FU Berlin: Wer formuliert den Gender-Imperativ?

Von Max Roland | Wer einen Abschluss in Philosophie macht, wird häufig als „akademischer Taxifahrer“ verschrien – zu Unrecht. Denn mit einer Promotion in Philosophie scheint man ein echter Tausendsassa zu sein. Das hat zumindest die Freie Universität Berlin erkannt. In einer Stellenausschreibung für eine Juniorprofessur im Bereich „praktische Philosophie“ werden zahlreiche Erwartungen an die Bewerber formuliert, so zum Beispiel das interdisziplinäre Mitwirken an Forschungsprojekten der FU und die „Entwicklung innovativer Forschungsprogramme“. Doch bevor sich der zukünftige Juniorprofessor nun den Kopf zerbricht, was er wie und wo entwickeln könnte, liefert die Universität direkt eine freundliche Anregung mit: Explizit wird in der Stellenausschreibung die „Beschäftigung mit Fragen der Geschlechterforschung und/oder Diversity Studies“ gefordert. Das ist den Verantwortlichen der Freien Universität fast noch wichtiger als die Bereitschaft, Deutsch zu lernen oder an anderen philosophischen Studiengängen mitzuarbeiten.
Klar – wenn Geschlecht nicht biologisch, sondern nur Kopfsache ist, sollten sich eigentlich die Philosophen mit dem Thema beschäftigen. Was für eine Vision: Durch bahnbrechende Gedanken im Aufgabenfeld „Geschlechterphilosophie“ kehrt die Nation der Dichter und Denker endlich wieder an die akademische Weltspitze zurück. Vielleicht wird man den gesuchten Juniorprofessor in Hundert Jahren in einem Atemzug mit Kant nennen, nachdem er sich mit seinem Leitsatz „Handle nur nach der Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass es allgemeines Geschlecht werde“ bleibende Verdienste um das genderphilosophische Denken erworben hat. Ich kann also nur alle Leser ermutigen, sich auf die Stelle zu bewerben: Vielleicht werden Sie derjenige sein, der den „genderideologischen Imperativ“ formulieren wird. Die Einsicht, dass die Geschichte eine Geschichte von Geschlechterkämpfen sei, wird natürlich vorausgesetzt.
Der alltägliche Wahnsinn mal wieder sehr witzig aufs Korn genommen vom trefflichen Herrn Roland! Merci und mehr davon!