Explosion der Strompreise – von der Gaskrise zur Stromkrise

Von Leon Hendryk | In den letzten Wochen entfaltete sich in Europa, von der Öffentlichkeit noch bis vor wenigen Tagen unbemerkt, eine dramatische Krise: Die Strompreise an der Europäischen Energiebörse EEX explodieren regelrecht, und stiegen auf inzwischen 600€ bis 800€ pro Megawattstunde – also rund 60 Cents pro Kilowattstunde. Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag der Preis noch bei rund 90€ pro Megawattstunde, oder 9 Cents pro Kilowattstunde. Was sind die Gründe für diesen plötzlichen, dramatischen Anstieg der Strompreise? Und was bedeutet er für uns, den Endverbraucher?
Kurz gefasst gibt es für den Preisanstieg zwei Hauptgründe. Zum einen das momentane Unterangebot an Strom auf dem Markt, verursacht durch einen Mangel an Stromerzeugungskapazitäten. Zum anderen, die Art in der sich der Strompreis an der Energiebörse berechnet.
Zu wenig Produktion, zu hohe Preise
Den ersten Grund zu erläutern ist im Prinzip recht simpel: In Europa wird aktuell schlichtweg zu wenig Strom erzeugt, denn viele Kraftwerkskapazitäten werden im Moment nicht genutzt. In Frankreich produziert nur die Hälfte der 56 Atomreaktoren des Landes Strom, da die andere Hälfte gewartet wird. Überall in Europa laufen Wasserkraftwerke aufgrund der diesjährigen Dürre mit verminderter Kapazität. Kohlekraftwerken hingegen machen die hohen Temperaturen zu schaffen, sie operieren mit einem reduzierten Wirkungsgrad. Und als ob dies noch nicht genug wäre, verteuern die hohen Gaspreise die Energieerzeugung in Gaskraftwerken enorm.
Der zweite Grund ist etwas komplexer: Wenn an der Energiebörse der Preis für eine Megawattstunde Strom ermittelt wird, geschieht dies indem der höchste im Markt erzielte Preis als Berechnungsgrundlage genutzt wird. Das Problem ist, dass dieser höchste Preis im Moment immer extrem hoch ist, da der zu diesen Preisen verkaufte Strom, aufgrund der oben erklärten Knappheit, von sehr teuren Gaskraftwerken stammt. Da diese für ihr Gas vielfach höhere Preise als noch vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs zahlen, schießt der Höchstpreis auf dem Strommarkt steil nach oben. Dieser Preis gilt dann übrigens auch für Stromerzeuger, die den Strom deutlich günstiger produzieren und ihn demnach theoretisch günstiger verkaufen könnten. Die Differenz zwischen ihrem Erzeugerpreis und dem Verkaufspreis können sie als Gewinn verbuchen.
Drei Vorschläge, aber alle zielen nur auf die Regulierung des Marktes
Für den Endverbraucher sind das schlechte Nachrichten. Denn die Energieversorger, die an der Strombörse kaufen, müssen ihre nun extrem gestiegenen Einkaufspreise langfristig an ihre Kunden weitergeben. Dies wird für Stromkunden nur eines bedeuten: Steigende Preise! Zwar wird der Strompreis für den Endverbraucher nicht so stark steigen wie der Preis auf dem Strommarkt, da viele Energieversorger einen großen Teil ihres Stroms selbst produzieren oder in langfristigen Verträgen kaufen. Doch Preissteigerungen im zweistelligen Prozentbereich sind trotzdem zu erwarten. Besonders hierzulande wird dies für viele schmerzhaft werden. Denn Deutschland hat bereits die zweithöchsten Strompreise der Welt, nur übertroffen von Dänemark. Dazu kommt, dass auch der stark gestiegene Gaspreis die Haushaltskassen vieler Deutscher beuteln wird, zumindest wenn sie vorhaben im kommenden Winter ihre Heizung zu benutzen oder ab und an warm zu duschen. Zur Gaskrise gesellt sich nun also noch eine Stromkrise.
Auch in der Politik wird man sich dieser Problematik allmählich bewusst. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) etwa, momentan im Wahlkampfmodus, fordert ein beherztes Eingreifen des Staates. So zieht er beispielsweise in Erwägung, den Stromhandel auszusetzten oder den Preis durch staatliche Stellen zu regulieren. Ähnlich argumentiert Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der allerdings stattdessen eher auf eine Übergewinnsteuer setzt. Diese würde einen Teil der Gewinne abschöpfen, die viele Stromerzeuger aufgrund der extrem hohen Preise momentan erwirtschaften. Eine grundlegende Reform des Strommarktes sieht er hingegen kurzfristig als nicht sinnvoll an, da es zu viel Zeit in Anspruch nähme und nun schnelles Handeln gefragt sei.
EU Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht das anscheinend etwas anders, und kündigte am Montag eine „Sofortmaßnahme“ an, die in den Strommarkt eingreifen soll. Parallel dazu soll an einer Reform des Strommarktes an sich gearbeitet werden. Wie diese „Sofortmaßnahme“ aussehen wird, ist allerdings noch völlig unklar. Ob sie den erwünschten Effekt erzielen wird, ist ebenfalls offen. Schließlich waren in der Vergangenheit nicht alle Unternehmungen der EU Kommission von Erfolg gekrönt.
Was auffällt ist auch, dass die Bestrebungen der Politik fast ausschließlich auf die Regulierung des Strommarkts abzielen. Über die Lösung des zweiten großen Problems, dem Unterangebot von Kraftwerkskapazitäten, wird hingegen kaum gesprochen.
Wir bleiben dran!
Apollo News bleibt am Thema und wird über die weitere Entwicklung der Stromkrise berichten. Es wird sich zeigen, welche der oben genannten Maßnahmen in den nächsten Tagen tatsächlich in die Tat umgesetzt werden.
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Danke! So gut erklärt hab ich das bis jetzt nicht gelesen.