nur noch mehr. Mahsa Amini ist nicht die erste Frau im Iran, die von der Sittenpolizei in jüngster Zeit misshandelt wurde. Es gibt diverse Belege, Fotos und Videos von Ausschreitungen der Sittenpolizei gegenüber Frauen, die sich nicht an die Kleiderordnung hielten.
Nichtsdestotrotz wird dreist versucht, mit nicht verifizierten Videoaufnahmen die eigene Unschuld zu untermauern. Infolge der medialen Aufruhr wurde offenbar sogar das Internet des Landes eingeschränkt. Die Verbreitung von Aufnahmen der jungen Frau, die sie nach der Festnahme im Koma zeigen, ist alles andere als im Interesse der Regierung. Stromausfälle, die aus mehreren Städten gemeldet wurden, kamen der Regierung dementsprechend sehr gelegen.
In der für den Iran wirtschaftlich sehr schweren Zeit, liegt das Augenmerk der Regierung darauf, die fundamental-islamischen Kleidungsvorschriften strenger umzusetzen. Die Frauen werden als Objekte der Machtdemonstration missbraucht. Mit der Durchsetzung der Kleiderordnung soll Stärke und Systemstabilität suggeriert werden. Öffentliche Betriebe, wie Behörden und Banken, wurden beispielsweise angewiesen, Frauen mit nachlässig sitzendem Hijab nicht zu bedienen. Infolge des Aufbegehrens der Bevölkerung, griff die Obrigkeit mit weiteren Kleidervorschriften nur noch härter durch. Im politischen Diskurs wurde sogar bereits über Gesichtserkennungssoftware in der Öffentlichkeit, zur Durchsetzung der Kopftuchpflicht, gesprochen.
Prominente Iranerinnen schlossen sich in den sozialen Medien scheinbar furchtlos den Protesten an und solidarisierten sich mit Mahsa Amini. Berühmte Schauspielerinnen posteten Bilder ohne Kopftuch oder nahmen Videos auf, wie sie den Hijab abnahmen. Nach der neuen Verordnung werden derartige Handlungen nunmehr mit dem Entzug sozialer Recht für bis zu einem Jahr, sowie Geldstrafen und Entlassungen geahndet. Die weitreichenden Proteste und mutigen Widerstandsaktionen zeigen allerdings deutlich, dass mehr und mehr Iranerinnen und Iraner trotz jahrzehntelanger Unterdrückung und Propaganda den vermeintlich religiös motivierten Weg ihrer Regierung ablehnen. Die kritische Wirtschaftslage, inländische Korruption und Lobbyismus öffnen einer wachsenden Zahl der Bevölkerung die Augen. Auch wenn der Tod Mahsa Aminis das Mullah-Regime nicht kippt, wurde es doch ins Wanken gebracht, sodass es eines Tages einem weiteren Skandal womöglich nicht mehr standhalten kann.