Eskalation aus Gaza – alter Konflikt, alte Medienmuster
Von Selma Green | Im Nahen Osten eskaliert die Situation zwischen Israel und den Palästinensern erneut. Die Presse stellt wie gewohnt Israel als den Aggressor dar. So weit nichts Neues: Die antiisraelische Schlagseite vieler deutscher Medien ist bekannt. Doch die Taz schoss am Montag den Vogel ab: „Israel startet Wahlkampf”, titelte sie gleich auf Seite eins. Tonfall: Der Islamische Dschihad habe ja keine andere Wahl gehabt, als sich zu rächen. Die Israelis hätten sie schließlich provoziert. Jair Lapid, der israelische Regierungschef, habe durch den Angriff nur zeigen wollen, wie gut er mit der Kriegssituation umgehen könne. Alles sei Wahlkampf, denn der Wahltermin in Israel sei ja bereits im November.
Framing der übelsten Sorte: In Wirklichkeit begann der aktuelle Konflikt zwischen Israel und dem PIJ (Dem Palästinensischen Islamischen Dschihad) damit, dass Israel vor einer Woche die Festnahme des PIJ-Chefs Bassem Saadi meldete. Der PIJ ist die radikalste Organisation in “Palästina”. Sie erhält Unterstützung durch den Iran und ist eine Schwesterorganisation der Hamas.
Daraufhin drohte der Islamische Dschihad Israel mit Angriffen. Sie planten einen Attentat auf Zivilisten in der Nähe des Grenzgebietes des Gazastreifens. Um den Anschlag zu verhindern, startete das israelische Militär am Freitag die Operation “Morgengrauen”, einen Luftangriff im Gazastreifen, bei dem zwei Militärchefs und weitere Mitglieder des Islamischen Dschihads gezielt getötet wurden. Einer der getöteten Anführer des PIJ war in der Vergangenheit für Raketenangriffe auf Israel verantwortlich.
Der Islamische Dschihad antwortete darauf am Sonntag mit einem Raketenhagel von über 900 Raketen auf Israel. Nun ist seit Sonntagabend ein Waffenstillstand in Kraft getreten, und die Grenze Israels zum Gazastreifen wurde wieder geöffnet.
Erklärtes Ziel des Islamischen Dschihads ist es, Israel zu zerstören – das hat der taz-Autor übrigens mit keiner Silbe erwähnt. Die Organisation heißt nicht ohne Grund “Dschihad”, was so viel bedeutet, wie “Kampf auf dem Wege Gottes”. Durch Anschläge des PIJ war Israel also gezwungen einzugreifen, denn der PIJ bedrohte nun mal die Sicherheit in Israel. Die Idee des taz-Autors, Jair Lapid würde einen Angriff aus dem Nichts starten, der sein eigenes Volk gefährdet, um sich selbst besser dastehen zu lassen, ist aus der Luft gegriffen. Israel hat sich verteidigt und gezielt angegriffen, dabei wurden 15 Mitglieder des PIJ getötet. In verschiedenenen Medien liest man immer wieder, dass nach “palästinensischen” Angaben 360 Menschen verletzt und etwa 40 Menschen im Gazastreifen getötet wurden, darunter auch Zivilisten. Es wird suggeriert, all diese Opfer gingen auf das Konto Israels. Dass von den hunderten von Raketen des Islamischen Dschihads auf Israel 160 im Gazastreifen selbst landeten und für den Tod vieler Zivilisten verantwortlich waren, wird in den meisten Berichten verschwiegen.
Die taz bringt für ihre krude These ein weiteres Argument, das völlig aus dem Kontext gerissen ist. Am Sonntag zogen nämlich Tausende “radikal-nationalistische Israelis” zum Tempelberg. Laut der taz ging es darum, mehr Wählerstimmen einzuheimsen. Das werde wiederum von den Muslimen als Provokation aufgefasst, und darum ginge es den Israelis schließlich. Tatsächlich fand aber am Sonntag der jüdische Feiertag Tischa Beav statt. An diesem Tag gehen die Juden jedes Jahr zum Tempelberg und trauern um die Zerstörung des Jerusalemer Tempels. Das begehen eines jüdischen Feiertages als Provokation auslegen – ist das schon Antisemitismus?
Schlussendlich schlägt die taz vor, die “pragmatischeren Kräfte” im Gazastreifen zu unterstützen. Klingt gut. Nur: Wo sind sie denn, diese „pragmatischeren Kräfte“? Meint die taz etwa die Fatah? Die Fatah wurde ursprünglich gegründet, um Israel zu bekämpfen und ist seit 1993 Teil der Selbstverwaltung “Palästinas”. Heute ist die Fatah zwar nicht mehr terroristisch aktiv, doch zu ihr gehören immer noch eine Reihe an Extremisten-Gruppen, unter anderem die Terrororganisation al-Aqska-Brigade. Den Angehörigen von “Märtyrern”, also gestorbenen Terroristen, zahlen die Fatah-Behörden beispielsweise Ehrenrenten aus. Das Westjordanland regiert die Fatah quasi diktatorisch. Ist das die “gemäßigte Kraft”, von der die taz spricht?
Das verdrehte Bild ist klar: Mal wieder werden die Palästinenser des Gazastreifens zu hilflosen Opfern erklärt und Israel ist der Täter. Schade, dass dieses verdrehte Bild des Nahost-Konfliktes in der deutschen Medienlandschaft inzwischen gang und gäbe ist.
Schön mit dem heißen Kaffee am Schreibtisch in der Rudi-Dutschke-Straße sitzen, über Israel herziehen und wertvolle Ratschläge zur Lösung des Nahost-Konflikts geben. So macht journalistische Arbeit Spaß!