Hongkongs Freiheit stirbt – Merkel schaut nur zu

Von Jerome Wnuk | Eine der brisantesten Meldungen der letzten Woche war eindeutig das chinesische Vorgehen in der Sonderregion Hongkong. Das neue chinesische „Sicherheitsgesetz“ und den darin enthaltenden diktatorischen Vorkehrungen, welche das bisher uns bekannte Hongkong zerstören, blieben auf der Welt nicht ohne Reaktion.
Doch die Reaktionen fallen überraschend sehr unterschiedlich aus. Australien legte gestern seine Auslieferungsvereinbarung mit Hongkong auf Eis. Hongkonger Bürger, die durch das neue Gesetz gefährdet werden „werde Australien Sondervisa und einen Weg hin zu einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung anbieten“, meinte Australiens Premierminister Scott Morrison bei einer Pressekonferenz.
3 Millionen Hongkonger können britische Staatsbürger werden
Auch Boris Johnson und die Regierung Großbritanniens entschied sich nicht nur zu protestieren sondern auch Taten folgen zu lassen. Viele Hongkonger besitzen, aufgrund der kolonialen Vorgeschichte, Pässe als „britische Übersee-Bürger“ – noch viel mehr, etwa zweieinhalb Millionen haben einen rechtlichen Anspruch auf diesen Status. In Zukunft sollen diese „British Overseas Nationals“ Langzeitvisa von fünf Jahren Gültigkeit für Großbritannien erhalten können – mit der Möglichkeit, anschließend die volle Staatsbürgerschaft zu erwerben. Rund drei Millionen Hongkonger könnten auf diese Weise britische Staatsbürger werden.
Für China wäre dies ein Problem, da das Land auf das Wirtschafts-/ und Finanzzentrum Hongkong angewiesen ist. Ein regelrechtes „Fliehen“ von drei Millionen Menschen wäre ein heftiger Schlag auf Chinas Wirtschaftsstärke. Ein Einsperren der Hongkonger, wenn die chinesische Regierung soweit gehen würde, um die Abgänge zu verhindern, würde zu einer erneuten Eskalation führen und das sowieso schwer belastete internationale Image Chinas nochmals verschlechtern. Die Regierung Chinas würde sich also ein Vorgehen dagegen gut überlegen. Ein sehr stilvoller Weg der Briten den Chinesen beim Thema Hongkong Ärger zu bereiten und den Hongkonger Bürger zu helfen.
Alle lassen Taten sprechen – Merkel tut nichts
Während Australien und Großbritannien sowie viele andere Länder die Hongkonger unterstützen, fiel Bundeskanzlerin Merkel bei ihrem großen Auftritt im Europaparlament wiederum nur ein paar zurückhaltende Worte zu dem außenpolitischen Vorgehen Chinas ein. „Die Beziehungen zu China seien geprägt durch enge handelspolitische Verbindungen, aber auch sehr unterschiedliche gesellschaftspolitische Vorstellungen, vorneweg bei der Wahrung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit“, so ihre Worte.
Man wolle den Dialog zu China trotz des Ausfalles des EU-Chinas Gipfels nicht verlieren. Zu dem brisanten Thema Hongkong fiel kein Wort. Eine absolute Respektlosigkeit und ein Beleg dafür, dass Angela Merkel die Menschenrechtsfrage anderen Interessen unterordnet, so Stimmen aus den Oppositionsparteien FDP und den Grünen.
Worauf soll ein neues Europa basieren, wenn nicht auf Menschenrechten und Hilfsbereitschaft?
Doch die Zurückhaltung Merkels gegenüber Chinas Regierung ist kein Novum, schon immer hielt sie sich in Bezug auf China mit Kritik zurück. Dieses Vorgehen wird jetzt sogar in den Regierungsparteien für nicht mehr angemessen gesehen. „Die Kanzlerin solle sich der Realität stellen“ twitterte Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Auch in der CDU gab es Kritik, CDU-Vorsitz Anwärter Norbert Röttgen hielt die Antwort der deutschen Regierung auf Hongkong für „nicht ausreichend“. Rufe nach Sanktionen kommen aber auch nur aus der Opposition beispielsweise von FDP-Menschenrechtsexpertin Gyde Jensen. Aus CDU und SPD kam keine dementsprechende Forderung. Alles in allem ist Merkels Devise zum Thema Hongkong, aber auch in den Beziehungen zu China, nicht mehr realistisch. Wenn gerade sie Europa nach der Pandemie neuen Schwung verleihen will, dann braucht es Prinzipien.
Worauf soll ein neues Europa basieren, wenn nicht auf Menschenrechten und Hilfsbereitschaft? Und wenn Europa auf diesen Prinzipien basiert, dann darf man bei dem Vorgehen Chinas nicht wegschauen. Egal welche „handelspolitischen Beziehungen“ man zu China hat.
Warum sollte sich Frau Merkel daran stören, ja warum fühlt sie sich mit Gewißheit eher durch die Vorgänge in Hongkong belästigt? Verwunderlich ist auch, wenn im Artikel Merkels „Prinzipien“ angesprochen werden. Mir ist keines dieser Prinzipien bekannt. Und schließlich: Sie, die ihr Land mitsamt den Bürgern vorsätzlich an die Wand fährt, dürften die Vorgänge in Hongkong schlicht und einfach nicht wirklich interessieren.
Natürlich tut die Hexe nichts – sie ist beschäftigt mit ihrer Seelenverwandten Ghislaine Maxwell.